III. Die Philosophen und Politiker und die Kunst

[47] Davon, wie bei den Griechen selbst die größten Bildhauer und Architekten100 einer gewissen sozialen Mißachtung ausgesetzt waren, soll im Zusammenhange mit der Betrachtung der sonstigen antibanausischen Denkart der Nation in einem spätern Abschnitt dieses Werkes die Rede sein. Hier möge noch das Verhältnis der leitenden Persönlichkeiten in Literatur und Staat zur Bildnerei durch einige Tatsachen beleuchtet werden.

Unter den zahllosen Titeln von Schriften der Philosophen, welche uns Diogenes von Laerte aufbewahrt hat, handelt nichts von der Kunst. Höchstens, daß Demokrit, der allseitigste Denker seiner Zeit, auch einmal über die Malerei geschrieben und die Theorie des Wölbens ermittelt hat, von welcher indes die Griechen in der Kunst keinen Gebrauch machten. Auch die Sophisten, welche sonst von allem und jeglichem glaubten reden zu können, haben die Kunst in Ruhe gelassen, mit einziger Ausnahme des Hippias von Elis, »welcher auch über Malerei und Bildhauerkunst sprach101«. Daneben halte man die Menge von Schriften der Philosophen über Musik, Poesie, Mathematik usw., und man wird in der Ausschließung der bildenden Kunst keinen bloßen Zufall mehr erkennen.

Daß eine Konversation über die Kunstwerke schon in der Blütezeit existierte, verrät mehrmals Euripides102, nicht nur im ersten Chorgesang des Ion103, sondern durch seine Vergleichungen, wenn Polyxena vor ihrer Opferung ihr Gewand zerreißt und ihre Brüste zeigt »wie die eines Götterbildes«, oder wenn der Chor der Phönissen sich nach Delphi sehnt, um dort zu weilen »dienstbar dem Phöbos, goldnen Götterbildern gleich104«.[47] Aber im ganzen muß die Kunst merkwürdig unabhängig geblieben sein vom Wort, vom Gerede, von der Literatur und auch von der gleichzeitigen Poesie. Ihre großen Lebensquellen sind die Gestalten der Götter, der bewegte Mythus, der so häufig und erhaben dargestellte Kultus und die Agonistik, und dabei bedurfte sie keinerlei Vermittler. Hätte sie nicht hie und da Masken gemeißelt, so würden wir z.B. aus ihr kaum erfahren, daß es eine Tragödie gegeben hat105, denn ihre tragischen Darstellungen schöpfte sie unmittelbar aus dem Mythus und war dabei unendlich unbefangener, als wenn sie sich an das gehalten hätte, was ihr die tragische Szena zu bieten vermochte. Komödienszenen und das sonstige Treiben der komischen Schauspieler lehrt uns Pompeji, ja erst die Büchermalerei kennen. Eine bloße »Lektüre«, welche hätte auf die Kunst Einfluß haben können, existierte damals vollends nicht. Die Philosophen aber, wenn sie wollten, hätten das Feld frei gehabt zu einer umständlichen, vielleicht sehr verhängnisvollen Ästhetik der bildenden Kunst.

Allein die höchsten Meister der Plastik waren ja zunächst nur Banausen. Der historische Sokrates ging beständig in den Werkstätten aus und ein, um den Banausen zu beweisen, daß sie wirklich nichts als dies seien und nur nie einen Gedanken, ein Urteil wagen sollten, mit welchem ihre Sphäre überschritten würde, »ne sutor ultra crepidam«. Der platonische Sokrates exemplifiziert wohl hie und da mit Künstlern, die er nennt107, aber nur in einer Reihe mit dem bekannten »Steuermann« u.a. äußerlichen Tätigkeiten, und geht nie auch nur von ferne auf ihre Kunst oder gar auf ihre individuellen Besonderheiten ein. Sodann war ganz eigentlich Feindschaft gesetzt zwischen Philosophie und Kunst: letztere verherrlichte den Mythus, von welchem erstere das griechische Bewußtsein frei zu machen bemüht war; der Gedanke war der Feind der schönen und überreichen Bildlichkeit, ja er mag sich als deren Konkurrenten gefühlt haben, und sein Stillschweigen war wohl zum Teil das des Neides. Im platonischen Staat gibt es bekanntlich weder Kunst noch Poesie, so wenig als irgend etwas, das auf individueller Entwicklung beruhen würde, etwa mit Ausnahme der Philosophen, welche diesen Staat beherrschen müßten. Aber beiläufig hat Plato über die Kunst deutlicher[48] herausgeredet, namentlich im Buch »von den Gesetzen«, welches dem »Staat« gegenüber seine spätere, gemäßigte Utopie entwickelte.

Nach seinem Geschmack ist des Bildwerks überhaupt zuviel auf der Welt, schon weil desA13 Kultus zuviel ist108. Vor allem müßte, nach dem in einem frühern Abschnitte109 erwähnten Gesetze, welches er postuliert, der ganze Hauskultus mit allen ihm entstammenden Stiftungen abgeschafft werden. Schon hiemit aber wäre der Kunst ein fast unermeßliches Gebiet entzogen gewesen. Denn, wie man aus Ciceros vierter Rede gegen Verres lernt, beherbergte das Haus des reichen Griechen eine Menge von Kunstschätzen, die diesem Kultus dienten, und zwar zum Teil Sachen von bedeutendem Metallwerte, und dazu kommen jene Figurinen aus Ton und Erz, deren Schönheit erst unser Jahrhundert wieder vollkommen beachtet; dieses alles wäre gar nicht entstanden, wenn es nach Platos Willen gegangen wäre.

Ferner ärgern ihn die Weihgeschenke, mit welchen denn freilich mancher heilige Raum völlig angefüllt war. Mäßige Menschen, wie er sich seine Normalbürger denkt, sollen auch nur mäßige Anatheme stiften110. Gold und Silber sind sowohl in Tempeln als im Privatbesitz eine giererweckende Sache; Elfenbein, weil einem toten Körper entnommen, kein geeigneter Stoff zum Weihen; Eisen und Erz sind Werkzeuge des Krieges. Von Holz, und zwar aus einem Stück, mag einer stiften, was er will, und ebenso von Stein in die gemeinsamen Tempel (also nicht auf den Hausaltar, nicht in die Feldkapelle). An Gewebe soll nicht mehr gestiftet werden, als was ein Weib in einem Monat weben kann, und zwar ziemt sich weiße Farbe für die Götter überhaupt, und insbesondere im Gewebe, Gefärbtes dagegen nur für Kriegszierden. Die göttlichsten Geschenke aber sind Vögel und Bilder, wie sie ein Maler in einem Tage vollenden kann (d.h. die ordinärsten Exvotos).

Hiemit würde die Kunst in ihrem äußern Bestand zur Ärmlichkeit verdammt und materiell heruntergebracht worden sein. Allein Plato hätte auch ihre innere Entwicklung mit Gewalt stillgelegt, wenn man ihn hätte machen lassen. Er verrät dies in seinem Lobe der ägyptischen Kunst111, als einer völlig stationären. Dort habe man von alters her das Was und das Wie festgesetzt und in den Tempeln verkündet und geoffenbart, und[49] darüber hinaus habe kein Künstler etwas »neuern« (καινοτομεῖν) oder erdenken, sondern nur das »Vaterländische« wiedergeben dürfen. Noch jetzt werde es in Ägypten so gehalten, in bildender Kunst sowohl als in der Musik. Was vor zehntausend Jahren – und zwar im buchstäblichen Sinne gerechnet – gemalt oder gemeißelt worden, sei nicht schöner noch häßlicher, als was jetzt verfertigt werde; die Kunst sei völlig dieselbe. Das sei gesetzgeberisch, das sei im Sinne des Staates gehandelt112.

Als das Buch von den Gesetzen verfaßt wurde, war Skopas und vielleicht auch Praxiteles schon in voller Tätigkeit, und beide brauchten von Platos Ansichten keine Kenntnis zu nehmen, sonst würden sie ihn vielleicht darüber belehrt haben, was bei den Griechen »vaterländisch« sei, nämlich die höchste Ausbildung der Anlage des einzelnen. Und wie konservativ ist bei all diesem die griechische Kunst im ganzen geblieben!

Aristoteles beschweigt wenigstens die bildende Kunst. Bei der großen Menge, Ausdehnung und Vielseitigkeit seiner erhaltenen Schriften, unter welchen sich eine Poetik, eine Rhetorik und ein wichtiger Abschnitt über Musik113 befinden, bleibt dies doch immer sehr bemerkenswert. Daß er für die Betrachtung des Äußern als Ausdruck des Innern das höchste Verständnis hatte, zeigt seine Physiognomik (vgl. S. 22 f.), welche für den Künstler wie für den Kunstforscher noch heute lesenswert ist.

Die Stoa erging sich in ähnlichen blinden Raisonnements über die Kunst wie Plato. Eine Lehre des Zenon war: Heiligtümer der Götter seien nicht zu bauen; ein nicht sehr wertvolles Heiligtum sei nicht heilig (ἅγιον), kein Werk von Bauleuten und Banausen aber sei wertvoll. Plutarch114, der uns dies überliefert, hält sich dabei freilich über die Inkosequenz der Sekte auf; denn die Stoiker nähmen trotz dieser Lehre in Tempeln Weihen auf sich, stiegen auf die Akropolis, würfen sich vor den Götterbildern nieder und bekränzten die Tempel, welches doch Werke von Bauleuten und Banausen seien ... und opferten auf Altären und bei Heiligtümern, welche nach ihrer Meinung weder vorhanden sein, noch errichtet[50] werden sollten. Man hätte freilich wohl warten müssen, bis die Philosophen selber Tempel und Statuen irgendwie, notabeneA14 ohne »banausische« Anstrengung hervorgebracht hätten.

Kennerschaft und periegetische Aufzeichnung der verschiedenen Kunstwerke beginnen erst in der alexandrinischen Zeit, und nicht bei den Philosophen; das meiste erfährt man aber erst von Römern oder von Griechen der römischen Zeit. Freilich auch jetzt interessiert sich z.B. ein Strabo für die einzelnen Städte, als Geburtsorte der obskursten Philosophen und Rhetoren, und nennt nur zur Seltenheit einen Künstler mit. Bei Dionys von Halikarnaß finden sich halsbrechende ästhetische Parallelen zwischen Phidias und Polyklet einerseits und Isokrates andererseits, worauf er dann noch den Lysias mit KalamisA15 und Kallimachos zusammenstellt115. Anderswo verficht er mit Kraft die Berechtigung des Laienurteils über Kunstwerke116. Bald kam dann die Zeit, da der Literat dem Künstler vorempfand, und letzterer auf gelehrte Programme hin umständliche Kompositionen arbeitete, wie z.B. Archelaos von Priene seine Apotheose Homers (im Britischen Museum). Bei Philostratos ist sicher anzunehmen, daß er an vielen Stellen Niegesehenes und Nichtvorhandenes schildert, und wenn vollends ein Rhetor des V. Jahrhunderts n. Chr., wie Nikolaos117, Statuen und Gruppen auf das prächtigste beschreibt, so wissen wir schon, wie der damaligen Plastik zumute gewesen sein würde, wenn man die wirkliche Beschaffung des Beschriebenen ernstlich von ihr verlangt hätte.

Die Kunst aber hatte den Philosophen ihre Abneigung von Anfang an nicht nachgetragen, sondern dieselben in Statuen, Büsten und gemalten Bildnissen auf das reichlichste verewigt, ja nächst den Herrschern am häufigsten. Die spätere antike Bildung hatte sich die Kenntnisnahme von allen philosophischen Systemen zu einer Art von Pflicht gemacht, und wo sich zu diesem Interesse der Reichtum hinzufand, wollte man auch die Porträts, wenigstens der Schulhäupter, nicht entbehren: wir haben sogar noch aus der christlichen Zeit, da von einer Büstensammlung nicht mehr die Rede sein konnte, für die konventionelle Abbildung der Philosophen ein ins Kurze gezogenes Rezept118.

[51] Und die Nachwelt darf es – beim Lichte besehen – als das größte Glück für die bildende Kunst betrachten, daß sich die Literaten der voralexandrinischen oder vorrömischen Zeit nicht stärker mit ihr abgaben. Sie blieb so im ganzen und vollen unbesprochenen Besitz ihrer Naivität, was die Poesie nicht blieb; sowohl in ihren Gegenständen als in ihrer Auffassung hatte sie in einer Zeit, da sonst alles zerschwatzt wurde, den unendlichen Vorzug, frei von aller Gebundenheit an Theorien und Meinungen ganz nur ihre eigenen Wege gehen zu können.


Der gleichen Unabhängigkeit erfreute sich die Kunst aber auch gegenüber von den politischen Machthabern. Auch neben den raubsüchtigsten Streberregierungen hielt sie sich oben und blieb reich beschäftigt und im herrlichsten Schwung neuer Entwicklungen. Von den athenischen Strebern des IV. Jahrhunderts z.B. darf man sich die meisten als innerlich frivole Menschen mit liederlicher Aufklärung vorstellen, welchen an Skopas, Praxiteles, Lysippos gar nichts gelegen war, wenn sie nur am Staate zehren konnten. Aber gegen die Kunst, zumal gegen das Götterbilden durften sie sich nicht laut machen; denn hier trafenA16 sie auf ein Volk, welchem die Kunst zum Kultus und der Kultus zur Lebensfreude gehörte. Das heutige Bündnis zwischen Liberalismus und Kirchenfeindschaft war damals unmöglich; die Reputation von Asebie konnte stündlich zu einer Todesgefahr werden, und abgesehen von diesem allem mögen auch die profansten Streber in ihrem eigenen Innern sich vor den Göttern gefürchtet haben. Pathetische Demagogen wie Lykurgos trieben noch Aufwand mit mythischen Erinnerungen, statteten Kultus und Drama mit neuer Pracht aus, und der streberisch korrumpierte Staat konnte auch nicht die Schule gegen die Religion ausspielen, überhaupt dieser nicht indirekt das Wasser abgraben. Die Religion aber fand fortwährend ihren größten Ausdruck in der Kunst; auch sehr verdorbene Poleis mögen noch bei Praxiteles usw. bestellt haben, und das Aufkommen einer neuen Macht, wie Messenes nach der Restauration durch Epaminondas, hatte sofort mächtige Bestellungen von Götterbildern zur Folge. Die Kunst war noch nicht in das Belieben der (ohnehin immer seltener werdenden) Reichen gestellt und noch nicht auf großstädtische Ausstellungen mit Feuilletons angewiesen.

Im Verlauf des III. Jahrhunderts neigten sich die griechischen Städterepubliken, noch vor aller römischen Einmischung, zum Untergange.[52] Innere Unruhen, welche meist auf Plünderung der letzten Besitzenden hinausliefen, Überfälle von Nachbarstädten, wo man noch auf Raub hoffte, besinnungsloses Prassen, wie z.B. in Böotien, systematisch ausgeübter Mord gegen alle herrschenden Kasten wie in Sparta, Verödung des Landes bezeichnen, wie früher dargestellt, die Zeit seiner Wende. Man sollte erwarten, daß kein Hellene mehr Stimmung und Gelegenheit für höhere Kunstübung gefunden hätte. Allein es gab jetzt große Griechenkönigreiche außerhalb von Hellas, wo zeitweise wenigstens Sicherheit und Gedeihen herrschte. Im kleinasiatischen Pergamon hatte sich eine Schule von Bildhauern erhoben, von welcher man bis vor wenigen Jahren nur einzelne, allerdings schon sehr bedeutende Werke kannte. Nun, neben dem unsäglichen Elend Griechenlands, entstand hier kurz vor oder nach 197 v. Chr., nämlich entweder unter Attalos I. oder erst unter Eumenes II. der berühmte Altar von mehr als 100 Fuß ins Gevierte, dessen erstaunliche Reste allein schon das Museum von Berlin zu einem der ersten Kunstwallfahrtsorte der Welt machen würden. Es ist der Kampf der Götter und der Giganten, ein rings um die Wände des Altars laufendes Relief von acht Fuß Höhe; die nach Berlin geretteten Teile haben eine Gesamtlänge von etwa 250 Fuß. Es ist, als wäre über diese Kunst gar nichts ergangen. Jugendfrisch, naiv, in ihren Mitteln und ihrer Behandlung dem Phidias viel näher und verwandter, als man es irgend erwartet hätte, wirft sie sich, wie der Löwe auf seine Beute, auf das mächtigste bewegte Thema, welches der Mythus überhaupt darbot. Frühere Reliefs hatten besonders Kämpfe von Heroen und Kentauren, Amazonen und Fabeltieren dargestellt; diesmal sind es die Götter selbst im Streit mit den halbgöttlichen Riesen, von dem Meister innerlich geschaut als ein furchtbar erhabener Sturm von Angriff und Gegenwehr, im ganzen weit die wichtigste bekannte Äußerung griechischen Geistes jener Zeiten. Die Namen der Schöpfer aber sind uns nicht überliefert, während wir über andere damalige Ereignisse auf das reichlichste unterrichtet werden, ja die einzige Erwähnung des kolossalen Werkes selbst findet sich in einem geringen lateinischen Autor, welchen man in das Zeitalter des Theodosius versetzt. In Pergamon wird man die Namen wohl gewußt und deren Träger für recht geschickte Banausen gehalten haben; wir aber mit unserm Verlangen, zu wissen, was damals im Innern jener mächtigen Menschen vorgegangen, würden den Pergamenern wunderlich vorgekommen sein.[53]


Fußnoten

1 Wir verweisen hiefür auf das spezielle hypothetische System, welches Milchhöfer, Die Anfänge der Kunst in Griechenland, S. 106 ff. gibt, indem er den semitischen Einfluß streng zu beschränken sucht.

