Das Consistorium

[237] Das Consistorium nennt man 1) im eigentlichen Sinne ein von dem Landesherrn, oder dessen Unterthanen angeordnetes Collegium oder Gesellschaft, welche die der Kirche zuständigen Rechte, in Ansehung einer oder mehrerer Kirchen eines gewissen Landesbezirks oder einzelnen Ortes, ausübt; 2) giebt man im uneigentlichen Verstande diesen Namen dem Orte, an welchem sich dieses Collegium versammlet und über die ihnen aufgetragenen kirchlichen Angelegenheiten berathschlaget, oder entscheidet. – Der Name Consistorium schreibt sich aus den Zeiten der römischen Kaiser, besonders Kaiser Hadrians († 138 nach Christ.), her: diese hatten, sie mochten sich nun in ihrer Residenz, oder an einem andern Orte [237] aufhalten, ein Collegium von Räthen (consistoriani) bei sich, welche daselbst gegenwärtig und beisammen sein (consistere) mußten, um über diejenigen Sachen Recht zu sprechen, welche unmittelbar von dem Kaiser entschieden wurden. Das Collegium hieß consistorium sacrum, oder consistorium principum. Als nach und nach die Hierarchie (s. dies. Art.) dadurch vorbereitet wurde, daß die Bischöfe die Gerichtsbarkeit in geistlichen Sachen erhielten; so richteten diese ihre geistliche. Regierung nach der Form der weltlichen und unter gleicher Benennung ein, und eben so wurde auch die Errichtung der Consistorien in protestantischen Ländern als sehr zweckmäßig nach der Reformation eingeführt. Sie sind jedoch nur da gewöhnlich, wo dem Landesherrn, oder auch einer einzelnen Stadt, oder Herrschaft die Regierung über die Kirche gehört; hingegen werden da, wo der Magistrat allein diese Regierung ausübt, die kirchlichen Angelegenheiten, eben so wie andere weltliche Rechtssachen, in den Versammlungen des Magistrats entschieden. – Die Consistorien sind entweder 1) Landesconsistorien, welche gewisse bestimmte Rechte der, der Kirche zuständigen, Gewalt über die Kirchen eines bestimmten Landesbezirks ausüben, und von dem Landesherrn, oder, wenn der Landesherr sich zu einer andern Religion bekennet, nach der Landesverfassung von dem Lande selbst im Namen der Kirche angeordnet werden; oder 2) Mittelbare Consistorien, welche von einzelnen Unterthanen, denen die Regierung über eine Kirche, vermöge besondern Rechtes, gehöret, angeordnet werden (z B. es giebt in Deutschland Consistorien, die von einer einzelnen Standesherrschaft, einer landsässigen Stadt, ja auch von einem bloßen Rittergutsbesitzer bestellt sind): diese schreiben sich noch aus den Zeiten der Reformation her, wo im Anfange, da die Landesherren sich nicht überall der kirchlichen Angelegenheiten annahmen, einzelne Städte, Standesherrschaften und Rittergutsbesitzer dafür sorgten, und sich in den Besitz des Rechts, diese Angelegenheiten und Rechte zu verwalten, setzten, auch die Landesherren ihnen in der Folge dieses Recht überließen, ja wohl gar durch [238] Belehnung bestätigten. Auch finden sich Beispiele, daß Unterthanen, wenn sie schon keine wirklichen Consistorien anordnen, doch wenigstens die Rechte eines Consistoriums ausüben. So haben z. B. in der Oberlausitz die Ritterschaft, in Hinsicht des Patronatrechts, Consistorialrechte; gewisse Herrschaften in der Lausitz, z. B. Muskau in der Oberlausitz, Forsta in der Niederlausitz etc., jede ihr eignes Consistorium, obgleich solche Rechte meistentheils eingeschränkt und die Gränzen derselben durch Landesverfassung, Verträge etc. bestimmt, sie auch gewöhnlich dem Landesconsistorium unterworfen sind. So wie übrigens in Ansehung der Personen, welche dem Consistorium unterworfen sind, es auf die Landesverfassung, oder den Umfang der den Consistorien zustehenden Rechte ankommt – gewöhnlich stehen unter ihnen alle ein geistliches Amt bekleidende Personen, deren Wittwen und Kinder; ferner diejenigen, welche Güter und Grundstücke der Kirche besitzen; endlich alle weltliche Personen, höheren oder niederen Standes, wenn ihre Angelegenheit eine eigentliche Consistorialsache ist – so gehören zu diesen eigentlichen Consistorialsachen besonders: Ehesachen, Besetzung der kirchlichen Aemter, Streitigkeiten über diese, so wie über Gottesäcker und Begräbnisse, ferner die Aufsicht über die geistlichen Amtsverrichtungen, öffentlichen Gottesdienst, Liturgie und Kirchengebräuche, Stadt- und Landschulen; endlich die Aufsicht über alles den Kirchen und geistlichen Kassen zuständige Vermögen und ihre Grundstücke. –

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 237-239.
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