Das Grosherzogthum Toscana

[397] Das Grosherzogthum Toscana oder Florenz, in der neuesten Zeit Hetrurien, zuletzt aber Departement Arno genannt, wird von dem italienischen Königreich, dem Fürstenthum Lucca, dem Kirchenstaate und dem mittelländischen Meere begrenzt. In den ältesten Zeiten von den Umbrern und Pelasgern bewohnt, ließen sich in der Folge die Tyrrheuer hier nieder, bis nachher ganz Hetrurien 231 vor Chr. eine römische Provinz ward. Mit Rom gleichen Schicksalen ausgesetzt, nahm es endlich unter dem deutschen Kaiser Friedrich II. 1250. die republikanische Verfassung an, und die Städte Florenz, Pisa, Siene, Lucca waren blühend, reich und mächtig. Die Familie der Mediceer brachte besonders Florenz auf den höchsten Grad der Blüthe (m. s. daruber weitianfiger dies. Art. Th. III. S. 102.) bis endlich 1530 unter Carl V. Alexander von Medicis, welcher nur den alten Staat, d. h. das Florentinische und Pisanische, besaß, erster Herzog von Florenz ward jedoch so, daß die republikanische Verfassung beibehalten wurde. Sein Nachfolger Cosmus I. († 1574) gelangte sogar, nachdem er von Philipp II. von Spanien das Sienische 1557 erhalten hatte (welches denn nun den neuen Staat ausmachte), 1569 zur grosherzoglichen Würde. – Bei der Quadrupleallianz 1718 wurde das Grosherzogthum als männliches Reichslehen dem spanischen Infant Don Carlos zugesprochen; allein als nun mit Johann Gasto im J. 1737 der um die Blüthe, um Wissenschaften und Künste dieses Staates so hoch verdiente Stamm der Mediceer ausstarb, kam nun, vermöge der getroffenen Uebereinkunft, Toscana an den Herzog von Lothringen, Franz Stephan, statt seiner an Frankreich abgetretenen[397] Lande, welcher nachher als Franz I. 1745 zum Kaiser erhoben wurde: dieser ergannte 1765 seinen Infanten, den Erzberzog Peter Leopold, zum Grosherzog von Toscana, welcher denn auch durch sehr lobliche Einrichtungen und Anstalten, besonders aber durch sein neues Gesetzbuch sich den Ruhm eines weisen Regenten erwarb (s. Leopold II. Th. II. S. 387.). Als dieser den deutschen Kaiserthron bestieg, ließ auch er Toscana wieder als abgesonderten Staat für die Secundogenitur, und sein zweite Sohn Ferdinand folgte 1791 als Grosherzog. – Bei dem traurigen Ausbruch des französ. Revolutionskriegs sah sich Toscana durch Englands Deohungen gezwungen, sich für dieses zu erklären; und obgleich 1795 durch eine Geldsumme mit der französischen Republik ausgesöhnt, wurde es doch 1796 von Bonaparte besetzt, erkaufte zwar (1797) die Neutralität; allein, aufs neue zu einem Bündniß mit Grosbitannien und Neapel gereitzt, wurde es nun 1799 nochmals von den Franzosen besetzt, und Ferdinand genothiget, nach Wien zu fluchten. Zwar waren die östreichischen Waffen glücklich das Land erhielt seinen Regenten wieder, allein die Schlacht bei Marengo (den 14. Jun. 1800) lieferte Italien in die Hände der Franzosen; und durch den Luneviller Frieden (d. 9. Febr. 1801) wurde Toscana unter dem Titel: Königreich Hetrurien an Ludwig I. Erbprinzen von Parma und Infanten von Spanien gebracht, von welchem es sein Prinz, Carl Ludwig zwar 1803 (unter Vormundschaft seiner Mutter, Marie Louise Josephe, Carls IV. von Spanien Tochter) ererbte; – der Grosherzog v. Toscana erhielt nachher durch den Deputations Hauptschluß v. 25. Febr. 1803. zur Entschädigung das Erzbisthum Salzburg, ferner Berchtolsgaden, einen Theil von Passau etc. – allein gegen Ende des J. 1807 wurde es an den Kaiser von Frankreich gegen Entschädigung abgetreten, welcher es dann durch ein Decret vom 24. Mai 1808 unter dem Titel: Departemant Arno, mittelländisches Meer und Ombrone mit Frankreich vereinigte.

Toscana (um es noch unter diesem Namen aufzuführen), welches übrigens als Königreich Hetrurien 4 Haupttheile hatte, nemlich: das Florentinische, [398] das Pisanische, das Sienische Gebiet, und einen Theil des Stato degli Presidi, enthält gegen 400 Quadrat Meilen und an 1,150,000 Einwohner: ein Land voller Berge zwar, aber schön und fruchtbar an Korn, Wein, Citronen, Alann, Marmor, an warmen Bädern, Gesundbrunnen etc. Die Fabriken sind zwar nicht mehr so blühend, wie ehedem, allein sie haben immer noch an Seide, Wolle, Leder, Papier, Leinwand, Hüten u. dergl. bedeutenden Absatz. Der Hauptsitz des sehr ausgebreiteten Handels ist Livorno (s. d. Art.); die Hauptstadt (die ehemalige Residenz) Florenz (s. ebenfalls dies. Art. an seinem Orte.).

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 397-399.
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