Isabelle Eugenie

[484] Isabelle Eugenie, Tochter Philipp's II. von Spanien und Elisabeth's von Frankreich, wurde 1566 geboren. In[484] den wechselndsten Schicksalen ihres Lebens zeigte diese Fürstin eine Festigkeit und Umsicht, die sie zu einer größern Rolle in der Welt berechtigt hätten, als sie übernahm; aber ein eigner Zufall schien sie ausersehen zu haben, der Politik ihres Vaters immer nur als Mittel zur Erreichung seiner Zwecke zu dienen. Sie war 18 Jahr, als ihr Vater dem Könige von Navarra, nachmals Heinrich IV. den Vorschlag machte, seine Gemahlin, Margarethe von Valois, zu verstoßen und sich mit der Infantin Isabelle zu vermählen. Auf Heinrich's verneinende Antwort schloß sich Philipp II. der Ligue an und ließ nicht undeutlich blicken, daß Isabelle – Tochter einer französischen Prinzessin – ein näheres Recht an Frankreich's Krone habe, als Heinrich selbst. Der Haß gegen Spanien, die Scheu, Frankreich als spanisches Vasallenreich zu sehen, wandte jedoch selbst die Liguisten von diesem Plane ab. Alle Bemühungen Philipp's wurden durch Heinrich's kraftvolles Benehmen vereitelt, und erst 1598 konnte sich Philipp zu einem Friedensschlusse mit Frankreich entschließen. Nachdem Philipp den Plan aufgegeben hatte, seine Tochter auf Frankreich's Thron zu erheben, trachtete er, sie zum Werkzeuge von Holland's Unterwerfung zu benutzen, das durch die Gewalt der Waffen zu bezwingen, er nimmer hoffen durfte. Seit zwei Jahren hatte er die Statthalterschaft der niederländischen Provinzen dem Kardinal Erzherzog Albert verliehen. Dieser erhielt päpstlichen Nachlaß, um sich mit der Infantin zu vermählen, der zur Mitgift die Oberherrlichkeit der Niederlande und der Franche Comté überlassen wurde (1597). Auf diese Art schmeichelte sich Philipp, die Aufrührer zum Gehorsam zu bringen. Aber er sah sich getäuscht; der Krieg wurde mit gleicher Erbitterung fortgeführt und Isabelle folgte ihrem Gemahle zum Heere. Bald fehlten die Mittel, den Truppen den rückständigen Sold zu entrichten; sie empörten sich. Da durchflog die Infantin selbst ihre Reihen und verhieß ihnen zur Belohnung ihren kostbarsten Schmuck. Sie wohnte hierauf der berühmten Belagerung von Ostende bei.[485] und dort war es, wo sie in Verzweiflung über den langen Widerstand der Belagerten den seltsamen Schwur ablegte, nicht eher die Wäsche zu wechseln, als bis die Stadt sich ihr übergeben habe. Es ist nicht genau zu ermitteln, in welchem Zeitpunkte der Belagerung Isabelle diesen Eid leistete; da die Belagerung aber drei Jahre, drei Monate und drei Tage dauerte, so ist es nicht zu verwundern, daß die Wäsche, welche die Fürstin trug, jene gelbliche Farbe annahm, die noch jetzt nach ihrem Namen Isabellen-Farbe genannt wird. Nach dem 1621 erfolgten Tode des Erzherzogs Albert beraubte Philipp IV., der indessen den spanischen Thron bestiegen hatte, seine Tante der Oberherrschaft über die Niederlande, und ließ ihr nur noch die Statthalterschaft. Obgleich Isabelle den Schleier genommen hatte, leitete sie doch noch mit starker Hand die Zügel der Verwaltung. Sie stellte ein mächtiges Heer dem Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien entgegen, als dieser Brabant in Verwirrung und Schrecken versetzte. Isabelle war persönlich in jeder Hinsicht achtungswerth und von dem Volke, das sie beherrschte, wahrhaft geliebt; dennoch bildete sich auf Anstiften des Kardinals Richelieu eine Verschwörung gegen sie, um die kathol. Niederlande zur unabhängigen Republik umzuformen. Die Verschworenen hofften, ohne Mühe die Wachsamkeit der 66jährigen Fürstin einzuschläfern, Isabelle aber durchschaute ihren Plan und kam dem Ausbruche der Verschwörung zuvor. In demselben Jahre 1632 empfing sie die auf der Flucht begriffene Königin Maria von Medicis bei sich in Brüssel. Sie bot Ludwig XIII. ihre Vermittelung an, die jedoch zurück gewiesen wurde. Bald darauf 1633 endete sie ihr mühevolles Leben, von allen Guten betrauert und selbst von ihren Feinden geachtet. Isabellens Tugenden haben auch unter protestantischen Schriftstellern ihre Lobredner gefunden.

E. v. E.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 484-486.
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