Copiren

[470] Copiren bedeutet überhaupt etwas durch bloße Nachahmung vervielfältigen, daher das dadurch Hervorgebrachte Copie genannt wird. Beide Ausdrücke werden in wissenschaftlichen, künstlerischen und vielen andern Beziehungen angewendet. So ist z.B. die bildende Kunst ursprünglich darauf angewiesen, ihre natürlichen Vorbilder zu copiren oder nachzuahmen; allein es ist dabei nicht gleichgültig, ob dies sklavisch geschieht, oder ob unter der Leitung eines guten Geschmacks die Auffassung und Nachbildung des Urbildes in einer Weise erfolgt, welche dem entstandenen Kunstwerke einen eigenthümlichen Werth vor dem Urbilde gibt. Bei Copien von Kunstwerken, z.B. Gemälden, wird die genaueste Nachahmung und eigentlich eine völlige Verdoppelung des Vorbildes gefodert; das Copiren der Werke guter Meister ist übrigens eine gewöhnliche und nützliche Übung angehender Künstler. Auch von Schauspielern, wenn sie eine Rolle in der Weise eines Andern zu geben suchen, und von Leuten, welche das charakteristische Benehmen Anderer nachahmen, sagt man: sie copiren. In der Geschäftssprache wird unter Copiren vorzugsweise das Abschreiben von Documenten, Briefen u.s.w. verstanden, daher die Bücher, in welche Geschäftsleute solche Abschriften vereinigen, Copirbücher, die bei Behörden oder sonst zum Abschreiben Angestellten Copisten und die Abschreibegebühren Copialien oder Copialgebühren genannt werden. Zur Vervielfältigung des Geschriebenen auf mechanischem Wege dienen in neuerer Zeit die Copirmaschinen, deren Zweck die ältere Erfindung eines kölner Schullehrers, die sogenannte doppelte Schreibfeder, gleichzeitig mit Entstehung der Urschrift zu erreichen suchte. Sie bestand nämlich aus einer Leiste, an deren beiden Enden zwei Schreibfedern so befestigt waren, daß sie, wenn das Werkzeug in der Mitte richtig geführt wurde, das zu Schreibende doppelt lieferten. Zum Briefcopiren wird jetzt vorzüglich die 1793 von James Watt (s.d.) erfundene Maschine angewendet, welche in einer Presse oder Walze besteht, unter welche die mit einer besonders zusammengesetzten Tinte geschriebene Urschrift, mit einem angefeuchteten, ungeleimten Blatt sogenannten Seidenpapier bedeckt, gebracht und auf dieses so abgedruckt wird, daß sie durchscheinend, d.h. auf der mit der Urschrift nicht in Berührung gewesenen Blattseite zu lesen ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 470.
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