Vandalen

[294] Vandalen. Jammere nur, du altes Rom, du unglückselige und doch ewige Stadt! Was dir der Zahn der Jahrhunderte, [294] was dir die eigene Schlaffheit, der Bürgerkrieg und die Gothen (s. d.) gelassen, raubt dir nun (455) die Wuth der V. Genserich, der Vandalenkönig, naht sich mit seinem Heere; vergebens zieht ihm Papst Leo entgegen, um Schonung flehend. Feig flohen die Römer; Kaiser Maximus wurde ermordet, Rom wurde 14 Tage lang geplündert und seiner schönsten Kostbarkeiten und Kunstwerke mit fesselloser thierischer Wuth beraubt. Daher der Name Vandalismus für jede wilde Wuth, welche die Herrschaft roher Barbarei bezweckt. Ein slavischer, nach Andern ein germanischer Volksstamm wanderten die V. in J. 272 aus ihren Stammsitzen zwischen der Elbe und Weichsel in Siebenbürgen ein, zogen 406 nach Gallien und drangen über die Pyrenäen im Spanien ein. 21 Jahre später ging Genserich mit seinem ganzen Volke nach Afrika über, stiftete hier ein mächtiges nordafrikanisches Reich, wozu auch die Inseln Sicilien, Sardinien, Corsica, Majorka und Minorka gehörten, und war der Raubkönig und Schreckensfürst des ganzen Mittelmeeres. Nach seinem Tode, der bald nach der Zerstörung Roms erfolgte, zerfiel das Reich der V. jedoch immer mehr und mehr, bis es nach einem 106jährigen Bestehen 534 von Justinian's großem Feldherrn Belisar gänzlich aufgelöst wurde.

–r.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 294-295.
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