Sequester

[233] Sequester nennt man diejenigen, denen die Aufsicht oder Verwaltung über einen zwischen gewissen Parteien streitigen Gegenstand bis zur Beendigung der Streitigkeit übertragen wird. Entweder übertragen die Parteien dem Sequester diese Verwaltung freiwillig; oder es geschieht – und dies zwar gewöhnlich – von der Obrigkeit, wenn eine hinlängliche Ursache der Sequestration oder Bestellung eines Sequesters eintritt, z. B. die Vermuthung, daß die streitige Sache vor Austrag der Sache veräußert werde etc. oder wenn überhaupt der streitige Gegenstand eine besondere Aufsicht und Verwaltung erfordert. So werden bei Schuldenwesen von Privatpersonen zu Verwaltung der Häuser, Landgüter, Kaufmanns-Laden etc. die dem Schuldner gehören, Sequester ernannt, welche diese Güter verwalten, die Einkünfte aus denselben in Empfang nehmen und an die Obrigkeit berechnen müssen. Uebrigens können nicht bloß zu Grundstücken und Vermögen, sondern über ganze Länder oder auch über einzelne Personen Sequester ernannt werden. Sequestration ganzer Länder oder Ortschaften trat in Deutschland ein, a) bisweilen, wenn der Besitz eines Landes etc. zwischen ein paar Reichsständen streitig war, in welchem Falle der Kaiser einem dritten Reichsstande die Sequestration des Landes etc. bis zur Beilegung des Streites übertrug; b) vorzüglich bei der gänzlichen Vermögenszerrüttung eines kleinern Reichsstandes, dem in diesem Falle gewisse Einkünfte, oder auch ein Stück seines Landes, zu seinem Unterhalte angewiesen, die Verwaltung des übrigen Landes und der Einkünfte desselben aber auf kaiserlichen Befehl einem andern Reichsstande [233] übertragen wurde. Es können endlich sogar Fälle eintreten, in denen ein Sequester gewisser Personen ernannt, und dem Sequester vermöge dieses Auftrags die Aufsicht über diese Personen übertragen wird, z. B. bei Ehescheidungen, wenn beide Ehegatten die mit einander erzeugten Kinder behalten wollen, oder auch wenn zwei Frauenspersonen zugleich sich für die Mutter eines Kindes ausgeben. Auch findet – wenigstens nach dem canonischen Rechte – die Sequestration eines Frauenzimmers Statt, die sich zu gleicher Zeit doppelt verlobt hat, wenn nicht sogleich erörtert werden kann, ob die eine und welche Verlobung ungültig ist, in welchem Falle einem anständigen Frauenzimmer von gesetzten Jahren die Aufsicht über diese doppelt Verlobte bis zu Austrag der Sache überlassen wird.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 233-234.
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