2 Anf. d.K.S. 16. Richtig ist hier in der Anm. bemerkt, daß das Prius nicht die Verschlingungen von Band- und Riemenwerk sein können, denn letzteres würde sich schneiden, kreuzen oder knoten, was der Draht nicht tut. Ein wirklicher Flechtstil kommt freilich auch schon vor.

3 Abgebildet ebenda S. 10.

4 Ebd. S. 34 f.

5 Ebd. S. 99. ff. Hier wie bei einem Teile der Gemmen frägt man sich freilich nach der Verwendung, da diese Stücke ihrer Größe wegen unmöglich an menschlichen Fingern können gehaftet haben. Waren es vielleicht Siegel? oder Talismane?

6 Ebd. S. 41 ff. Milchhöfer nimmt als Grundformen der Gemme den im Meere rund gewaschenen Kiesel und die Nachahmung des Fruchtkerns an. Wir möchten beifügen, daß das Rundformat in der Kunst doch wohl auch aus der natürlichen Vorliebe des Auges für das Rund zu erklären ist und daß der Gebrauch der Drehscheibe diese Form begünstigen mußte.

7 Über das Verhältnis dieser Architektur zu lykischen und phrygischen Monumenten vgl. Milchhöfer S. 11 und S. 139 f.

8 Ilias 478-608, Hesiod, scut. Herc. 139-320. Vgl. Milchhöfer S. 144 ff.

9 S. 142 ff.

10 Das homerische Epitheton καλλίσφυρος möchte bei keinem andern Volke ein Gegenstück haben; man rühmt anderswo lange nur Antlitz und Oberleib.

11 Welcher Sinn für das Naturwahre spricht auch nicht aus den anatomisch genauen Angaben der Verwundungen in der Ilias, z.B. XIV, 465 f. und 493 (Ilioneus)!

12 Dieses wird doch kaum, wie Milchhöfer S. 199 f. annimmt, ein bloßes flaches Brett gewesen sein; vielmehr kann die Rundplastik uralt gewesen sein. Ist vielleicht das erste selbständige Bild einer Gottheit ein Palladion gewesen? Von solchen ist wenigstens in der mythischen Zeit sehr vorwiegend die Rede. Über den Pallastypus vgl. Preller I, bes. 148. – Zu den ältesten (dädalischen) Kunstwerken und ihrer Wirkung vgl. noch die Stelle Pausan. II, 4, 5: Δαίδαλος δ᾽ ὁπόσα εἰργάσατο ἀτοπώτερα μέν ἐστι τὴν ὄψιν, ἐπιπρέπει δ᾽ ὅμως τι καὶ ἔνϑεον αὐτοῖς.

13 Vgl. Milchhöfer S. 54 ff.

14 Lukian, deor. dial. 20, 10.

15 Pausan. IX, 27, 1.

16 Vgl. Band II, S. 144. – Oder hat sich nur der Steinarbeiter vor der göttlichen Bildung gefürchtet, während der dädalische Holzarbeiter schon längst seine Palladien und Xoana wagte?

17 Vgl. Baumstark bei Pauly III, S. 1087.

18 Pausan. II, 30, 2.

19 Pausan. VIII, 42, 3 f.

20 Pausan. II, 24, 5.

21 Pausan. III, 16, 1: πρόσωπον ἀντι τοῦ ἀρχαίου ποιησαμένη τῆς ἐφ᾽ ἡμῶν τέχνης.

22 Pausan. III, 15, 5. 8. Vgl, Band I, S. 107 f.

23 Pausan. V, 18. 19.

24 Man wird dabei an die häßliche, von einem Engel mit einer Fackel verfolgte Zwietracht am Hochaltar der Salute in Venedig erinnert.

25 Pausan. I, 24, 2.

26 Gleichfalls einem chthonischen Heiligtum, und zwar dem auf Knidos, gehörte die Demeter von sanfter, matronaler Schönheit im Britischen Museum an. – Ein besonders heiligen Schrecken erregendes Tempelbild dagegen war das der Artemis von Pellene. Wo die Priesterin es herumträgt, werden selbst die Bäume unfruchtbar. Plut. Arat. 32.

27 Plut., de musica 14.

28 Man beachte die Verzeichnisse von Affiliationen, welche Pausanias vor sich hatte, und bei denen doch wohl noch die Vorstellung waltete, daß die Mitteilung der Kunst durch Lehre auch eine Stilverwandtschaft mit sich bringe. VI, 3, 2 sagt er von dem Athletenbildner Demokritos von Sikyon: ἐς πέμπτον διδάσκαλον ἀνῄει τὸν Ἀϑηναῖον Κριτίαν. Nämlich der Athener Kritias war der Lehrer des Kerkyräers Ptolichos, dieser der des Amphion, dieser der des Kalauriers Pison, dieser der des Demokritos gewesen. Ähnlich sind VI, 3, 4 sieben Kunstgenerationen gemeint, wenn es von dem Athletenbildner Pantias heißt: ἀπὸ Ἀριστοκλέους τοῦ Σικυωνίου καταριϑμουμένῳ τοὺς διδαχϑέντας ἕβδομος ἀπὸ τούτου μαϑητής. Nach VI, 4, 2 war der vortreffliche Pythagoras von Rhegion Schüler des Klearchos von ebenda gewesen, Klearchos der des Eucheir von Korinth, dieser aber hatte gelernt bei Syadras und Chartas, den Spartiaten. Ähnliche Affiliationen berichtet Plinius.

29 Ohnehin ist das Faktum fraglich oder geradezu falsch; die Abbildung gerade des Vielen ist uralt-primitiv und auf den beiden Schilden bei Homer und Hesiod entwickelt sich schon das vollständige Genre.

30 Odyss. VII, 91. – Vgl. auch das ἔργον ἔμψυχον eines Hundes auf Kreta bei Eustath. Od. p. 1875.

31 Scut. Hercul. 216 ff.

32 Auch die frühste Ahnung, daß der gewöhnlichen Erscheinung des Menschen eine höhere zur Seite gehen könnte, ist bei Homer ausgesprochen in dem momentanen Verherrlichen und Verklären einzelner begünstigter Menschen durch die Götter, so wenn z.B. Athene von Odysseus Runzeln und alle Mißgestalt hinwegnimmt und ihn herrlicher erscheinen läßt.

33 Über die Ausnahmefälle s.S. 36.

34 Doch mag der römische Tempel mit seinen Rundformen (Nischen usw.), überhaupt mit seinem ausgebildeten Innenbau, noch günstiger gewesen sein.

35 Vgl. Band II, S. 53 ff.

36 Ein Götterpaar stellte die Gruppe von Demeter und Despoina in einem Tempel bei Megalopolis dar. Pausan. VIII, 37, 3 f.

37 Sogar die Verbindung mit Stadien und Gymnasien kommt vor, oder wohl eher dieser mit Tempeln.

38 Man vgl. z.B. die Schilderung des Pausanias X, 29, 3-31, 3 von dem helikonischen Haine und seiner Statuenmenge. – Noch Kaiser Licinius versammelte vor dem Kriege mit Constantin seine Vertrauten und Leibwächter in einem heiligen Hain mit Götterstatuen.

39 Vgl. Jacobs, Vermischte Schriften III, 415: Über den Reichtum der Griechen an plastischen Kunstwerken.

40 Laut der Sage begann diese Sitte schon sehr frühe. Bei Konon c. 34 verrät der untreue Priamossohn den Achäern: Ilions Fall durch ein hölzernes Pferd sei vom Schicksal bestimmt, wenn die Achäer das vom Himmel gefallene Pallasbild, von vielen Palladien das kleinste (πολλῶν ὄντων τὸ σμικρότατον), gewännen. Diomed will dann dem Odysseus weismachen, er habe nicht das rechte, sondern ein anderes genommen, aber nun bewegt sich aus göttlicher Ursache das Palladion, und Odysseus merkt, daß es doch das rechte ist.

41 In Ägypten und Assyrien hatte man sich zur Darstellung des Allgemeinen und Konstanten u.a. der Tierbestandteile, besonders der Tierköpfe bedient, nur um dem Individuellen auszuweichen, und die Inder vollends vervielfachen Köpfe und Extremitäten.

42 Umgekehrt läßt dann Lukian (Prometheus sive Cauc. c. 12 und 17) seinen Prometheussagen, er habe beschlossen, lebende Wesen zu bilden, die den Göttern gleichen ἀναπλάσασϑαι ζῷα τὰς μορφὰς ἡμιν αὐτοῖς προσεοικότα. – Ist dies bei Lukian etwa jüdischer Einfluß?

43 Das Agonalwesen nötigte außerdem auch zur charakteristischen Bildung des Pferdes. Die ehernen Stuten des Kimon glichen den seinen wirklich. Älian. V.H. IX, 32.

44 Man vergleiche z.B. den dem Apoll von Tenea (München) der Zeit nach vorangehenden, bis oberhalb der Knie erhaltenen langleibigen Apoll aus Zypern (Wien), dessen glotzäugiger Kopf mit starken Backenknochen die Mitte zwischen einem Haubenstock und einem Judenkopf hält.

45 Pausan. VII, 24, 2.

46 Pausan. V, 25, 4 γυμνοὶ, παῖδες ἡλικίαν. In den Fresken des Polygnot notiert Pausanias IX, 25 ff., welche Helden – es sind die weit meisten – bartlos seien, während früher, auf den älteren Vasen usw., außer den Knaben alle männlichen Götter und Heroen bärtig waren, weil dies das Kennzeichen des Geschlechts ist. – Bei Skopas findet sich (Pausan. VIII, 28, 1) schon ein unbärtiger Asklepios, anderswo (ebd. VIII, 32, 3) war geradezu ein Tempel des »Ἀσκληπιὸς παῖς«, der wohl erst römischen Stadtheroen von Paträ (Pausan. VII, 20, 3) als Knaben nicht zu gedenken.

47 Man denke an die Straf-Zeuse (Ζᾶνες) in Olympia, Pausan. V, 21, 2 ff. und an das Verzeichnis der vielen sonstigen dortigen Zeuse, ebd. V, 22-24. – Nach X, 16, 31 weihten die Lipareer nach einem Tyrrhenersiege nach Delphi soviele Bilder des Apoll, als sie Schiffe genommen, nämlich zwanzig.

48 Am Branchiden weg hatte es noch zur Einförmigkeit geführt. Waren die dortigen Statuen aber wirklich lauter Apollsbilder? oder nicht eher Stifter?

49 Im Marmor ist die Tradition eine einseitige. Man wählte namentlich so, daß die Figur in einem mäßigen Block und dennoch in möglichst großem Maßstabe zu geben war, also die möglichst wenig weit ausgreifende und ausschreitende. Daher vielleicht die Beliebtheit des Apoll mit dem Arm über dem Haupt; auch glücklicherweise der vatikanische Hermes. (Von diesem ist u.a. ein Exemplar im Museum von Athen, doch im Kopf nicht völlig so schön, auch wohl später; sodann das farnesische Exemplar im Britischen Museum).

50 Vgl. Gorgias, Helenae encom. 18: οἱ γραφεῖς, ὅταν ἐκ πολλῶν χρωμάτων καὶ σωμάτων ἓν σῶμα καὶ σχῆμα τελείως ἀπεργάσωνται, τέρπουσι τὴν ὄψιν. – Hiermit halte man zusammen, was Cicero de invent. II, 1 über die Auslese schöner Einzelheiten berichtet, die Zeuxis in Kroton für seine Helena traf.

51 Er spricht aber c. 1. bereits von Vorgängern und zwar offenbar von vielen: οἱ προγεγενημένοι φυσιογνώμονες und erzählt von ihnen dreierlei Methoden, fügt aber gleich bei, man könne auf alle diese Weisen φυσιογνωμονεῖν und noch auf viele andere.

52 Von c. 3 an folgen Schilderungen von Charakteren, und auch für die Kunstgeschichte ist beachtenswert, wie der ἀνδρεῖος, der εὐφυής, der κόσμιος, der ϑυμώδης, der εὔϑυμος beschrieben werden. In den einzelnen Zügen verallgemeinert Aristoteles oft einzelne Beobachtungen gar zu kühn, verschmäht auch wohl einen Hieb nicht, z.B. bei Anlaß der μικρόψυχοι auf Korinther und Leukadier. C. 6 wird dann eine Art Gegenprobe angestellt, nämlich aus der Beschaffenheit der einzelnen Teile und Glieder des Leibes auf den betreffenden Charakter geschlossen. Auch hier wird stark von der jedesmaligen Ähnlichkeit mit Tieren Gebrauch gemacht.

53 C. 4: Δοκεῖ δέ μοι ἡ ψυχὴ καὶ τὸ σῶμα συμπαϑεῖν ἀλλήλοις κ. τ. α..

54 Ein leiser stumpfer Winkel auswärts (das γρυπόν) findet sich beim Zeustypus, derjenige einwärts (das σιμόν) bei Wassergöttern, Satyrn u. dgl.

55 Man beachte auch das mächtige Schwellen der Stirnmitte bei Zeus und seinen Söhnen.

56 Vgl. Band II, S. 65 ff.

57 Ähnlich Achill. Tat. I, 1: ἐγένετο τοῦ σώματος κάτοπτρον.

58 Eine Ausnahme macht nur das Chryselephantinbild.

59 Man kommt nicht weit, wenn man das Gewand der idealen Kunst mit dem der historischen Zeit in Übereinstimmung bringen will; aber auch die Tracht im Leben wurde sehr sorgfältig und würdevoll getragen; Ausnahmen fielen auf.

60 Cypria, ed. Kinkel, p. 22. – Noch wichtiger für ihren frühern Putz Hymn. Hom. in Ven. 5 ff., wo die eben aus dem Schaumgeborene Aphrodite von den Horen gewaltig aufgeputzt wird. Sie geben ihr Gewänder, eine goldene Stephane, Schmuck von ὀρίχαλκος (einem messingartigen Metall) und Gold, um Hals und Brust goldene Ketten, womit sich sonst die Horen selber beim Besuch der Götterversammlung schmücken. »Und als sie ihr dieses alles angelegt, führten sie sie zu den Unsterblichen«, wo sie herrlich empfangen wird.

61 Wie weit sind wohl die Köpfe der Mumiendeckel ikonisch?

62 Hier möge auch an die von Herodot I, 51 erwähnte Goldstatue der ἀρτοκόπος des Krösos erinnert sein.

63 Ähnlich ist u.a. auch die Gruppe VIII, 309 ff., wo Hektor Teukros, der seinen Wagenlenker getötet, mit einem Feldstein trifft, worauf Aias den Bruder mit seinem Schilde deckt und zwei andere sich anschicken, ihn nach den Schiffen zurückzutragen.

64 Freilich hat solche Gegenstände auch schon die älteste Kunst, die wir auf griechischem Boden antreffen. Den nämlichen Charakter der Unparteilichkeit haben die vollkommen lebendig gedachten Kämpfe und Jagden auf den »Schiebern« und Dolchklingen von Mykenä.

65 Pausan. X, 9, 4.

66 Immerhin nimmt die Darstellung des historisch Geschehenen im Vergleich zur römischen Skulptur noch eine geringe Stelle ein.

67 Vgl. Band II, S. 157.

68 Pausan. X, 18, 4.

69 Wohl eher eine Freigruppe als ein Relief.

70 Auch Plinius H.N. XXXIV, 91 nennt das Thema der »Opfernden« als von einer Anzahl von Skulptoren behandelt.

71 Pausan. VII, 25, 4.

72 Pausan. V, 25, 2. – Der Gestus des Betens ist hier nicht der des Athleten-Adoranten. Gewiß sind doch übrigens hier nicht die Knaben der Überwundenen gemeint.

73 Pausan. V, 25, 1. Vgl. auch Band II, S. 156.

74 Im Mittelalter wird dann vom Kultus gerne die Zeremonie dargestellt, und so auch in der Renaissacne; daneben stellt diese aber auch sehr gerne das antike Opfer als solches dar. (Man denke an M. Angelo auf der Decke der Sistina).

75 Solche finden sich im Louvre und im Museo Borbonico.

76 Sind wohl noch nirgends die Aussagen über die zahlreichen Dilettanten der Malerei gesammelt? Plato war einer nach Diog. Laert. III, 6; ebenso vielleicht auch Demokrit. – Was den Zeichenunterricht betrifft, so sagt Plinius, H.N. XXXV, 10 von Pamphilos, dem Makedonier, einem der frühsten Hauptmeister der Schule von Sikyon, auf seine Autorität hin hätten die freien Knaben erst in Sikyon, dann in ganz Griechenland die Zeichenkunst (graphicen, hoc est picturam) auf der Schreibtafel gelernt, und es sei diese Kunst in den ersten Rang der freien Künste aufgenommen worden. (Ein Wunder, daß hierauf nicht ein Schwarm von Dilettanten die Kunst invadierte.)

77 Laut Lübke, Grundriß d. Gesch. d. Mal. S. 160 gab Polygnot nur schattenlose Umrißzeichnungen mit vier Farben, aber die Darstellungen hatten schon das höchste Ethos.

78 Band II, S. 198.

79 Vgl. Plut. X or. vit. s.v. Isokrates.

80 Pausan. I, 22, 6 f. Plin. H.N. XXXV, § 101.

81 In Temesa war auch der dortige Dämon durch ein Gemälde verewigt. Pausan. VI, 6, 4. – Vgl. Band II, S. 234 ff.

82 Andokid. adv. Alcib. 17. Älian V.H. XIV, 17.

83 Über eine Alexanderschlacht als Tafelgemälde berichtet Ptolem. Hephäst. IV. Helena, die Tochter Timons, die in jenen Zeiten blühte, malte die Schlacht bei Issos; unter Vespasian befand sich das Gemälde im Friedenstempel zu Rom. Plastisch stellte einen solchen Kampf die Granikosgruppe dar.

84 Von dem Selbstgefühle der Künstler zeugen Anekdoten, wie die Plut. de amicor. multitud. 5 erzählte, wonach Zeuxis jemand, der ihm sein langsames Malen vorwarf, die Antwort gab: ὁμολογῶ ἐν πολλῷ χρόνῳ γράφειν, καὶ γὰρ εἰς πολύν. – Sehr sprechend für die Denkweise der griechischen Künstler ist auch, was Lukian, Zeuxis 3 ff. von dem nämlichen Maler berichtet. Derselbe suchte neben Göttern, Helden und Schlachten neue Sujets, wahrscheinlich, weil die Tafelmalerei ihn auf das Neue von selbst hinwies, aber als er nun die Kentaurin, welche zwei Junge säugte, gemalt hatte, wollte er gerade nicht für das Sujet bewundert sein, sondern entrüstete sich über das Publikum, das sich durch den πηλὸς τῆς τέχνης von der τέχνη selbst ablenken ließ und die Schönheit der Ausführung (ἀκρίβεια τῶν ἔργων) übersah.

85 Die bekannten trompe-l'oeil sind Trauben und Vögel. Bei Philostratos d. Ält. imag. I, 23 ist von einer Biene die Rede, die, entweder selbst getäuscht oder für den Beschauer täuschend gemalt, auf einer Blume sitzt.

86 Laut Älian V.H. II, 44 stellte der Maler einen Trompeter dazu, welcher blasen mußte.

87 Lais war laut Athen. XIII, 54 so schön, daß die Maler zu ihr kamen mit dem Zweck ἀπομιμεῖσϑαι τῆς γυναικὸς τοὺς μαστοὺς καὶ τα στέρνα. – Etwas anderes war es einst noch, wenn die Krotoniaten dem Zeuxis für seine Helena die schönsten und edelsten Jungfrauen der Stadt als Modelle gestattet hatten, vgl. oben S. 21 Anm. 50. Hier ist mehr an eine bezweckte Gesamtinspiration zu denken.

88 Plin. H.N. XXXV, 35.

89 Älian V.H. IX, 11. Parrhasios zog sich mit einem Witz aus der Sache. Von seiner guten Laune beim Arbeiten erzählt Älian an derselben Stelle nach Theophrast.

90 Athen. V, 41.

91 Vgl. Band II, S. 26 und 430 f.

92 Plato Kritias p. 111.

93 An vielseitiger Kunde anderer Grundformen hätte es gewiß nicht gefehlt und vollends nicht an der Möglichkeit, andere Einzelformen zu schaffen; man hätte vielheitlich komponieren, den Bau aus mehreren Motiven zusammensetzen können, wie die Ägypter taten, die sich ja mit dem Aneinanderschieben begnügten. Auch darf daran erinnert werden, daß schon Demokrit die Theorie des Wölbens entwickelt hat.

94 Der Witzbold Stratonikos kommt nach Mylasa in Karien, und da er dort viele Tempel, aber wenige Menschen sieht, stellt er sich mitten auf die Agora und redet: ἀκούετε ναοί! Athen. VIII, 41. – Man wiederholte eben den Tempel mit stets neuer Hingebung so vielmal, als es der Kultus verlangte, oft dicht nebeneinander; in ihrem Gesamtanblick aber waren die Städte gewiß nicht mit dem jetzigen kuppelreichen Rom von S. Pietro in Montorio aus oder mit Prag zu vergleichen.

95 Sie bleibt hinter dem Doppelten entweder um eine Säule zurück oder hat eine Säule mehr, die Ecksäulen beidemal mitgezählt.

