Die Aufstellung bei Wien 1532.

[111] Neben den Schlacht-Analysen scheint auch eine Truppen-Aufstellung unserer Aufmerksamkeit wert, die Karl V. im Jahre 1532 bei Wien vornehmen ließ. Jovius, der im Gefolge des päpstlichen Legaten selbst zugegen war, hat uns ein ausführliches Bild davon überliefert und dafür allem Anschein nach einen amtlichen Bericht mit einer Zeichnung benutzt. Das Heer soll nach der Angabe in einem Brief König Ferdinands an seine Schwester (2. Oktober) 80000 Fußknechte und 6000 Reiter gezählt haben. Schärtlin von Burtenbach gibt 65000 zu Fuß und 11000 Reiter an; Sepulveda und Jovius 120000 Mann, davon 30000 Reiter und 20000 Schützen, wobei aber Besatzungen mitgezählt seien.

Die großen Differenzen in den Zahlen bei lauter Zeugen, die jeder Glauben verdienen würden, sind bemerkenswert; ganz unglaubwürdig sind natürlich die 30000 Reiter.

Die Aufstellung bestand darin, daß die ungeheure Masse der Pikeniere drei Mannes-Vierecke bildeten, also 140 bis 150 Mann breit und tief, in den Zwischenräumen zwischen diesen Vierecken ebenso tief die ganze Reiterei, und das ganze umgeben von einer[111] fünffachen Reihe von Schützen. Vor der Front die Artillerie, außerhalb die leichten ungarischen Reiter.

Jovius gibt als Grund dieser Aufstellung an, daß man die Reiterei nicht der Überzahl der Türken, die er auf 300000 angibt, habe aussetzen dürfen.

Rüstow hat die Sache so verstehen wollen, daß es sich um eine Defensiv-Stellung handle, die dann als »ungarische Ordonnanz« sich noch über 100 Jahre lang in den Kriegen gegen die Türken gehalten habe.

Ich sehe darin nur eine Parade-Aufstellung ohne jede taktische Bedeutung. Irgend eine Schlacht, die ähnlich aufgebaut worden wäre, ist mir nicht bekannt.

Das ganze gewaltige Aufgebot von 1532 hatte keinen positiven Erfolg, da Sultan Soliman sich scheute, es zur Schlacht kommen zu lassen, und auswich, und die Protestanten für den Kaiser keine Eroberungen machen wollten. Unter den Truppen brach wegen schlechter Verpflegung und mangelnden Soldes Meuterei aus und das Heer löste sich auf.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 4, S. 111-112.
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