Pierre Victorin Vergniand

[315] Pierre Victorin Vergniand war 1758 zu Limoges geboren, und Advocat zu Bourdeaux. Er wurde als Mitglied zur zweiten National-Versammlung geschickt, und auch nachher unter die Conventsdeputirten aufgenommen. Bekanntlich gehörte er zu den Häuptern der Gironde, und war wegen seiner hinreißenden Beredsamkeit eine vorzügliche Stütze dieser Partei. Wenn lange über eine Sache hin und her debattirt worden war, so gab gewöhnlich der Zauber von Vergniaudʼs Sprache endlich den Ausschlag. Während daß die meisten Deputirten auf der Rednerbühne schrieen und tobten, erhob sich Vergniaud mit edelm Anstande, und empfahl Mäßigung und Ruhe. Zwar war auch er einst Freund der Jacobiner; nachdem aber ihr System in Frechheit und Tyrannei ausartete, verließ er sie, und suchte der Gerechtigkeit und Ordnung wieder Eingang zu verschaffen. Bei dem Processe des Königs war er Präsident im Convente; und ob er gleich für den Todt des Königs stimmte, so hoffte er doch ihm das Leben durch die Appellation ans Volk zu retten. Er irrte hierin, gleich den übrigen Appellanten, wurde nach dem 31. Mai 1793 eingekerkert, und am 31. Oct. 1793 mit den Girondisten in Paris guillotinirt. Frankreich verlor an ihm einen großen und talentvollen Mann, welcher in jeder andern Lage dem Staate sehr nützlich hätte werden können, allein nicht dazu geschaffen war, in so stürmischen Zeiten am Ruder der Regierung zu sitzen. (Vergl. den Art. Gironde.)

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 315.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika