Mancipia


Mancipia.

[352] Bei meiner Auffassung ist vorausgesetzt, daß die »mancipia«, die »Unfreien«, die verteilt werden, die Kolonen einbegreifen. Daß mancipia nicht bloß eigentliche Sklaven, sondern auch Kolonen bedeuten kann, ist sicher. Tit. VII der lex Burg. gebraucht die Ausdrücke servus, colonus, originarius, mancipium als gleichartig nebeneinandergestellt. Andere Stellen bei WAITZ, D. Verf.-Gesch., Bd. II, 173 ff. Schon Eichhorn hat deshalb die mancipia, die die Römer den Burgundern abtreten sollen, einfach mit »Kolonen« übersetzt. Daß dem wirklich so war, bedarf jedoch eines besonderen Beweises, da die mancipia hier auch die wirklichen Sklaven bedeuten könnten, wie es von den neueren Forschern aufgefaßt worden ist. Ich denke, die Sache wird folgendermaßen liegen. Schlösse der Ausdruck mancipia in der lex Gund. die Kolonen aus, so bezöge sich die Landteilung ausschließlich auf den im Großbetrieb bewirtschafteten Grundbesitz, von dem die Burgunder 2/3 erhalten, um ihn mit 1/3 der vorhandenen Sklaven zu bewirtschaften. Daß auch von den Kolonatshöfen immer je 2/3 abgetrennt und den Burgundern übergeben worden seien, ist unmöglich, da der Kolon dann nicht wirtschaftlich lebensfähig geblieben sein würde. Jener abgeteilte Großbesitz aber hätte unmöglich genügen können. Die Zahl und Größe solcher Betriebe im Verhältnis zum Kolonatsbetriebe war sicher nicht groß. Die Abtretung des halben Hauses, Hofes und Gartens, ohne die Lieferungen einer größeren Zahl Kolonen, hätte den Burgundern Scheunen ohne Inhalt gegeben. Notwendig muß deshalb der Ausdruck »mancipia« hier die Kolonen einschließen.[352]

Das Edikt Theoderichs des Ostgoten, § 142, erlaubt, daß die Herren rustica mancipia, etiamsi originaria sint (Kolonen) vom Gute entfernen und beliebig verkaufen.

DAHN IV, 96 legt das so aus, daß die Goten, was auch sonst bezeugt ist, sehr viele Sklaven mitbrachten, die sie z. T. auf den Kolonenhöfen anzusiedeln wünschten; sie setzten deshalb durch, daß sie mit den bisherigen Kolonen nach Belieben verfahren durften.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1921, Teil 2, S. 352-353.
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