Ritter und Knechte.

[321] Daß und wie sich der Ritterstand im engeren Sinne als niederer Adelstand aus dem älteren allgemeinen Kriegerstande abschichtete, liegt wohl ziemlich vor Augen. Schwieriger ist es, sich klar zu machen, wie das untere, nicht rittermäßige Kriegertum zusammengesetzt war, sich gestaltete und fortbildete, namentlich das Fußvolk. Hier wird der Forschung noch manches zu tun bleiben. Im besonderen fragt sich, inwiefern und seit wann und in welcher Art die Begleiter der Ritter zu Pferde und zu Fuß Kombattanten waren oder geworden sind.

BALTZER p. 78 f. meint, daß bis ins 11. Jahrhundert die Ritter meist noch keine Knappen oder Schildträger bei sich gehabt, da sie z.B. wie mehrfach erwähnt wird, selber auf Fouragierung ausgehen. Ich möchte die Beobachtung etwas anders fassen. Von der Völkerwanderung an sind ja selbst die Vornehmsten im Heere nicht bloße Führer, sondern auch Kämpfer. Von den Königen und Herzogen an abwärts bis zur Masse der Reiter gibt es Zwischenstufen und Übergänge. Die Gewohnheit, einen Burschen bei sich zu haben, ging gewiß schon früh bis in die gemeinen Reiter herunter. Darum aber waren sie doch Gemeine, die auch selber aufs Futterholen ausgingen, und häufig hatten sie auch keinen Burschen oder hatten ihn beim Troß, wo er Packpferde führte oder Wagen lenkte. Die Männer vom Ritterstand aber, der sich allmählich oben abschichtete, hatten natürlich zum allerwenigsen einen Waffen- oder Schildträger und meist noch außerdem mehrere Knechte um sich.

Baltzer stellt denn auch fest, wie von der Mitte des 11. Jahrhunderts an die Zahl der Knappen zunimmt; sie waren oft beritten, bewaffnet aber nur für den Notfall und wurden auch nur zu sekundären militärischen Fällen oder ausnahmsweise im Gefecht verwendet.

KÖHLERS Ansicht über die Bildung der Waffengattungen im Mittelalter und ihr Verhältnis zu einander ist schwer festzustellen, da der Autor sich an verschiedenen Stellen seines Werkes widerspricht. Fest steht bei ihm, daß das Gefolge des Ritters ursprünglich unbewaffnet und unberitten ist und den Ritter nicht ins Gefecht begleitet. Von Anbeginn der Periode an jedoch, die er behandelt, soll neben den Rittern als besondere Waffengattung[321] eine leichte Reiterei existiert haben. Vom 11. Jahrhundert soll auch Fußvolk zeitweilig eine wesentliche Rolle gespielt haben, und zwar wird sowohl von Fußknechten, die den Rittern ins Gefecht folgten, wie von selbständigem Fußvolk gesprochen. Die Gleve oder Lanze, d.h. die prinzipielle Zuordnung der Hilfswaffen zu dem einzelnen Ritter, soll erst nach der Mitte des 14. Jahrhunderts formiert worden sein.

