Adelheid, die Nonne

[49] Adelheid, die Nonne, eine Benedictinernonne, welche 1140 in Bingen lebte. Sie war von den Freuden und Eitelkeiten einer glücklichen Jugend berauscht, und liebte die Pracht und die Vergnügungen der Welt, bis eine scheinbar sehr unwichtige Ursache ihr plötzlich eine Veranlassung der ernsten Einkehr in sich selber und einer gänzlichen Veränderung ihrer Lebensweise wurde. Als sie nämlich einst in vollem Putz und in zahlreicher Begleitung ihrer Diener sich in die Kirche begeben wollte, stieß ihr Fuß an die hervorstehenden Wurzeln eines Baumes, und sie fiel unsanft zur Erde. Ihr Gefolg eilte hinzu, sie aufzuheben, und den Unfall zu bedauern, der die Gebieterin betroffen. Diese aber sprach: Lasset Euch nicht leid fein, was mir begegnet ist, denn dieser Fall soll mir zu einer Auferstehung[49] des Heils werden. – Sie legte hierauf allen Schmuck und Glanz für immer ab, verließ ihr Schloß, und trat in den Orden der Benedictinerinnen, worauf sie in eine kleine Hütte dicht an der Kirche zog, und bis an ihren Tod einsam in einem gottseligen, nur guten Werken gewidmeten Leben verweilte. Man sagt, sie habe bisweilen in einem Zustand der Entzückung Erscheinungen gehabt, und in der Begeisterung desselben gleich einer Prophetin Dinge voraus verkündet, die hernach wirklich eintrafen.

A.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 49-50.
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