Bienen

[61] Bienen Das einzige Insekt, welches der Mensch sorgsam hegt und pflegt, ist die Biene. Die Bienen leben nie vereinzelt, sondern stets in großen Haufen, Schwärmen, zusammen in gemeinschaftlichen Wohnungen, entweder unter der Pflege des Menschen in Körben oder Stöcken, oder wild in hohlen Baumstämmen. Die Einrichtung eines solchen Schwarmes, so wie seiner Wohnung, ist die wunderbarste. Man kann nämlich in jedem Schwarme drei verschiedene Arten von Bienen unterscheiden: Arbeitsbienen, Drohnen und eine Königin oder Weisel. Die Mehrzahl (etwa 20,000) machen die Arbeitsbienen aus; sie holen von den Blumen die Stoffe, aus denen sie Wachs und Honig bereiten, und bauen aus dem Wachs mit bewundernswürdiger Regelmäßigkeit sechseckige Zellen, die dazu dienen, den Honig und die Brut aufzunehmen. Sie sind mit einem Stachel versehen, der an seinem Ende einen Widerhaken hat; mit demselben können sie ziemlich schmerzhafte Wunden beibringen, ziehen sich aber zugleich selbst durch das Stechen den Tod zu. Einzeln größer, der Anzahl nach geringer als die Arbeitsbienen, sind die Drohnen. Man hält dieselben gewöhnlich für die männlichen Bienen, während die Arbeitsbienen geschlechtslos, die Königin aber im ganzen Schwarme allein weiblichen Geschlechtes sein soll. Die Drohnen spielen aber im ganzen Schwarm eine sehr passive Rolle; sie bleiben im Stocke, während die fleißigen Arbeitsbienen aus- und einfliegen, haben keinen Stachel, dienen, wie es scheint, nur zur Warmhaltung des Stockes, und werden endlich, nachdem sie unnütz geworden und nur noch lästige Zehrer sind, von den Arbeitsbienen getödtet. Die Königin ist die Erhalterin des Schwarmes, welche von den übrigen Bienen sorgsam gepflegt wird, und sich durch Größe und einen besonders langen Hinterleib auszeichnet; wenn sie umkommt, so geht der ganze Schwarm zu Grunde; sind aber zwei oder mehrere Königinnen in einem Stocke, so entsteht ein Kampf um die Herrschaft, der damit endet, daß entweder die Königinnen bis auf eine getödtet werden, oder daß die besiegte Königin[61] mit ihrem Anhange auswandern und eine neue Wohnung suchen muß. Gewöhnlich trennt sich jährlich ein Schwarm von dem alten ab, der dann eingefangen und in eine ihm vorbereitete Wohnung gebracht werden muß; zuweilen schwärmt ein Stock auch zwei und drei Mal in einem Jahre. Die Königin ist es, welche für die Erhaltung des Stockes sorgt, indem sie gegen 18,000 Eier in die Zellen legt, und diese Zellen sind an Größe verschieden, je nachdem Arbeitsbienen, Drohnen oder Weisel daraus hervorgehen sollen. Besonders merkwürdig ist es, daß die Bienen, (wie Einige behaupten, wenn man ihnen Branntwein in Honig gemischt vorsetzt,) zuweilen verwildern und dann auf Raub gegen die Stöcke anderer Schwärme ausziehen, diese zu erobern und sich in Besitz des dort angesammelten Honigs zu setzen suchen; man nennt solche entartete Bienen Raubbienen. – Der Mensch pflegt die Bienen, um sich des von ihnen bereiteten Honigs zu bemächtigen, aber die Pflege derselben erfordert eine genaue Kenntniß der Eigenthümlichkeiten der Bienen. Lehnke, Anhoch u. A. haben eigene Werke über Bienenzucht geschrieben.

O. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 61-62.
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