III. Gegnerische Schriften.

[432] 1. An die Spitze verdient Jakob Sasportas' Bericht gestellt zu werden. Er stand inmitten der Bewegung, nahm aktiv und passiv teil daran, kannte die handelnden Persönlichkeiten und erhielt Originalschreiben von vielen Seiten. Seine Schrift darüber יבצ לבונ תציצ war ursprünglich sehr weitläufig angelegt und hatte auch die Bewegung nach Sabbataï, die Apostelgeschichte, ausführlich geschildert; aber der erste Herausgeber seiner Responsen, Meldola, der diesen Bericht zum Schluß anhängte, hat ihn, vielfach gekürzt,[432] unter dem Titel יבצ לבונ תציצ רוציק 1737 ediert. Dieses Kompendium hat dann Jakob Emden um 1752 zum zweiten Male mit kleinen Notizen ediert. Ich nenne diese Quelle Antisabbatiana. Sasportas' Bericht läßt, was Wahrhaftigkeit und Authentizität betrifft, nichts zu wünschen übrig. Er leidet nur an einem Hauptfehler, an chaotischem Durcheinander.

2. Emanuel Frances in Mantua und Livorno (geb. um 1625, st. nach 1703; s. über ihn Almanzis Biographien p. 291 f. [und die Einleitung zu םיתפש קתמ, ed. H. Brody, Krakau 1892]) hat eine poetische Satire über Sabbataïs und Nathans Schwindeleien gedichtet unter dem Titel חדומ יבצ. Diese Satire ist in der Almanzischen Bibliothek und in der Günzburgschen Sammlung handschriftlich enthalten [jetzt nach vier Hdschr. herausgegeben von M. Mortara in די לע ץבוק, B. I (1883), S. 101-128. Verff. sind Immanuel und sein Bruder Jakob Frances]. Diese versifizierte Relation enthält aber nur das Allbekannte; einige wenige charakteristische Züge sind in Prosa zu Ende der längeren Gedichte angefügt [das. (S. 133-136) unter dem Titel רוציקב יתזעה ןתנו יבצ יתבש השעמ רופס abgedruckt].

3. Eine Art Zeugenaussage ehemaliger Sabbatianer םילשוריב תודע תלבק ספוט, abgedruckt in Emdens תואנקה תרות, p. 25 a–26, ed. Lemberg 1878, p. 55 f.

4. Kurzer Bericht des Tobia Kohen Rofe in seinem Werke היבוט השעמ I, 6. Derselbe war zwar bei Sabbataïs Auftreten noch jung, aber er hat später in Italien und der Türkei mit vielen Personen verkehrt, die unmittelbare Zeitgenossen waren, und war ein nüchterner und wahrheitsliebender Berichterstatter.

5. Kurzer Bericht eines Italieners, Salomo Korfu, mit den Anfangsworten ץירפ תודלות הלאו. Dieser Bericht enthält manches, was in der anderen Quelle nicht erwähnt ist. Rabbiner Dr. N. Brüll in Frankfurt a.M. hat diesen Bericht aus einer Handschrift ediert unter dem Titel יבצ יתבש תודלות (Wilna 1879) und mit Anmerkungen versehen. Er hat auch den Namen des Verfs. ermittelt (das. S. 12). Der Bericht scheint erst zur Zeit der Chajonschen Wirren entstanden zu sein, um 1714-1715. Dieser Bericht enthält a) Sabbataïs Biographie (p. 13 f.); b) Schreiben eines Polen, Salomo aus Lublin, eines fanatischen Anhängers Sabbataïs (p. 18 f.); c) Huldigungsschreiben, welches die drei italienischen Gesandten für Sabbataï mitnahmen (p. 20 f.): d) Schreiben an Nathan Ghazati (p. 22 f.)

6. Die beiden ausführlichen Relationen, die Emden an die Spitze seines תואנקה תרות gestellt hat: תדיצ רופס חדומ יבצ und ינש חסונ, können nicht als Originalberichte gelten, sondern sind aus dem holländischen Bericht von Thomas Coenen (o. S. 429 f.) entlehnt. Die zweite hebräische Relation gibt sich ausdrücklich als Auszug aus זעול רפסמ קתעוה; nur sind die Details, die Coenen gab, weggelassen und die Färbung ist verwischt. Die erste Relation gibt sich zwar als selbständige Arbeit eines Amsterdamers aus, der verschiedene Nachrichten zusammengetragen und auch Partien von Exsabbatianern aufgenommen haben will; allein der Inhalt ist ebenfalls größtenteils Coenen entlehnt.

7. Die Schrift תומולח ץק רופס oder יבצ תוערואמ zähle ich nicht zu den Quellen. Es ist ein erbärmliches Machwerk und enthält lauter Ungereimtheiten, romanhaft zugestutzt. Jost hat sich von diesem Machwerke in der Geschichte des Judentums geradezu narren lassen und dadurch die Leser irregeführt. Auch das Lied von Jakob Tausk, Prag 1666, »vom Maschiach« [433] in jüdisch-deutschem Jargon ist ganz wertlos. Man sollte doch endlich einmal aufhören, diese und andere Libelle, wie die ausführliche Relation von dem neu entstandenen Propheten (o. S. 430), oder einzelne Flugblätter als wichtige Quellen aufzuführen und Novizen oder Bibliomanen zu mystifizieren.

Aus der kritischen Vergleichung der Angaben in den authentischen Quellen lassen sich die Züge dieser so überraschend um sich greifenden und nachhaltigen sabbatianischen Bewegung und besonders ihr allmähliches Wachstum treu zusammenstellen.

1. Sabbataï Zewis Geburtsjahr. Die meisten der genannten Quellen setzen sein Geburtsjahr ו"פש 'ה = 1626. Die Apokalypse (II, 4 und Sasportas p. 11 a) läßt dieses Jahr geradezu verkünden: דלונ ןב הנה יבצ יאתבש ומש ארקיו ו"פשה תנשב יבצ יכדרמל. Nur hin und wieder hat eine Quelle 1625. Ich bemerke dieses nur, weil Jost sich von dem genannten Machwerke verleiten ließ, dessen Geburtsjahr 1641 anzusetzen. – Der 9. Ab, der Fasttag, galt als sein Geburtstag, bei d'Arezzo und de la Croix: S. S. est né le 9 Juillet 1626. Über seine Jugend, seine Beschäftigung und seinen Hang zum Extravaganten ist Coenen die Hauptquelle, zum Teil auch bei Cuenqui und d'Arezzo.

2. Bedeutung Smyrnas zu seiner Zeit und Stellung seines Vaters. Dafür ist de la Croix' Bericht interessant (II, p. 261): Sultan Ibrahim fut installé au trône, il s'éleva une grande guerre entre cet empereur et la république de Venise, laquelle interrompit le commerce de Constantinople et obligea plusieurs marchands francs de se retirer à Smyrne et d'y transférer leur négoce. Les Juifs, qui estoient alors en petit nombre dans cette ville et fort misérables, s'enrichirent avec ces marchands, entr'autres Mardechai Sevi, lequel attribuant sa fortune et celle des autres Juifs aux mérites et aux prières de son fils (Sabbathai), lui acquit une si grande réputation parmi sa nation, que dès lors tous les Juifs conçurent une singulière vénération pour lui; (das. p. 315): Les Juifs sont l'âme du commerce de cette ville, ils ont entre leurs mains toutes les facultés des Turcs et des étrangers. Wichtig ist auch, was Ricaut von seinem Vater schreibt. Sabbathai Sevi estoit fils d'un Smirnois goutteux et infirme, qui n'avoit point d'autre profession que d'un courtier d'un Marchand anglais de la ville. Ebenso die anonyme Quelle aus Galata (I, 5, p. 462). Er stammte aus Morea, war ursprünglich Federviehverkäufer und später in Smyrna Sensal englischer Kaufleute. Im Hause der Engländer scheinen Vater und Sohn von der Schwärmerei angesteckt zu sein, daß das sogenannte apokalyptische Jahr 1666 ein messianisches Jahr für die Juden werden würde. Ricaut im Anfang der Erzählung: L'année 1666 devoit selon les prédictions de plusieurs Auteurs chrétiens surtout de ceux, qui se mêlent d'expliquer l'Apocalypse, estre une année de miracles et d'étranges révolutions. Elle devoit en particulier estre une année de bénédictions pour les Juifs, dont elle promettoit ou la conversion en la foy chrétienne ou le rétablissement dans la Palestine. Sehr richtig spielt derselbe darauf an, daß dieser Wahn der Christen einen messianischen Enthusiasmus entzündet hat. Des Fanatiques et Enthousiastes, qui ne parloient que d'une cinquième monarchie, de la grandeur prochaine du peuple d'Israel, en furent infatués, que selon les apparences leur entestement donna lieu au mouvement des Juifs.

[434] 3. Diese phantastisch-messianische Hoffnung ist niedergelegt in der Schrift: Rappel des Juifs 1643, anonym, aber wie Richard Simon bezeugt, von Isaak La-Pereyre; in Heinrich Jesses' De Herrlichkeit en Heyl van Jehuda en Israel 1653 und in Paul Felgenhauers Bonum nuntium Israel 1655. Manasse Ben-Israel schreibt darüber (in einem Briefe an Felgenhauer, zu Ende des Bonum nuntium): Quin et praedicatorum istorum haud contemnendus numerus mihi ipsi per litteras innotuit, quae e diversis mundi partibus ad consolandam Sionem prodierint. Inter alios viros nobilitate et doctrina insignes ... ex Silesia Abraham a Frankenberg, ex Borussia Joh. Mochinger; ex Gallia autorem libelli ... du Rappel des Juifs. Ex Anglia quis non? Nuper auctoritate publica Nathanael Homesius librum ... edidit ... de hac ipsa materia et Dr. H. Jesse belgico idiomate de Gloria Jehuda de Israelis publice dedicavit. – In der Erklärung an Cromwell und das Parlament bemerkte Manasse Ben-Israel ganz ohne Scheu: My second motive is, because the opinion of many Christians and mine do concur herein, that we both believe, that the restoring time of our Nation into their native country is very near at hand. Dieser Punkt muß ins Auge gefaßt werden, wenn man den messianischen Taumel erklärlich finden will, der fast die ganze Judenheit und auch Christen ergriffen hat. Die Juden wußten allerdings nichts von dem Apokalypsenjahre 1666, sie hielten sich vielmehr an das messianische Jahr im Sohar 1648 (I, p. 139 b): לכ ןימיק ויהי ... ןינש אירנתו תואמ עברא ןמזל יאתיתש ףלאבד ת"אזה לבויה תנשב ביתכד ונייהו ... ןוהמויקב ןורפע ירייד ובושת ח"תו םיפלא ’ה אוהש ת"אזה םלתשישכ ’וכו שיא ובושת ןתמשנ לא ... ותזרחא לא שיא. Die Stelle ist wahrscheinlich im Sohar interpoliert; denn Mose de Leon gab eine seiner Zeit näher liegende messianische Zahl an (s.B. VII4, S. 445); allein sie wurde von den Kabbalisten, d.h. von allen, als echt angesehen, und darum ist das Jahr 1648 mit Spannung erwartet worden. Das messianische Jahr 1666 dagegen ist ohne Zweifel erst aus christlichen Kreisen zu den Juden – oder richtiger zu Sabbataï gedrungen.

4. Sabbataï Zewi hat sich zuerst seinem Kreise 1648 als Messias offenbart, und zwar durch das Aussprechen des Tetragrammaton. Coenen berichtet (p. 14), daß er sich zum zweiten Male in Smyrna 6. Tebet = 14. Dezember 1665, 17 Jahre nach seiner ersten Offenbarung, als Messias erklärt hat, d.h. 1648. Ebenso bemerkt Joseph Levi von Livorno (bei Sasportas, p. 38 a) d.d. 1667, daß es 18 Jahre her sind, seitdem Sabbataï Zewi in Smyrna wegen seiner messianischen Phantasterei zum ersten Male verfolgt worden sei: רימזאב והופדר רשאכ הנש ח"י ול חז; s. Sasportas p. 2a: רמול ויפ חתפש בוריקב הנש םירשע ומכ םויהו ויתויתואב 'ה תא הגהו אנא אחישמ. Diese 20 Jahre sind von 1668 oder 1669 zurückzurechnen. Auch in Quelle III, 5, S. 13.

5. Seine Anziehungskraft bestand 1. in seiner schönen Gestalt, worin die Quellen übereinstimmen, und auch das vom Editor des Coenenschen Werkes beigefügte Porträt veranschaulicht sie (das zu den verschiedenen Ausgaben der Schrift Liber de tribus impostoribus beigefügte Bildnis ist eine Karikatur); 2. in seinem mystischen Wesen und 3. in seiner angenehmen Singstimme. Er pflegte, was noch nicht bekannt ist, sogenannte mystische Lieder auch in nichthebräischer, d.h. spanischer Sprache zu singen. Nathan Ghazati erzählt [435] von ihm in םינינתה שורד (Ms. Halberst. A, Bl. 80 v.): שדק ריש ה"רימא ררושמ היה ... (תודוס) ולא םינינע לעו זעלב םישדק. Coenen erzählt noch etwas Frappanteres, daß Sabbataï Zewi ein spanisches Liebeslied zu singen und es auf das Hohelied in mystischer Deutung anzupassen pflegte; p. 37 ist das Lied mitgeteilt: songh hy een Spaensch Liedeken ...


Opklimmende op een bergh,

En nederdalende in een Valey,

Ontmoette ick Melisselde,

De Dochter van den Keyser,

Dwelque quam uyt de banye,

Van haer de wasschen.

Haer aengesichte was blinkende,

Als een deegen,

Haer oogh-leden als stolen boge,

Haer lippen als coraelen,

Haer Vleesch als Melck etc.


Übersetzung:


»Aussteigend auf einen Berg und herabsteigend in ein Tal, begegnete ich Melisselde, der Tochter des Kaisers, welche aus dem Bade kam, um ihr Haar zu waschen. Ihr Antlitz war glänzend wie ein Degen, ihr Augenlid wie ein Bogen von Stahl, ihre Lippen wie Korallen und ihr Fleisch wie Milch.«

Nicht seine Geistesüberlegenheit, wie gewöhnlich angenommen wird, hat ihm so viele Anhänger verschafft, sondern eine gewisse Grazie seines Wesens, verbunden mit Mystik und Ernst in seiner Jugend. Die holländische Quelle (l.c.) berichtet (p. 6) en de gratie, die hy hadde, om de harten te winnen (und die Grazie, die er hatte, um die Herzen zu gewinnen). Man macht zu viel Wesens mit seinen Anlagen und seinen Kenntnissen. Tatsächlich zeigt sich keine Spur davon; es gibt keine Schrift, deren Autorschaft ihm unbedingt vindiziert werden könnte (vgl. weiter). Auch daß er sich in der Jugend der zwei nacheinander geheirateten Frauen enthalten hat, wie die meisten Quellen berichten, kam ihm zu statten. Seine Anhänger erzählten noch, sein Körper habe einen angenehmen Geruch verbreitet (bei Sasportas und Coenen).

7. Seine ersten Jünger, denen er sich 1648 zuerst offenbarte, waren Mose Pinheiro, Isaak Silveyra und Mose Calmari (?). Cardosos Sendschreiben an Samuel de Pagas (Quelle II. 3, Anf.): ורייניפ השמ ... םכחה ... תוהלאה דוס ויריבחו וברמ רימזא ריעב י"תה תנש לבק הריוליש םכחהו יראמלאק השמ ולבק ומעו והומכו. Über M. Pinheiro (Sasportas 2 b): ... יאבג הידידי 'הכ ןקזה יל דיגהו ויריבחל הדינו (יבצ יתבש) ותוא םירחה (אפקסיא ףסוי) ברה יכ םיטונ ויהש ויבאו ורייניפ השמ ר"רוהמכ םכחה היה םהמ דחאו לצא דמל אוהו שרוגמכ ונרוילל אב ורייניפ השמו ... וירחא יאתבש; (das. p. 38a): אוהו ורייניפ השמ ומש לכסו יתפ שיא יבצ יאתבש יריבחמ היה (nebenher sei bemerkt, daß Pinheiro in Livorno Schwager des orthodoxen Kabbalisten Joseph Ergas geworden ist, Einl. zu Respp. ירבד ףסוי). Silveyra mit dem Vornamen Isaak wird bei Coenen p. 45 als erster Anhänger angeführt unter denen, an welche S. Zewi Kronen verteilt hat. – Diesen und anderen Jüngern, die zu ihm, wie zu einem höheren Wesen hinaufblickten, offenbarte er sich zuerst 1648 als Messias und sprach das Tetragrammaton aus, wie es die Quelle [436] bei J. Emden, p. 2 a richtig angibt. Coenen berichtet, er hätte noch dazu den Vers: ןוילעל המדא בע יתמב לע הלעא im Munde geführt. Anderen blieb seine Offenbarung geheim. Aus der oben zitierten Angabe von Cardoso ergibt sich, daß er noch mit Pinheiro 1650 in Smyrna war. Erst später ist sein Treiben mehreren und auch dem Rabbiner Joseph Escafa zu Ohren gekommen, und damit begann seine Verfolgung. Worin diese bestand, ist nicht ganz klar. Coenen berichtet, Escafa habe geraten ihn zu töten, niemand habe aber gewagt, Hand an ihn zu legen; darauf sei er verbannt worden und habe die Reise nach Salonichi angetreten (p. 8). De la Croix ein wenig verschieden: il osa prononcer le nom de Dieu ... cette témérité étonna si fort tous les Rabbins, que l'on lui fit commander de se transporter à Constantinople pour rendre raison de ses actions au tribunal supérieur et recevoir la punition de son crime. Sevi résolut ... de se retirer à Salonique. Cuenqui und d'Arezzo, die Sabbatianer, wollen nichts von Sabbataïs Verbannung aus Smyrna wissen, sondern stellen es so dar, als habe er sich freiwillig direkt aus Smyrna nach Jerusalem begeben, was aber falsch ist. Denn die meisten Quellen lassen ihn von Smyrna nach Salonichi gehen, die holländische Quelle (I. 5, p. 462) fixiert das Datum auf 1654, die Quelle im Theatrum Europaeum dagegen: ungefähr vor 15 Jahren von hier (Smyrna) verjagt worden; das wäre 1666-15 = um 1651.

7. Von seinem Aufenthalt in Salonichi erzählt de la Croix (p. 267) eine schnurrige Geschichte: Il fit assembler tous les principaux Rabbins ... auxquels il fit un festin magnifique; au milieu du repas il demanda les livres de l'écriture sainte et fit venir des prestres ... il leur commanda de faire la cérémonie du mariage ... Sevi leur dit, que la sainte écriture est l'épouse de ceux, qui aiment la vérité, et que c'étoit pour solemniser les épousailles, qu'il les avoit conviés. Diese Schnurre paßt sehr gut zu seinen mystischen Torheiten. Wie lange er sich in Salonichi aufgehalten, und wohin er sich von da begeben hat, darüber differieren die Quellen. Ricaut (p. 172): Il passa (de Salonique) d'abord en Morée, de là à Tripolis de Syrie, ensuite à Gaza et enfin à Jerusalem; Coenen (p. 10, 11): von Salonichi nach Athen, nach Morea, von Griechenland verjagt, nach Alexandrien, nach Gaza ... Eine andere Route gebende la Croix und der holländische Bericht aus Galata an. Der erstere (p. 268): von Salonichi Rückkehr nach Smyrna, von da nach Konstantinopel, wo er einen Humbug mit einem Fische getrieben hatte, den er wie ein Kind in eine Wiege gelegt mit der Angabe, Israel werde unter dem Zodiakalzeichen der Fische erlöst werden; dort von den Rabbinern gezüchtigt, habe er sich mit einem Rabbiner Elia Carcadchioné und einem jerusalemischen Sendboten David Capio verbunden. Zuletzt aus Konstantinopel gewiesen, sei er vor 1659 (nämlich vor dem Brande) zum zweiten Male nach Smyrna zurückgekehrt und bis 1662 daselbst geblieben, bis er sich freiwillig nach Jerusalem begeben, wo er drei Jahre geweilt habe. Ähnlich die zweite Quelle (p. 7): von Thessalonica habe er die vornehmsten Städte Griechenlands besucht, dann sich nach Konstantinopel 1658 begeben, darauf Rückkehr nach Smyrna, von da nach Kairo, wo er zwei Jahre geweilt. Ganz anders die deutsche Quelle (im Theatr. Europ.): von Smyrna nach Konstantinopel, von da nach Salonichi; wie er sich da aber nicht sicher gefunden, sei er weiter nach Kairo entflohen, daselbst seien der Sultan und der Oberzöllner beide seine guten Freunde gewesen, bei denen er sich [437] aufgehalten, bis er endlich über Gaza nach Jerusalem gekommen sei. Die Verschiedenheit liegt in dem Wirrwarr der späteren Nachrichten über seine Wanderungen. Sicher ist wohl, daß er sich zuerst nach Salonichi, der Kabbalistenstadt par excellence, dann nach Konstantinopel und endlich über Athen, Morea nach Alexandrien und Kairo begeben hat. Daß er nach Smyrna zurückgekehrt sei (und gar zweimal) ist unwahrscheinlich, da er dort unter dem Bann lag. Falls es geschehen ist, kann es nur heimlich gewesen sein.

8. Wichtig ist nur sein Aufenthalt in Konstantinopel und Kairo. In der ersteren Stadt machte er Bekanntschaft mit einem Manne, der seine Mystifikationen sehr förderte, mit Abraham Hajachini oder Jachini. In dem Katalog seiner Anhänger bei Coenen (p. 45 und auch in einigen Sekundärquellen) ist nächst Silveyra aufgeführt, Abraham Ajakhimi (l. Ajakhini), den er zum König Salomo erkoren hat. Wie Sasportas als ganz bestimmt referiert, war dieser der Verfasser jener Apokalypse (Qu. II, 4 f.), die mit unverschämter Genauigkeit S. Zewis Geburt und Messianität prophetisch verkündete: ינאו הנש 'מ רוגס יתייהש רחא םהרבא ינאו ידוד לוק הנהו תואלפה ץק היהי יתמ ... לודגה ןינתה לע האתשמ יאתבש ומש ארקיו ו"פשה תנשב יבצ יכדרמל דלונ ןב הנה קפוד 'וכו יתמאה חישמה אוהו ... יבצ. Dazu bemerkt Sasportas (p. 12 a): ... ... םכחה אוה ... ל"נה םהרבאש עדונ םימי רחא צ"ש םע רשקב היהש אוה אניטנאטשוק ימכחמ יניכיה םהרבא םידיעמ םלוכש ל"נה םכחה לש ותעדב הלע המ עדונ אלו ןתנו לעו אניטנאטשוקב והומכ ןיא רשא םוצע ןשרדו ותמכח לעו וילע היה אלו אניטנאטשוקבש םעה ןומה לכ וירחא םיררגנ ויה הז שינעהל םימכחה דיב תלוכי. Später soll S. Zewi ausgesagt haben, Jachini habe ihn zum Schwindel verführt, das. p. 35 b: לכ יל םרג אוהש םירבא םירבא השעי וניכי םכחהו וירקשו ויבזכב הלאה םירבדה. Wenn diese Selbstanklage auch unecht ist (s. weiter), so bezeugt doch damit das Rabbinat von Adrianopel (welches diese Mystifikation der angeblichen Selbstanklage veranlaßt hat), daß Jachini in Konstantinopel sein Verführer oder wenigstens sein Mitschuldiger war. Von diesem Jachini berichtet Asulaï (I, p. 6 a, Nr. 58): ’מ דימלת יניכי םהרבא ,םהרבב לשא – תוכלמ דוה – םירומזמ נ"ק רבח ינארטמ ףסוי אתפסותה לע רואב הבורמ תפסות ’סו. In der Leydener Bibliothek sind einige Originalschreiben von ihm vorhanden, die er an den Patrizier Warner, den Sammler hebräischer Manuskripte, gesandt hat (Katalog Leyden, p. 290 f.): wahrscheinlich hat er für Warner Manuskripte angekauft. Diese Originalschreiben zeigen eine sehr schöne hebräische Schrift. Jachini war demnach Prediger und Kalligraph, und so spricht alles dafür, daß er die erwähnte Apokalypse von dem Einsiedler Abraham fabriziert und S. Zewi in die Hand gespielt hat. Es wird sich später zeigen, daß sie einen antiken Duktus und Charakter hatte. – S. Zewi war demnach gewiß in Konstantinopel und zwar um 1658.

9. S. Zewis Aufenthalt in Kairo ist von besonderer Bedeutung. Einige Quellen sagen es ausdrücklich, daß er zweimal in Kairo gewesen, und die Differenzen der übrigen lassen sich dadurch ausgleichen. Hier lernte er den »Oberzöllner« kennen, der sein Freund wurde, wie die deutsche Relation im Theatr. Europ. berichtet. Es war der Zaraf Baschi12 Raphael Joseph, [438] oder, wie ihn de la Croix noch nennt, Chelebi, und d'Arezzo: רבזג םירצמב יבלצ ףסוי לאפר םמורמה רשה ךלמה (d.h. aus Haleb gebürtig). Auch dieser war ein wichtiges Glied in dem messianischen Schwindel. Wir besitzen nähere Nachrichten über ihn. Er war, obwohl sehr reich, ein Asket und in die Kabbala vernarrt. Er unterhielt 50 Kabbalisten an seiner Tafel, und an ihrer Spitze stand einer der Söhne des berüchtigten Chajim Vital Calabrese (s. Asulaï I, p. 29 a). Über Raphael Joseph berichtet Raphael Sosino von Livorno (bei Sasportas, p. 17 b): דמועה ףסוי לאפר רשהו ילעב םישמח ונחלוש לע םילכוא םירצמב ישאב ףארצל םויה ברה ןב םהילעו .תודוסבו הלילו םמוי הרותב םיקסוע הארוה תינעתו הליבטו םוצב ךלהתמ הבושת ינוקת לע אוהו .לאטיו םייח תוקלמו תוקספהב. Der Verf. des םלוע תוערואמ oder רופס םירבד, der von ihm unterstützt wurde, berichtet über ihn bei Erwähnung seines Todes (p. 27 b): רש גרהנ לע תוצמ לוע אשנ רשא ... ףסוי רב לאפר םכחה ... םירשה דימת ח"תו םירצמ ץראו לארשי ץרא תובישיב קיזחמ היהו ומכש וימי לכ היהו ... בשו רבוע לכל חותפ ותיבו ונחלוש לע םילכוא יצחבו .םינוערז לכוא אוהו םינדעמל םילכוא ותיב ישנא .תינעתב קש היהו ותוא ןיקלמו לבוט היה יכ הרותב קסועו םק היה הלילה םולשב אציו םולשב סנכנ וירחא ךלמה חלשו ... ורשב לע וב ואנק ... ותלודג בורמו .ותלשממו ונתיאל רזחו תוכלמ שובלב ט"כת םיפלא 'ה םחנמ שדוחל 'ו םויב והוגרהו םיברוא וילע ומשו ףפותסמ יתייה ולצ תחת ... וישמשממ דחא יתייה ריעצה ינאו .... Sasportas hat sich die lügenhafte Nachricht über Raphael Joseph, daß er ein industrieller Betrüger gewesen und später zum Islam übergetreten sei, aufbinden lassen (p. 3 a). – Wenn wir die von mehreren Quellen angegebene Zahl annehmen, daß S. Zewi zwei bis drei Jahre in Jerusalem (d.h. 1662-1665) und zwei Jahre in Kairo weilte (I, 5, p. 462), so geschah dieses um 1660-1662, ungefähr zwei Jahre nach seiner Abreise von Konstantinopel.

10. Von Kairo kam er nach Jerusalem, ob über Gaza oder, wie wahrscheinlicher, zu Schiff über Jaffa, ist gleichgültig. Über sein Treiben in Jerusalem Sasportas (2a unten): קסעתמ היה םשו שדקה ריעל ךלה ... ןילי םירוצנבו תורבקה תיבבו ... האמוטה תומשו שדקה תומשב ’ר לש ורבקמ אצוי לוקה תא עמש אוהש דיעה ומירפ לאומשו ... לודגה רזעילא; vgl. das Zeugenverhör p. 25 b. Die holländische Quelle aus Galata (I, 5, p. 462) erzählt: S. Zewi pflegte den Kindern auf der Straße Näschereien zu reichen, wurde daher von ihnen oft verfolgt und »Heiliger Vater« genannt. Dieselbe Quelle gibt auch richtig an, daß er von Jerusalem aus eine zweite Reise nach Kairo machte, um Almosen zu sammeln. De la Croix erzählt ungefähr dasselbe mit einigen Nebenumständen (p. 273 f.): Sevi fut destiné pour l'Egypte pour recueillir des aumônes ... Nathan voulut devancer son arrivée en Egypte par une lettre, qu'il écrivit à Raphael Chelebi, chef des autres Juifs. De la Croix teilt sogar diesen Brief mit. Dann müßte S. Zewi mit Nathan Ghazati vorher bekannt gewesen sein, was anderen Angaben widerspricht. Abraham Cuenqui, der damals S. Zewi zum ersten Male bei seiner Reise nach Kairo in Hebron kennen lernte, ist der beste Zeuge für dieses Faktum.

[439] Durch den Brand ist zwar gerade diese Partie defekt (p. 17a Lücke); aber der Zusammenhang ergibt, daß die Jerusalemer Gemeinde abermals durch Gelderpressung heimgesucht wurde, Raphael Chelebi in Kairo um Hilfe anflehen wollte und für den geeignetsten zu dieser Sendung S. Zewi hielt, weil er bei ihm beliebt war: לאפר ףסוי רשה היהו .הרזעל ונפי הנא ועדי אל ?ונל ךלי ימו חלשנ ימ תא ורמא .םירצמ ץראב לודג רש אוהש ךלי יבצ יתבשש רשפאב היה םא הרבחהמ דחא הנע ... ןכומ יננה םהל בישהו ... רשה יניעב בוהא אוה יכ ונתוחילשב ףסוי רשה לצא חראתנו םירצמל עסנ דימו הזעל סנכנ ... ןמוזמו 'וכו לאפר. Zum Behufe dieser Sendung reiste er nach Kairo; darauf bezieht sich das auf ihn gemünzte Sprichwort: er reiste als Sendbote ab und kehrte als Messias zurück: חישמ אבו חילש ךלהש הטושה הז (bei Emden 17b, Note von Moses Chagis). In Kairo erhielt seine Messianität das rechte Relief.

11. Cuenqui und de la Croix, oder richtiger dessen sabbatianischer Gewährsmann, berichten übereinstimmend, daß er auf seiner Gesandtschaftsreise nach Kairo seine messianische Frau Sara geheiratet hat, die durch ihre Exzentrizität ihm selbst Vertrauen zu sich und Selbstbewußtsein eingeflößt hat. An diese aus Polen stammende Frau haben sich manche Sagen geknüpft. Sasportas und die hebräische Quelle bei Emden (III, 6, p. 3) haben Tatsächliches zusammengetragen: von ihrer Verwaisung infolge der Kosakengemetzel, ihrer Erziehung in einem Kloster von ungefähr dem 7. bis zum 16. Jahre, ihrer Flucht aus dem Kloster nach dem Begräbnisplatz, dem angeblichen Zeichen vom abgeschiedenen Geiste ihres Vaters an ihrem Leibe, ihrer Beförderung nach Amsterdam und ihrer Schönheit. Daß sie sich unzüchtig benommen hat, berichtet Sasportas (p. 2 b): התוא ריכמ ... ינאו בל תרסח הרענ הנש ד"י ומכ םויה ... םדרטשמא ריעב רבעשל הכלהו ... חישמה ךלמל אשנת איהש תעד ףוריטב תרמוא התיהש םכחה יל בתכ רשאכ לכל תרקפומ התיה םשו ונרוויל ריעל הל הפי תיארנ התיהו ... יולה ףסוי ’ר ר"רוהמכ. Auch die holländische Quelle aus Galata (I, 5, p. 462) nennt sie: een publycque Vrouwe, Lighte-Koy (Lustdirne); (p. 8) ongebonden Vrouw, zügellose Frau; Coenen etwas milder (p. 11): er heiratete eine polnische Frau aus Mantua, von der man sagt, daß sie nicht unbefleckt war. Die erstgenannte holländische Quelle fügt noch manches hinzu, daß sie behauptet habe, weil sie für den Messias bestimmt sei, dürfe sie nicht heiraten, und es sei ihr ausnahmsweise gestattet gewesen, inzwischen ihren Geschlechtstrieb außerehelich zu befriedigen. S. Zewi habe sich auf das Beispiel des Propheten Hosea berufen, dem ausdrücklich befohlen war, ein buhlerisches Weib zu heiraten. Ebenso Ragat de Weile (Theatrum lucidum lat., p. 49 f., deutsch p. 54), der sie gesehen hat. Quandoquidem ego ... ab aliquo annorum spatio personam hanc supra Francofurtum in urbe Hanoviensi oculis conspexerim ... reginam hanc imaginariam scortam ... sordidam fuisse, habitasse Francofurti, Hanoviae, Mantuae, peragrasse loca plurima. Nur hat er die Variante, daß sie ein polnischer Edelmann nach dem Tode ihrer Eltern erzogen und adoptiert, und daß sie ein Geist nach Persien entführt habe. De la Croix nennt sie Maria statt Sara. Sie hat demnach die Reise von Amsterdam über Frankfurt, Mantua und Livorno gemacht. Sachgemäß erzählt Sasportas, daß S. Zewi von ihr und ihrem exzentrischen Wesen in Kairo erfahren und sie von dort habe kommen lassen. Es ist denkbar, daß Mose Pinheiro, welcher sich in Livorno [440] aufgehalten hat (o. S. 436), ihr Kunde von ihm und ihm von ihr gegeben hat. Dieses exzentrische, laszive Weib hat seine messianischen Phantastereien bestätigt und durch ihr Wesen ihm Anhänger geworben. Vgl. das Zeugenverhör bei Emden, p. 25 b. Durch diese Frau in den Augen Raphael Josephs und seines Kreises als Messias anerkannt, kehrte er aufgeblasen nach Jerusalem zurück.