Ich stimme Köhler darin zu, daß die Begleitung des Ritters ihm ursprünglich nicht ins Gefecht folgte,319 wenn auch wohl jeder Mann irgend eine Art Waffe hatte;320 ob einer der Begleiter einmal einen Klepper hatte oder nicht, war zufällig und hatte weder für den Kriegszweck noch für die Heeresbewegung Bedeutung. Köhler hat nicht genügend auseinandergehalten die beiden Fragen, ob der Ritter einen berittenen Knecht hatte, und ob der berittene Knecht ihm ins Gefecht zu folgen pflegte. Die erste Frage ist unzweifelhaft zu bejahen: im 12. Jahrhundert erscheinen berittene und bewaffnete Leute im Gefolge des Ritters. Der Mann, den Barbarossa vor Tortona (1155) zum Ritter schlagen wollte, und der diese Ehre ablehnte, wird strator genannt, d.h. er war Reitknecht321 und war beritten, denn er trug »ein Beil wie es diese Art Leut am Sattel zu haben pflegen«.322 Im Jahre 1158 überfallen die Brescianer böhmische scutiferi und nehmen ihnen die Pferde weg.323 Waren also diese »scutiferi« beritten, so werden es auch die »milites et scutiferi« gewesen sein, die in demselben Feldzug im Lande unherziehen und Burgen und Ortschaften erobern, zerstören und verbrennen.324 Urkundlich wird bezeugt ein »servus equitans« im sog. Ahrer Dienstrecht,325 und Köhlers Versuch (III, 1 p. XVII), das Zeugnis wegzudeuten, ist so gekünstelt, daß er mir nicht widerlegenswert erscheint. Richtig hingegen erscheint mir die Textverbesserung, die Köhler in dem Weißenburger Dienstrecht v. Jahre 1029326 vornimmt, so daß dieses Zeugnis fortfällt.

Im Jahre 1240 aber befiehlt Kaiser Friedrich II., daß 20 Ritter, 20 Schützen und 20 Knechte, alle beritten, nach Sardinien gehen sollen.

Annal. Jan. SS. XVIII. 158 ist im Vertrag des Grafen v. Savoyen mit Genua mitgeteilt: der Graf soll monatlich 16 Pfund erhalten »pro[322] milite cum donzelio armatis et duobus scutigeris«. Ferner war der edle Herr Lotharingus von Brescia in dem Heer »cum militibus 50, quorum quisque erat cum duobus equis et cum tribus scutiferis et donzellis bene armatis«. Ferner war da ein anderer »cum saumerio et duobus scutigeris«. Köhler III, 2, 87 übersetzt den »donzellus« mit Edelknecht, die »scutiferi« gibt er als »andere Knechte, wahrscheinlich jüngere Söhne aus ritterbürtigen Familien«. Das ist offenbar ganz willkürlich; möglich aber ist, daß die Pferde alle für den Ritter waren und die Knechte im Gefecht zu Fuß.

1239 wird ein Vertrag zwischen dem Papst und Venedig geschlossen, wonach dieses stellen soll »300 milites et pro quolibet milite dextrarium unum, roncinos duos, scutiferos tres cum armis«. Köhler I p. X nimmt an, die drei Pferde seien für den Ritter, die scutiferi zu Fuß. Das wird wohl richtig sein; sonst hätten es wenigstens vier Pferde sein müssen.

Ist somit der berittene und bewaffnete Knecht im 12. u. 13. Jahrhundert dargetan, so folgt daraus noch nicht, daß er dem Herrn beritten ins Gefecht folgte, namentlich nicht in die eigentliche Schlacht, und ich möchte deshalb Köhler wenigstens nicht widersprechen, daß das erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Sitte geworden ist.

Neben der Frage der berittenen Diener erhebt sich die der selbständigen leichten Reiter.

Daß die Krieger sich von je her durch Bewaffnung wie durch Rang unterschieden, ist zweifellos, aber die Verschiedenheiten sind nicht derart und nicht so groß, um verschiedene, getrennte Waffengattungen zu konstituieren. Wäre das der Fall, so müßte die Unterscheidung in den vielen Gefechtserzählungen viel stärker hervortreten.

Köhler will hier allenthalben Dinge scharf von einander sondern, die in der Wirklichkeit gar nicht so scharf geschieden waren; dadurch gerät er in fortwährende Widersprüche mit sich selbst und verteidigt mit Heftigkeit Behauptungen, die gar keine wesentliche Bedeutung haben, und statt durch die scharfen Distinktionen zu größerer Klarheit zu kommen, weiß man schließlich gar nicht mehr, was er eigentlich meint.

Die Hauptstellen, auf die es ankommt, dürften folgende sein.

Bd. II S. 14 wird gesagt, daß im 12. Jahrhundert die Diener des Ritters unbewaffnet und unberitten gewesen seien. Ebenso III, 2, 83.

