Döring, August

[133] Döring, August, geb. 1834 in Elberfeld, Professor in Berlin.

Nach D. ist die Philosophie »Güterlehre«. Diese ist die philosophische Zentralwissenschaft (vgl. Über den Begriff der Philosophie, 1878). Die Güterlehre ist »die Wissenschaft von den allgemeingültigen Werten und vom Gesamtwert«. Ein Gut ist etwas, das Wert hat, indem es Lust erregt oder ein Bedürfnis befriedigt. Höchstes Gut ist das »Bewußtsein objektiven Wertes«, die »begründete Selbstschätzung«. Die Ethik muß unabhängig von Metaphysik und Religion, auf »menschlicher Grundlage« begründet werden; sie ist altruistisch, sozial-teleologisch. Der größte Teil der sittlichen Vorschriften bezieht sich auf das »keinem Wechsel unterworfene Verhältnis von Menschen«. Die oberste sittliche Vorschrift ist, »keinem fühlenden Wesen ohne Not, ohne zwingenden Grund, Leid zuzufügen, vielmehr jedes fühlende Wesen, soviel wir vermögen, in seinem Wohlsein zu fördern«. Die Gesellschaft ist nicht der letzte Zweck des Handelns, aber eines der wichtigsten Mittel dazu. Zur Sittlichkeit gehört nicht der bloße Erfolg, sondern die Absicht zur Förderung und die Einsicht in das wirklich Heilsame. Das Sittliche ist demnach »die Verfolgung fremden Wohlseins als Zweck, oder doch die Unterlassung von Handlungen einzig aus dem Grunde, weil sie fremdes Wohlsein stören«. Das sittliche Motiv ist das recht, verstandene Bedürfnis der Selbstschätzung. Das direkte Sittliche sind die Tugenden der »Leistungsfähigkeit«.[133]

Das Bedürfnis ist (subjektiv) das Streben nach Erfüllung der Erhaltungsbedingungen, ein »potentielles Gefühl«, der letzte Wertmesser. Es gibt materiale und formale oder Funktionsbedürfnisse. Funktionelle Bedürfnisse liegen dem Ästhetischen zugrunde (vgl. Zeitschr. f. Psychol. I, 1890). Raum und Zeit sind Ingredienzien der Welteinrichtung, aber ohne Wirksamkeit.

SCHRIFTEN: Die Kunstlehre des Aristoteles, 1876. – D. Begr. d. Philos., 1878. – Grundzüge d. allgemeinen Logik, 1880. – Philos. Güterlehre, 1888. – System der Pädagogik, 1894. – Über Kaum und Zeit, 1894. – Handbuch der menschlich-natürlichen Sittenlehre, 1898. – Gesch. d. griech. Philos., 1903.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 133-134.
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