96 Sehr frei waren gewiß auch manche ganz kleine tempietti (οἰκήματα).

97 Das Eckkapitäl ist freilich keine ganz glückliche Auskunft, um wie an der dorischen Säule eine homogene Ansicht für beide Fronten hervorzubringen; die innere Ecke bleibt mißlich. – Im übrigen hat das ionische Kapitäl von allen Einzelformen der Architektur am meisten zu denken und zu deuten gegeben. Der dorische Echinus ist seiner Entstehung und Bedeutung nach aus sich selbst erklärbar, das ionische Kapitäl dagegen hat schon Präcedentien, welche außerhalb von ihm liegen. Welcher Körper ist mit der Volute eigentlich gemeint gewesen? War die Empfindung einst die eines weichen Körpers, der zwischen Säule und Architrav, resp. Abakus gequetscht, diese Form annahm? Oder ist es das Bild eines Pflanzenteiles? zweier Rinden oder Baste, die sich beim Trocknen rollen? Wir haben es mit einer einstweilen unerklärlichen, aus Asien übernommenen Form zu tun.

98 In der Abhandlung »Die Proportionen in der Architektur«, Durms Handbuch der Architektur, IV. Teil, II. Abschnitt.

99 Von Bötticher und Durm bestritten, wird die bewußte Verwendung dieser Kurvaturen neuerdings z.B. von L. Julius und P. Gräf in Baumeisters Denkmälern wieder als sicher angenommen. Letzterer bemerkt in dem Artikel »Theseion« (S. 1776), die Herstellung solcher Krümmungen müsse hier wie am Parthenon und den Propyläen die Ausführung wesentlich erschwert haben. Statisch seien sie wertlos; der vermutliche Zweck sei ähnlich wie bei der Schwellung der Säule optisch-ästhetisch: man wollte dem scheinbaren Sicheinbiegen jeder wirklichen Horizontale entgegenwirken. Eine spätere gleichmäßige (und dabei unwillkürliche) Senkung der Ecken soll undenkbar sein.

100 Die Maler machten hier eine Ausnahme, vgl. S. 35.

101 Philostrat. vit. sophist. I, 11.

102 Welcher früher Maler gewesen sein soll.

103 Eurip. Ion 184 ff.

104 Eurip. Hek. 560, Phön. 222. – Wozu schon aus Äschylos, Agam. 235: Iphigenia, welche ihre Opferer anblickt »herrlich wie in einem Gemälde«. – Merkwürdig aber ist, daß sich in der ganzen alten Komödie kein Wort auf die bildenden Künste bezieht; denn in Aristoph. Frieden 605 ff. ist von Phidias nur politisch die Rede.

105 Was man z.B. aus der französischen Historienmalerei des XVII. und XVIII. Jahrhunderts recht deutlich erfährt.

106Ausgelassen, da nicht von Burckhardt, sondern Zusatz von Oeri.

107 Plato, Protag. p. 311, c.

108 Plato, de legg. IV, p. 717, a. – Bekannt ist die allgemeine Verurteilung des Perikles im Gorgias. – Laut Plutarch (Aristid. 25) hätte Plato den Perikles auch speziell wegen Baues von Stoen und Hallen getadelt.

109 S. Band II, S. 191 f.

110 De legg. XII, p. 955, e.

111 De legg. II, p. 656, d.

112 Auch der Verfasser der Epinomis meint an der einigermaßen dunklen Stelle p. 974, d. ff. offenbar, Plastik und Malerei seien etwas Geringes, weil sie Nachahmung des menschlichen Körpers seien. Nachdem er dargetan, daß der Landbau und die übrigen zur Erzeugung des Notwendigen dienenden Tätigkeiten nicht imstande sind, den Menschen weise zu machen, kommt er p. 975, d. mit dem Satze τό γε μετὰ τοῦτο παιδιά τις ἂν λείποιτο, μιμητικὴ μὲν τὸ πλεῖστον, ἀλλ᾽οὐδαμῆ σπουδαία, πολλοῖς μὲν γὰρ ὀργάνοις μιμοῦνται, πολλοῖς δ᾽αὐτῶν τῶν σωμάτων οὐ πάντως εὐσχήμοσι μιμήμασι auf die musischen und die bildenden Künste, welche gleichfalls mit aller Arbeit niemand zu irgendetwas weise machen können.

113 Aristot. Problem. c. 18.

114 Plut. de stoicorum repugnantiis, c. 6.

115 Dionys Hal. de rhett. antt. p. 95, ed. Sylburg. – Ähnliches Plutarch Timoleon 36.

116 De Thucydide, p. 138.

117 Walz, Rhett. Graeci vol. I, p. 394 ff.

118 Es ist die neuerdings öfter besprochene Stelle Sidon. Apollinar. Epistolar. l. IX, ep. 9. Per gymnasia pingantur areopagitica (i.e. Atheniensia) vel prytaneum: curva cervice Zeusippus (Speusippus?), Aratus panda, Zenon fronte contracta, Epicurus cute distenta, Diogenes barba comante, Socrates coma candente, Aristoteles brachio exerto, Xenocrates crure collecto, Heraclitus fletu oculis clausis, Democritus risu labris apertis, Chrysippus digitis propter numerorum indicia constrictis. Euclides propter mensurarum spatia laxatis, Cleanthes propter utrumque corrosis (sic).


Anmerkungen: A1 Oeri: Nasenrückens über den Rest des Gesichtes ... A2 »etwa« fehlt bei Oeri. A3 Oeri: Unterbau. A4 »d.h.« fehlt bei Oeri. A5 »bisweilen« fehlt bei Oeri. A6 Oeri: Weihgeschenke, der Anatheme. A7 Oeri: bei. A8 »hin« fehlt bei Oeri. A9 »mit ... Annahme« fehlt bei Oeri. A10 »denn ... abzugewinnen« fehlt bei Oeri. A11 »schon« fehlt bei Oeri. A12 »aber« fehlt bei Oeri. A13 Oeri: der. A14 Oeri: d.h. A15 Oeri: Kalais. A16 Oeri: traten.

Quelle:
Jakob Burckhardt: Gesammelte Werke. Darmstadt 1957, Band 7.
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