Garnerin

[309] Garnerin. Eine berühmte französische Aerostatenfamilie, unter welcher sich besonders die beiden Brüder Jean Baptiste und Jacques André durch erste Anwendung des Fallschirms, jener sinnreichen Maschine, die es dem Luftschiffer möglich macht, sich aus beträchtlicher Höhe ohne Lebensgefahr herabzulassen, auszeichneten. Die Ehre der Erfindung dieses schätzbaren Kunstprodukts ward jedoch dem letztgenannten jüngern Bruder von dem ältern streitig gemacht, wodurch er sich 1815 veranlaßt sah, eine Schrift gegen ihn herauszugeben, die den ziemlich unbrüderlichen Titel führt. [309] Usurpation d'état et de réputation par un frère au préjudice d'un frère. Schon 1799 hatte Jacques Garnerin zu Paris den ersten gelungenen Versuch mit dem am Luftballon selbst befestigten Fallschirm gemacht, 1800 wiederholte er ihn mit demselben Erfolge zu St. Petersburg, worauf er sich den stolzen Namen: »erster Luftschiffer des Nordens« beilegte. Sein Bruder und Gegner, Jean Garnerin, der vor der Revolution als Secretair im Pachtbureau angestellt war, ging später unter Napoleon's Regierung als Illuminateur in den Dienst der Königin Hortensia, des letzteren Stieftochter, über, und leitete 1825 im Verein mit dem großen Physiker Robertson ebenfalls Versuche mit dem Fallschirm. Seine Tochter Elise Garnerin ließ sich seit 1815 mehrmals mit demselben herab. Gegenwärtig tragen luftschiffende Damen, deren eine unter dem Namen Garnerin erst vor wenig Jahren in Deutschland erschien, den nützlichen Fallschirm, in Gestalt eines Reifrocks fast allemal bei ihren gefährlichen, so vielen Chancen ausgesetzten Reisen.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 309-310.
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