III, 2, 87 lesen wir, daß im 13. Jahrhundert die Sitte entstanden sei, daß die Edelknechte (Knappen, scutiferi, armigeri) zu Fuß den Rittern ins Gefecht folgten.

III, 3, 249 aber wird gesagt, daß im 12. Jahrhundert die Sitte entstanden sei, die Mannschaft (zu Fuß) im Gefolge des Ritters zu bewaffnen und mit ins gefecht zu nehmen.

Bd. I S. IX hören wir, daß die Gleve (oder Lanze), bestehend aus dem Ritter und zwei leichten Reitern in seinem Gefolge, erst 1364 in[323] Frankreich und 1365 in Deutschland eingeführt worden sei. Ebenso Götting. Gel.-Anz. 1883 S. 412. Vgl. auch III, 2, 89, wo ausdrücklich betont wird, daß bis zur Einführung der Gleve der Ritter ein berittenes Gefolge nicht gehabt habe.

II, 14 aber steht, daß seit 1240 von den beiden Dienern des Ritters, die schon vorher bewaffnet waren, der eine beritten gemacht wurde. Wenn hinzugefügt wird, daß die beiden Diener nicht Kombattanten gewesen seien, so wird dadurch zwar der direkte Widerspruch gegen die vorher zitierten Stellen vermieden, aber man fragt, wozu denn diese Diener (von denen ausdrücklich gesagt wird, daß sie im 12. Jahrhundert noch unbewaffnet gewesen seien) im 13. mit Waffen versehen worden sind?

Bd. I S. IX u. III, 2, 24 hören wir, daß die leichten Reiter gewöhnlich das erste Treffen bildeten.

III, 2, 75 aber heißt es: »Die Reiter des Mittelalters kämpfen in enggschlossenen Haufen, die von den Leichtbewaffneten gebildet wurden und in denen die Ritter nur den Spitz und das letzte Glied, wenn ihre Zahl ausreichte, auch die äußeren Rotten bildeten, die also den Haufen der leichten Reiter umschlossen. ... Erst im 15. Jahrhundert entwickelte sich bei den Franzosen die Stellung en haye, gebildet aus den Schwergewaffneten, hinter denen die leichtbewaffneten Reiter stehen.« In Deutschland sei diese Stellung nie heimisch geworden, sondern der geschlossene Haufe geblieben.

Vgl. ferner I, 193 Anmkg.

Bd. II Vorbem. p. VI spricht Köhler von den wirksamen Aufgeboten des Fußvolks und seinem Einfluß auf die Schlachtordnung, das sich seit Senlac (1066) in ununterbrochener Reihenfolge erkennen lasse. Besonders wird das sächsische Fußvolk des 11., die Brabanzonen des 12., das Fußvolk der deutschen Städte des 13. Jahrhunderts hervorgehoben.

Nach Bd. III, 3, 248 ist die Blüte des Fußvolks im Abendland nur kurz, Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts und datiert erst von den Erfahrungen des dritten Kreuzzuges. Die Deutschen hätten sogar erst die Erfahrungen von 1197 durchmachen müssen, um sich ebenfalls dazu zu bequemen. In diesem Entstehen des Fußvolks will Köhler an dieser Stelle den wichtigsten Einfluß sehen, den die Kreuzzüge auf das Kriegswesen des Abendlandes ausgeübt haben.

Nach S. 274 hat es vorher im Abendland nur einige Spuren vom Fußvolk gegeben. S. 378 sind wenigstens die Normannen vorbehalten. Die Brabanzonen des 12. Jahrhunderts, deren Bedeutung sonst stark hervorgehoben wird, sind an diesen Stellen dem Verf. offenbar entschwunden.

S. 309 ist es nicht der dritte Kreuzzug, sondern es sind die Kreuzzüge überhaupt, in denen sich die Taktik mit Fußvolk entwickelt hat; die Schlachten des ersten Kreuzzuges bei Antiochien und Askalon werden genannt als Muster, nach denen sich das Abendland gebildet hat.[324]

S. 307 hat die Bedeutung des Fußvolks zu Anfang des 13. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht (Ende des 12., wie wir oben gesehen haben, nach dem 3. Kreuzzug hat es erst angefangen) und sich seitdem allmählich verringert.

Nach S. 272 war auch in den Kriegen Friedrichs II. die Reiterei von der Mitwirkung des Fußvolkes abhängig.

I, 219 hören wir, daß das Fußvolk Friedrichs II., die Sarazenen, bei Cortenuova auf den beiden Flügeln gestanden habe, »wie es in Italien noch lange nachher der Fall war.«

III, 3, S. 275 aber heißt es schon, daß es im 13. Jahrh. an einer organischen Verbindung mit der Reiterei gefehlt habe, und daß deshalb z.B. auch Cortenuova, die Hauptschlacht Friedrichs II. (1237), als Reiterschlacht anzusehen sei. S. 334 hören wir, daß Friedrich II. das Fußvolk durch seine Verachtung zu einer kümmerlichen Rolle herabsinken ließ.

In Deutschland hat nach S. 308 das Fußvolk nur kurze Zeit, zu Anfang des 13. Jahrh., eine Rolle gespielt, in Frankreich noch weniger. Vom deutschen Fußvolk und den Brabanzonen hört man nach S. 309 im Laufe des 13. Jahrh. nichts mehr; nur vom Fußvolk der Städte sei noch die Rede.

S. 378 aber haben die Kommunaltruppen niemals die Rolle einer »infanterie de ligne« gespielt.

Nach III, 2, 145 und III, 3308 beginnt die kläglichste Zeit für das Fußvolk um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Der Reiterdienst herrscht ausschließlich in Italien.

Nach III, 3, 275 tritt dagegen das Fußvolk im 14. Jahrhundert selbständig auf.

S. 310 hören wir, daß nicht die Schußwaffe, sondern nur der Spieß dem Fußvolk eine selbständige Stellung geben konnte; dieser aber sei erst mit den Schweizern zur Geltung gekommen und habe sich erst in den Burgunderkriegen in seiner ganzen Wichtigkeit gezeigt, also Ende des 15. Jahrhunderts.

S. 329, 334 und 377 sollen wieder die Schlacht bei Certomondo (1289) und andere Gefechte der Zeit von der höchsten Bedeutung für die Geschichte des Fußvolks, ja »epochemachend« dafür sein.

S. 320 wird zugestanden, daß die Leistungen des Fußvolks nicht so erheblich gewesen seien, um sich dauernd in Achtung zu behaupten. Bd. I, S. 429 aber hören wir, daß Kaiser Friedrich II. auf die Idee eines Fußvolks, wie es bereits vorher bestanden hatte, nicht gekommen sei, weil er in den Anschauungen seiner Zeit lebte. »Es war der ritterliche Ehrgeiz, der keinen anderen Krieger neben sich duldete.« Diese Exklusivität des Rittertums habe die traurigsten Folgen gehabt. Ebenso ist es III, 2, 327 u. IXI, 3, S. 307. 316-18 der Standesgeist der Ritter, 2, 310 sogar die Entartung des Rittertums, wodurch das Fußvolk unterdrückt wird.[325]

Nachweislich falsch ist in diesen Sätzen vor allem, daß es ursprünglich eine selbständige leichte Reiterei neben den Rittern gegeben habe. Solche leichten Reiter als selbständige Waffengattung sind nirgends in den Quellen der älteren Zeit aufzufinden. Die Stellen, die Köhler dafür anführt (III, 2, 11 und III, 2, 29), haben keine Beweiskraft.

Ann. Altah. z.J. 1042 (SS XX, 797) ist von Rittern und Knechten die Rede, aber nichts läßt sie als getrennte Waffengattungen erscheinen.

Chron. monast. Casinensis SS VII, 818 wird von einem Gefecht Heinrichs des Stolzen bei Benevent i. J. 1137 erzählt: »Set cum scutiferi ducis in prima acie terga vertissent, dux eventum fortunae alteratum perpendens, praecepit militibus ut fluvium transvadentes montem in quo civitas sita erat ascenderent et ab Aurea porta civitatem invaderent.«

Köhler will hier in den »scutiferi« die leichten Reiter sehen, die das erste Treffen bildeten. Das ist offenbar unmöglich. Ein »erstes Treffen« setzt ein zweites voraus, das ihm folgt. Dieses zweite Treffen kann aber nicht, wenn das erste in voller Flucht ist, ganz unberührt davon eine Bewegung anders wohin machen. Sollte der Ausdruck »scutiferi« hier überhaupt eine besondere Truppe bedeuten, so doch »acies« gewiß nicht »Treffen«, sondern höchstens »Schlachthaufe«. Das ist aber sehr unwahrscheinlich, da wir von einer derartigen Trennung der Reiter nach Waffengattungen, wenn sie in das mittelalterliche Kriegswesen gepaßt hätte, viel öfter hören müßten. Vielmehr wird die wahrscheinliche Auslegung dieser Stelle die sein, daß »acies« »Gefecht« bedeutet: die Schildknappen waren zum Zweck des Fouragierens abgeschickt, wurden überfallen und geschlagen (wobei man »in prima acie« sowohl »in einem ersten Zusammentreffen«, wie »im Beginn des Gefechts« übersetzen kann), und darauf ließ der Herzog die Stadt durch die Ritter von einer anderen Seite erstürmen.

Noch weniger ist gesagt, daß »expeditissimi equites«, die zu einer Verfolgung abgeschickt werden, eine besondere Waffengattung darstellen.

In der Chronik von Moyenmoutier aus dem 11. Jahrhundert (SS IV, 59) ist unterschieden zwischen der Schar der loricati (30), die der Abt zu stellen hat, und den clypeati. (Vgl. Waitz VIII, 116). Köhler III, 2, 31 Anmkg. stimmt Baltzer zu, daß die loricati und clypeati als getrennte Corps behandelt seien. Das ist aber aus dem Wortlaut der Quelle nicht zu entnehmen.

Ebensowenig ist auf getrennte Reiterkorps zu schließen aus Ann. Colon. maj. SS. XVII, 209 z.J. 1282, wo es von Italien heißt »occiderunt de inimicis suis 1300 clipeatos, praeter alios qui armis gravibus utebantur.« Vielleicht sind diese »clipeati« Fußvolk.[326]

Eine livländische Urkunde v. J. 1261 (zit. Köhler III, 2, 45) setzt fest, daß der Ritter 60, der probus famulus 40, der servus cum equo et plata 10 Hufen haben sollen. Wieder haben wir die verschiedenen Waffenarten, aber es folgt daraus nicht, daß sie verschiedene Corps bildeten.

An vier Stellen (I, 175. 219. II, 15. 17) spricht Köhler von »leichten Waffen auf verdeckten Pferden«. Das ist eine offenbare Unmöglichkeit. Alle vier Stellen gehen zurück auf die preußische Ordensurkunde v. J. 1285 (Cod. Warm. I S. 122; zit. Köhler II, 15 Anmkg. 3) »sepedicti teodales et eorum heredes in extrariis faleratis et armis levibus erunt obligati deservire«. Diese Urkunde wird so auszulegen sein, daß die leichten Wafen neben dem verdeckten Roß zu stellen sind.

Im engen Zusammenhang mit den vorstehenden Darlegungen stehen die an verschiedensten Stellen des Köhlerschen Werkes immer wieder aufgenommenen Untersuchungen über die Bedeutung der Worte scutarius, scutifer, armiger. Scutifer und armiger sollen im wesentlichen, wie es scheint, identisch sein,327 scutifer und scutarius aber scharf unterschieden werden (III, 2, 37, Anmkg.).

Die scutarii sind nach II p. XI die Mannschaft im Gefolge des Ritters, so weit sie über den Troßknechten (lixae) stehen. Die scutarii sind also »die Mannschaft, welche der Ritter zu seiner Bedienung mit sich führt«. III, 2, 86. Mit scutarius gleichbedeutend sind die Ausdrücke donzellus, damoiseau, valetus, servus, serviens; auch der garcio und der bubulcus sind scutarii.

Der scutifer und armiger ist ein Edelknecht oder Ritterlehrling und gehört also mit in den weiteren Begriff der scutarii. (III, 2, 86.)

Scutifer bedeutet aber auch den ausgelernten Ritterbürtigen, der noch kein Lehen hat und den Schwergewaffneten (Sergeanten?) im Besitz eines Lehens (III, 2, 19), schließlich auch den leichten Reiter unfreien Standes (III, 2, 31, vgl. III, 2, 24).

Man sieht, der Versuch scutarius und scutifer zu unterscheiden, ist Köhler selbst unter den Händen zerflossen.

Auch was Köhler über das Fußvolk und seine Entwickelung sagt, ist ja so voller Widersprüche, daß es sich selbst aufhebt. Am treffendsten dürfte die Stelle sein, wo es heißt:

(III, 3, 306.) »Das Fußvolk, wo es in der Ritterzeit überhaupt in der Verbindung mit Reiterei auftritt, ist nur eine Hilfswaffe, und daher in dieser Zeit überhaupt keine Waffe im heutigen Sinne.«

Ich fasse noch einmal zusammen, daß trotz der tatsächlichen Verschiedenheiten in der Schwere und Güte der Waffen und der noch größeren[327] Verschiedenheiten in der persönlichen Vornehmheit der Krieger doch bis ins 12. Jahrhundert das Kriegertum prinzipiell eine Einheit bildete; erst im 12. Jahrhundert differenzieren sich wirkliche Waffengattungen. Das ganz schwere Rittertum schichtet sich nach oben als der Ritterstand in engerem Sinne ab; neue kriegerisch nicht so hoch potenzierte Elemente treten in das Kriegertum ein, aber wesentlich nur als Fußvolk. Die Begleiter des Ritters, die bisher Nicht-Kombattanten waren, nehmen allmählich mehr Kombattanten-Charakter und folgen auch je nach Umständen ihrem Herrn ins Gefecht. Für die Zahlenberechnungen folgt daraus, daß bis zum 11. Jahrhundert milites und Kombattanten identisch sind; vom 12. Jahrhundert an muß man vorsichtiger sein und kann oft mit den einfachen glatten Kombattanten-Zahlen nicht auskommen, weil die Grenze zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattan ten flüssig ist.

Von wann an der Begriff der Gleve als eines schweren Reiters mit mehreren Nebenkämpfern sich gebildet hat, wage ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Der Name mag, wie Köhler will, nicht älter als 1364 sein, die Sache aber geht doch wenigstens bis ins 12. Jahrhundert zurück. JÄHNS, Gesch. d. Kriegsw. I, 295 sieht sie von Anfang an als das Charakteristikum der Feudalheere an und nennt die Kombination eines Ritters mit einem Schützen, die in den Kreuzzügen aufgekommen sei, eine »doppelte Gleve«. Es gibt jedoch keine Quellen dafür.

Der Unterschied zwischen den verschiedenen Pferden des Ritters, dem dextrarius und dem roncinus wird nicht als ein absoluter zu fassen sein. Auch der dextrarius kann einmal von dem Knappen geritten werden oder das Gepäck tragen. Die Hauptsache ist, daß der Ritter stets ein frisches Pferd zur Verfügung hat. Hat er drei Pferde, von denen er selbst das eine benutzt hat, der Knappe das zweite, das dritte als Packpferd gedient hat, so ist dies letzte, da das Gepäck gewöhnlich viel leichter ist als ein Reiter, das frische Pferd.[328]

Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 321-329.
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