Thron

[122] Thron. Die Sitte ausgezeichneten Personen einen besondern, wo möglich erhöhtern Sitz (Ehrenplatz) anzuweisen, findet sich schon in den ältesten Zeiten und wir sehen dergleichen in Form von Lehnstühlen mit einem Fußgestell auf vielen antiken Bildwerken. Diese Throne waren zuweilen mit einer goldbefranzten Purpurtapete, mitunter auch mit Kissen bedeckt und nicht nur Königen, sondern Feldherren, Richtern, hohen Damen und Vornehmen überhaupt gehörig. Das Material dazu war anfänglich nur vergoldetes Holz, später Elfenbein mit Gold, zuletzt Gold oder Silber allein. Der Baldachin, den wir als unzertrennlich vom Throne betrachten, fehlt den Abbildungen gänzlich und von Salomo's berühmtem Sessel erzählen morgenländische Schriftsteller, daß die prächtigsten Vögel durch ihre im Sonnenstrahle flimmernden Fittiche beständig eine so glänzende Decke darüber bereitet hätten, daß sie den Schimmer der Edelsteine übertroffen habe. Der Thron selbst war mit Juwelen bedeckt und stand auf einem Zauberteppich, der durch die Winde nach Salomo's[122] Wink mit Gedankenschnelle überallhin versetzt werden konnte. Auf den goldenen Stufen, die hinanführten, lagen goldene Zauberthiere, als Löwen, Greise und andere, die gleich natürlichen zuweilen Leben bekamen und Gottes Größe wie Salomo's Macht und Weisheit priesen. Noch schöner wo möglich war der Thron von Balkis, Königin von Saba, die Salomo heirathete, und wer diese alten Geschichten für ganz erdichtet hält, der erinnere sich an den Thron des letzten Großmoguls, dessen Diamantenpracht stark an die Fabel erinnert und doch von den Engländern erbeutet ward. Als Kunstwerk bedeutend, rühmte das alte Griechenland nicht minder den elfenbeinernen Thron, welcher die weltbekannte Statue des olympischen Jupiter's trug. Er war von Ebenholz, Elfenbein und Gold zusammengesetzt; Edelsteine der schönsten Farben und kostbare Basreliefs schmückten ihn. Um die Füße tanzten goldene Siegesgöttinnen, und die Armlehnen bildeten der Aegypter sinnige Sphinxe. Wie gering die Throne neuerer Zeit gegen solche Pracht erscheinen müssen, ist einleuchtend, und durch einen eigenen Kontrast verwendete man auch im Abendlande beständig mehr Prunk an den Thronhimmel als an den Sitz selbst. Federbouquets, goldene, silberne und Perlenbesetzungen schmückten die Baldachine der ältern Monarchen; jetzt beschränkt man sich auf Gold und Sammet, der zu diesem Zwecke allemal purpurroth sein muß. Der einfache Fußtritt des antiken Thronsessels jedoch ist zur sammetbedeckten Estrade geworden, auf welcher nach Befinden auch mehrere Sitze aufgestellt werden können.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 122-123.
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