12. Im Widerspruch mit den meisten Quellen berichtet Cuenqui, daß S. Zewi erst auf seiner Rückkehr von Kairo nach Jerusalem in Gaza die Bekanntschaft mit seinem Elia, Nathan Ghazati, gemacht habe (p. 18a): סנכנ רשאכ יהיו ותשא םע םירצממ רזח צ"שו םויה יהיו לארשי לש ןעישומ והז לודג לוקב איבנה ןתנ ארקיו הזעל. Da Cuenqui in dieser Zeit und in dieser Gegend gelebt hat, so verdient seine Relation den Vorzug; sie wird von d'Arezzo unterstützt, der ihn ebenfalls erst nach der Rückkehr nach Gaza mit Nathan bekannt werden läßt: הזעל ותרזחב. Cuenqui gibt aber an, Nathan habe S. Zewi jene Abrahamische oder Jachinische Apokalypse, die er in altertümlicher Schrift auf halbvermodertem Material gefunden, gezeigt und dadurch ihn in seiner Messianität bestätigt (p. 18 b): ((ןתנ) ול רמא דלונ ןב הנה ... ךממ ליחתמה רחא רפס יל ןתנ איבנה הילא בורמ יולב ריינו דאמ תינומדק הביתכ ו"פשה תנשב יבצ יכדרמל םימיה. Eideshalber soll S. Zewi vor dem Rabbinate von Adrianopel ausgesagt haben, daß ihn Nathan durch die angeblich alte Schrift verführt habe (Sasportas p. 35 b): אצמש רמאש ול שיש ןטק רפס םע יתזעה ןתנ דלונ ןב הנה וב בותכ היהש הנש ק"תמ רתוי בר ןמזמ ןומט ותוא יתתפתנו ... ימש בתכו בותכ היהש המ םש קחמו ... יבצ יכדרמל ונממ. Diese Schrift muß also eine Rolle bei der Bekanntschaft zwischen S. Zewi und Nathan gespielt haben. Nur läßt es sich nicht denken, daß Nathan ihn damit betört hat, einmal weil Jachini der Verfasser derselben war und S. Zewi sie aus Konstantinopel mitgebracht hat (o. S. 438), und dann war Nathan bei ihrer Bekanntschaft etwa 20 Jahre alt. Denn Coenen, der ihn in Smyrna gesprochen hat, schrieb über ihn 1667 (Ende): Nathan ... welcke is een Jongelinck van twee en twintingh Jaren, also um 1665 erst 20 Jahre, während S. Zewi damals noch einmal so alt war. Sollte sich der bereits geriebene Mann von dem Jüngling haben verleiten lassen? Das Richtige ist wohl, daß S. Zewi, welcher in Nathan einen exzentrisch kabbalistischen Jüngling kennen gelernt hatte, ihm jene angeblich antike Apokalypse in die Hände gespielt und seine Phantasie erhitzt hat. Nathan verkündete ihn seit der Zeit als den wahren Erlöser. – Nathans Porträt schildert die holländische Quelle aus Galata (p. 4) gar nicht vorteilhaft: »Er war blaß, mager, streng, triefäugig, kahl, mißgestaltet und unansehnlich.«

13. Da nach seiner Rückkehr nach Jerusalem der messianische Taumel und die Reibungen mit dem Rabbinate begannen, so kann diese nur im Laufe des Jahres 1665 erfolgt sein. So wird auch im Zeugenverhör angegeben (p. 25 b): הליג ה"כת תנשבש יתעמש םג דוד ןב חישמ אוהש (םלשוריב) ומצע לע צ"ש. Das. תנשב םילשורי תא ולבלבו ןתנו צ"ש ואבשכ ה"כת. Auch Nathan prophezeite in diesem Jahre, daß S. Zewi in einem Jahre und einigen Monaten den Sultan entthronen werde. Es ist indes zweifelhaft, in welchem Monate er diese angebliche Prophezeiung zuerst ausgesprochen hat. Ricaut nennt den Monat Kislew (p. 173): Nathan eut la hardiesse de prophétiser, que dans un an, à compter du dix-septième du mois de [441] Kislev (qui répond à notre mois de Juin [Janvier?]) on verroit le Messie paraître devant le grand seigneur, le priver de sa couronne et le mener en triomphe et chargé de chaînes. Cardoso referiert, die erste Offenbarung sei am Pfingstfeste 1665 erfolgt (Ms. Halbst. A, p. 113 v.): ה"כתה תנשב תועובשה גחב הלגנש היה ןכו; ebenso d'Arezzo mit dem Zusatz, Nathan habe seine erste Prophezeiung wie ein Rasender, mit schäumendem Munde, beinahe entseelt hervorgestoßen. Dagegen hat Nathan später, allerdings als er öfter dementiert worden war, in Venedig ausgesagt, er habe am 25. Elul 1665 die erste Offenbarung gehabt (Resp. Samuel Aboab רבד לאומש nach einem Flugblatt): ה"כת הנש לש לולאב ה"כב ןב תוכלמ הלגתת ןיחרי תצקו הנשל ןאכמ תזרכמ זורכ יתעמש דוד (s. Sasportas p. 3a). Diese Angabe ist um so verdächtiger, als S. Zewi in diesem Monate wahrscheinlich bereits nach Smyrna zurückgekehrt war. Es bleibt aber ungewiß, in welchem Monat er von Kairo nach Jerusalem zurückgekehrt ist. De la Croix und Cuenqui lassen ihn – durch Nathans Lärmschlagen hervorgerufen – im Triumphe in Jerusalem einziehen. Mit dem Rabbinat geriet er in Konflikt. Sehr gut fügt sich das hier ein, was die Quelle im Theatr. Europ. referiert. S. Zewi habe aus Ägypten (Kairo) 4000 Taler mitgebracht; weil er diese auf seiner Reise verteilt habe, habe er die Rabbiner so sehr in Harnisch gebracht, daß sie ihn steinigen wollten und ihn der Gotteslästerung beschuldigten; deshalb habe er Jerusalem verlassen. In der Tat muß es die Rabbiner gekränkt haben, welche bis dahin die Distributeure der Almosen waren, daß ein Laie sich diese Befugnis angemaßt und die Gelder unter seine Anhänger verteilt hat. Nun kam hinzu, daß er sich in Jerusalem als Messias ausgab und sich als solchen von Nathan verkündigen ließ, auch sonst Alfanzereien getrieben haben mag. Kurz, er wurde in den Bann getan, wie Coenen (p. 11) und Mose Galante erzählen. Daß er, wie Coenen und Ricaut referieren, den Fasttag des 17. Tammus schon in Jerusalem abgeschafft habe oder, mit de la Croix, daß er im Gebete für sich den Segensspruch (ךרבש ימ) habe anbringen lassen (p. 287), ist sehr unwahrscheinlich, da er erst später mit diesen messianischen Reformen aufgetreten ist. Die holländische Quelle aus Galata (Anfang) erzählt eine lange Geschichte, daß ein verzücktes Mädchen von 16 bis 18 Jahren mit Erlaubnis ihres Vaters nach Jerusalem zu S. Zewi eilte, um seine Messianität zu verkünden. In den Bann legte ihn Jakob Chagis mit seinem Kollegium (Mose Chagis' Annotation zu Cuenquis Biographie das. 18 b): םרחב אקתיפ ול וחלש ד"בו יבא ינודא ךכו ... השעי םאד תוטש רבד םוש תושעלמ ... רהזיש רומח יבא ינודא רמוא היהש יטנאלאג מ"רהומ .. ינכז ... יפמ יתעמש אריתמו רמשנ אוהש הז אוה חישמ המ ואר הצלה ךרדב ל"ז .ילש םרחהמ

Jakob Chagis war allerdings damals die angesehenste Autorität in Jerusalem. Das Zeugenverhör (a.a.O.) gibt zwar zu verstehen, als wenn seine Hauptgegner die Kabbalisten Jakob Zemach, Abraham Amigo (l. וגימא st. אגיוא) und Samuel Ibn-Zahan gewesen; aber diese hatten keine rabbinische Autorität. Sie haben, wie die Quelle eigentlich angibt, sich's viel kosten lassen, um ihn aus der Stadt zu weisen: דע בר ןוממ ורזפ םילשורימ (ןתנו צ"ש) םתוא ושרגש. Was damals in Jerusalem vorging, ist nicht bekannt geworden. Der Bann scheint keine Wirkung hervorgebracht zu haben; denn S. Zewi hatte dort viele Anhänger. Selbst Mose Galante, Chagis' Schwiegersohn, gehörte zu seinen Anhängern (Zeugenverhör das.) [442] םהרבא ... םכחהמ יתעמש אל הליחתמ רמוא יטנאלג השמ ... לודגה וברמ עמשש ... יקחצי וב ןימאמ יתייה אלש פ"עא צ"של הזבמ יתייה. Coenen berichtet (p. 13), es seien nach Smyrna vier Gesandte gekommen, nämlich Chacham Moses Galante, Chacham Daniel Pinto mit zwei anderen von Aleppo, um dem Messias ihre Ehrerbietung zu beweisen. Jene zwei, Galante und Pinto, figurieren auch im Katalog der sabbatianischen Könige (Coenen, p. 5, und andere Quellen). Merkwürdig ist aber, daß der eine Name bei Sasportas (p. 15 b) und in der Relation bei Emden (p. 3 b) in וטנלאג השמ umgewandelt erscheint. Hat der Herausgeber dieser beiden Schriften, Jakob Emden, den Namen vielleicht geflissentlich verwandelt, um nicht die rabbinische Autorität, Galante, Mose Chagis' Großvater, als Schleppenträger des Pseudomessias figurieren zu lassen? Einer seiner tätigsten Anhänger, die er in Jerusalem an sich gezogen hatte, war Samuel Primo, welcher sein Sekretär wurde, alle Erlasse stilisierte oder auch selbständig fabrizierte (Sasportas 2a): ומירפ לאומש ומש שדוקה ריעמ אבש דחא םכח דימלת םשב בתוכו ותנומא לע םעל ריהזמו בתוכ היהו רפוסל ול היהש וינודא ךלמה. Das. p. 15a: םתוחו בתוכ ומירפ לאומש 'רהו יוארו םעמושל רוסאש תוריפכ וניתולילג לכל וכלמ לש ומתוחב םהילע עורקל. Primo war es, der die Sendschreiben überallhin mit der Unterschrift: יבצ יתבש םכיהלא 'ה ינא versah (vgl. weiter); er predigte ein mystisches messianisches System, welches das Judentum unterwühlte (weiter unten). Von Jerusalem aus gingen zwei Propheten nach Ägypten und Europa, um S. Zewis Messianität zu verkünden: Sabbataï Raphael (wovon weiter unten) und ein Deutscher, Matthatia Bloch (Sasportas p. 11 a unten): ... דחא איבנ (המירצמ) הפ אב ןתנו ה"רי ונינודא םע היה םדקמ רשא ... ךאלב יזנכשא היתתמ וילע ודוהמ (s. auch das. p. 30b, p. 34b). Im Katalog der Könige und der Hauptgläubigen figuriert auch Matthatia Askenasi als König Assa (bei Coenen u.a.). – Die holländische Quelle aus Galata (p. 9) erzählt, die Sabbatianer hätten sich durch das Wachsenlassen langer Locken an beiden Seiten des Kopfes ausgezeichnet. Coenen berichtet auch (p. 12), daß das Jerusalemer Rabbinat dem Konstantinopolitaner Anzeige von S. Zewis Treiben gemacht, und dieses hätte – 25 Mitglieder, und an der Spitze der Chacham Baschi Jontof ben Jaser (l. רקי 'ן דיגנה ןב בוט םוי) – nach Smyrna notifiziert, S. Zewi bei seiner Ankunft dem Tode zu weihen.

