Durkheim, Emile

[144] Durkheim, Emile, geb. 1858 in Epinal, Prof. in Paris, Herausgeber der »Année sociologique«, 1898 ff.

D. will die Soziologie als eine nicht auf (Individual-) Psychologie basierende, objektive, induktive Wissenschaft vor den sozialen Tatsachen durchführen, welche etwas Spezifisches sind. Sie sind von den Individuen als solchen unabhängig. »Die Mentalität der Gruppen ist nicht die der Einzelnen; sie hat ihre eigenen Gesetze.« Eine soziale Tatsache ist »jede mehr oder minder festgelegte Art des Tuns, welche die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben«. Der »Zwang«, der von der Gesamtheit, von den[144] Gruppen und Institutionen ausgeht, verähnelt, vereinheitlicht die Individuen. Die Formen des sozialen Seins sind fest gewordene Arten und Ordnungen des Handelns, als solche etwas Objektives. »Normal« ist eine soziale Tatsache, sobald sie im Durchschnitte der Gesellschaften einer Art in der entsprechenden Entwicklungsphase auftritt. Zu erklären sind soziale Tatsachen nur durch andere und aus dem sozialen Milieu, Das Gesamtbewußtsein als Inbegriff des gemeinsamen Denkens und Fühlens ist etwas Reales. Die Solidarität ist teils durch die Ähnlichkeit der Individuen, besonders aber durch die Arbeitsteilung bedingt; die Gesellschaft ist ein Mittel zur Organisation der Arbeitsteilung. ·· Im Recht ist die Solidarität objektiviert. Sittlich ist die sozial sanktionierte ', Regel des Verhaltens.

SCHRIFTEN: Eléments de sociologie, 1889. – La division du travail social, 1893; 2. éd. 1901. – Les règles de la méthode sociologique, 1895; deutsch 1908. – Le suicide, 1897, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 144-145.
Lizenz: