Toscana

[500] Toscana, Großherzogthum in Mittelitalien, zwischen Modena, dem Kirchenstaate u. dem tyrrhenischen Meere gelegen, 398 QM. groß mit 1817000 E., wird von dem Hochapennin durchzogen (der Monte Cimone erreicht 6541' Höhe) und von den Zweigen desselben erfüllt. Das Arnothal ist der fruchtbarste Landstrich und trefflich angebaut, in der Ebene von Pisa aber ungesund; die Maremmen (s. d.) liegen größtentheils noch öde. Das Klima ist eines der angenehmsten in Europa; die Landwirthschaft ist in einem blühenden Zustande, Ausfuhr von Getreide, Wein, Oel, Kastanien, Südfrüchten; ebenso hat sich eine mannigfache Industrie entwickelt, die für das Ausland Seide, Strohhüte, künstliche Blumen, Papier- u. Mosaikarbeiten liefert. Der Bergbau fördert Eisen, Salz u. Marmor zu Tage. Haupthandelsplatz ist Livorno; die Handelsflotte beträgt über 900 Fahrzeuge zu [500] etwa 25000 Tonnen. Man rechnet nach Lire (à 11/2 Paoli oder 20 Soldi) = 24 Kreuzer rheinisch od. 7 Sgr.; Gewicht: 1 Migliajo = 10 Cantari à 100 Libbre = 679 Zollpf.; Maße: 1 Elle (Braccia) = 0,583 franz. Metres; 1 Stajo Getreide à 2 Mine = 24,36 frz. Litr.; 1 Baril Wein = 45,58,1 Baril Oel = 33,43 frz. Litr. – Kirchlich ist T. in 4 Erzbisthümer (Florenz, Pisa, Siena, Lucca) u. 17 Bisthümer eingetheilt. Die Gesammtzahl der Mannsklöster beläuft sich auf 157 mit 3240 Bewohnern, die Zahl der Nonnenklöster gerade so hoch mit 4173 Bewohnerinen. Universitäten hat T. 3: Pisa, Siena, Lucca, Gymnasien in allen bedeutenderen Städten, Elementarschulen in den meisten Ortsgemeinden. Politisch zerfällt das Großherzogthum in 6 Präfecturen: Florenz, Lucca, Pisa, Siena, Arezzo, Grosseto, und in die 2 Gouvernements Livorno u. Elba. Das Budget für 1855 berechnete die Einnahme auf 37608400 Lire, die Ausgaben auf 37546700 Lire; die Staatsschuld wird auf 44 Mill. Lire angegeben. Das stehende Heer betrug (1855) 16000 Mann, die Kriegsmarine 10 Fahrzeuge zu 15 Kanonen. T. ist eine unbeschränkte Monarchie, Großherzog seit 1824 Leopold II., geb. 1797. – T., der größte Theil der alten Etruria oder Tuscia, wurde zuerst von den Römern erobert, dann von Ostgothen, Longobarden, Franken, war im 12. Jahrh. eine deutsche Markgrafschaft, hatte zu und nach der Zeit der Hohenstaufen seine Guelfen- u. Ghibellinenkämpfe u. seine Geschichte wird die der Städte Florenz, Pisa u. Siena. 1737 kam es an Franz Stephan von Lothringen, der es als Kaiser Franz I. seinem 2. Sohne Leopold 1765 als Secundogenitur des kaiserlichen Hauses Lothringen-Oesterreich hinterließ. Im Luneviller Frieden mußte es Erzherzog Ferdinand an den Erbprinzen von Parma, Ludwig, abtreten, und es existirte als Königreich Hetrurien bis 1807, wo es Napoleon einzog, in 3 Gouvernements theilte u. seiner Schwester Elise als Großherzogin gab. 1814 erhielt es Erzherzog Ferdinand zurück und unter ihm wie unter seinem Sohne Leopold II. blühte T. neu auf. Die Jahre 1830–32 beunruhigten T. nicht, 1847 fiel ihm Lucca anheim, aber gleichzeitig schloß sich T. der ital. Bewegungspartei an, erhielt nach dem Vorgange der ital. Nachbarstaaten eine Constitution und erklärte 1848 gegen Oesterreich den Krieg; doch im Febr. 1849 flüchtete der Großherzog aus Florenz, man proclamirte die Republik, bis nach der Schlacht bei Novara ein österr. Corps Florenz besetzte und Livorno erstürmte. Der Großherzog kehrte im April zurück u. nun erfolgte die Abschaffung der meisten in der Sturmzeit gegebenen Gesetze u. der Constitution dazu.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 500-501.
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