Aristophanes

[289] Aristophanes. Dieser »ungezogene Liebling der Grazien« (wie ihn Goethe geistreich bezeichnet) trat um's Jahr 428 v. Chr. als Bühnendichter auf, um mit der Fülle attischen Salzes die Augen Athens, welche zuletzt selbst bei den rührenden Sentenzen des Euripides trocken und schläfrig geblieben waren, wenigstens durch unauslöschliches Gelächter zu Thränen zu bewegen. Und so ward Aristophanes der Vater der sogenannten alten Komödie. Die Gebrechen des Staates und der geselligen Einrichtungen, die Sittenlosigkeit jedes Alters, Standes und Geschlechtes, gaben ihm die willkommenste Gelegenheit, die zügelloseste Laune an seinen Mitbürgern auszulassen. Unerschöpflicher Witz, originelle Empfindsamkeit, die schlaueste Geistesgewandtheit, echt komische Kraft, sophistische Dialektik, cynische Ungebundenheit, sokratische Ironie, attische Feinheit und lakonische Energie, endlich der bewundernswürdigste Reichthum der Sprache und die verschiedenartigsten Wendungen im Ausdruck standen ihm so zu Gebote, daß er damit in den lächerlichsten Situationen und Fictionen die damalige Weltansicht umzukehren verstand. Und was sagen wir dazu, wenn wir vernehmen, daß er durch den schonungslosesten Sarkasmus fast größern Applaus einerntete, als die drei großen Tragiker mit ihren ernsten Werken? Einzig ist Aristophanes darin, mit der kecksten Indiscretion auf die lächerlichste Weise durch Personal- und Localanspielungen die ideale Illusion der Bühne aufzubeben. Voß hat die Lustspiele des Aristophanes ins Deutsche übertragen.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 289.
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