14. Wann er Jerusalem verlassen, ist schwer zu bestimmen; es hängt von der Zeit seiner Ankunft in Smyrna ab, und diese ist eben ungewiß. De la Croix berichtet, er sei vor Neujahr = ה"ר 1665 in Smyrna eingetroffen und habe sich an diesem Feste durch Hörnerklang als Messias huldigen lassen. Dagegen Coenen (p. 13): 4. Tebet – ruym twee maenden uan zyn wederkeeren; mehr als zwei Monate von Anfang Tebet gerechnet, wäre im Monate Tischri. Nach der Quelle III, 5 (p. 14) sei S. Zewi im Monat Elul in Smyrna eingetroffen, habe sich aber bis zum Lichtweihfest stille verhalten: םש השעו םלשוריל ךלהש רחא לולא שדחב רימזאל ול אבו םשמ תאצל חרכוה יכ דע םירבד ו"כתה הכונח דע הקיתשב םש דמעו ה"כת 'ה תנש. Nach d'Arezzo dagegen sei er Anfang Kislew nach Smyrna gekommen: רימזאל עיגה ו"כת 'ה ולסכ שדוחב. Wie de la Croix berichtet, sei er über Aleppo gereist und von dieser Gemeinde, die bereits durch Nathans Sendschreiben enthusiasmiert war, im Triumph empfangen worden. Seine [443] Brüder haben ihm in Smyrna durch Austeilung von Geld an die Armen in seiner Heimat einen triumphierenden Empfang bereitet (Bericht im Theatr. Eur. und hebräische Quelle bei Emden, p. 3 a). Der Vulgus, Fischer, Arbeiter, Hühner- und Eierverkäufer bildeten fortan seine schwärmerischen Anhänger in seiner Vaterstadt (Coenen p. 35).

Dieselbe Quelle läßt ihn sich erst am 6. Tebet als Messias erklären (p. 14). Der 6. Tebet fiel auf den 14. Dezember 1665. Aber schon am 8. Dezember schrieb Heinrich Oldenburg an Spinoza (Spinozae Epistl., No. 16 Ende): In omnium ore hic est rumor de Israelitarum per plus quam bis mille annos dispersorum reditu in patriam. Pauci id hoc loco credunt, et multi optant ... Scire aveo, quid Judaei Amstelodamenses ea de re inaudiverint, et quomodo tanto nuntio afficiantur, qui verus si fuerit, rerum omnium in mundo catastrophen indicaturus sane videatur. Daß hier von der sabbatianischen Bewegung die Rede ist, kann nicht übersehen werden, wenn auch der Name nicht genannt ist. Sasportas erzählt, daß schon am 22. Kislew = 30. November in Hamburg Nachrichten eingetroffen waren (Anfang). Die Bewegung muß also schon mehrere Wochen gespielt haben, ehe sie die Schiffe aus der Levante nach London und Hamburg gebracht haben. Aber diese Nachrichten kamen, wie der letztere andeutet, über Ägypten und Palästina, und zwar aus Jerusalem oder Gaza durch Nathan Ghazati, welcher durch Sendschreiben Rumor machte. – Demgemäß spielte das tolle Treiben in Smyrna nur 16 Tage – 6. bis 22. Tebet. – Coenen gibt auch Tag für Tag die Vorfälle an; indes ganz zuverlässig ist seine Angabe nicht; denn am 8. Tebet sollte ein Sabbat sein, fiel aber damals auf Mittwoch.13

15. Die Reihenfolge der Ereignisse bei Coenen ist folgende: Am 6. Tebet Offenbarung als Messias. Am 7. Erklärung, der Geist der Offenbarung sei über ihn gekommen und habe ihm befohlen, sich seiner Frau zu nähern; Zug in Prozession nach der Synagoge, Personen mit Konfitüren, andere mit Blumenvasen, Sabbataï Zewi selbst zwischen zwei Chachamim mit einem silbernen Fächer als Aronsstab, mit dem er den und jenen berührte, als Zeichen, daß sie würdig wären, ins Himmelreich einzugehen. Darauf Segenssprüche für S. Zewi in der Synagoge (ךרבש ימ) mit großen Spenden (p. 14 bis 17). Er schlug mit einem Stock siebenmal auf das Tabernakel mit der Thora und sprach das Tetragrammaton aus (p. 17-26). 8. Tebet: Beratung der Rabbinen Aaron Lapapa, Benveniste und Algazi gegen ihn wegen seiner Überhebung. Benveniste zeigte einen Brief des Konstantinopler Rabbiners. [444] man beschloß ihn zu töten; aber es fand sich keine Hand dafür. S. Zewi verklagte seine Gegner beim Kadi, daß sie ehrenrührig gegen den König gesprochen (meint zweideutig sich), kam mit Frauen zusammen und auch mit seinen früher geschiedenen Frauen, saß an ihrer Seite (was rabbinisch verboten ist), bemühte sich überhaupt um die Gunst der Frauen, sang aus Psalm 45: ךיתורקיב םיכלמ תונב, redete sie bedauernd an, daß sie durch Adams Sünde Schmerzen und Unterwürfigkeit unter das männliche Geschlecht erdulden müßten, er sei gekommen, diese Sünden zu tilgen und die Frauen zu befreien (p. 26-39). Auf denselben Tag, auf Freitag, setzt Coenen S. Zewis Gewaltstreiche gegen den reichen Khaim Pegna, der sein Widersacher war, was fast alle Quellen berichten. Er rief seine Anhänger unter dem Gesindel auf, jenen zu verfolgen, ließ Steine auf ihn werfen und, da jener sich in die Synagoge gerettet hatte, forderte er den Vorstand auf, ihn hinauszujagen. Den Widerstand will er durch 500 Begleiter, die mit Beilen bewaffnet, und durch Erbrechen der Synagogenpforte beim Eintritt des Sabbatabends besiegen. Er steigt auf die Kanzel, kanzelt die Juden wegen ihrer Halsstarrigkeit ab, auch wegen dessen, was sie an Jesus getan haben. »Was hat Jesus, der Nazarener, getan, daß eure Vorfahren ihn so mißhandelt haben? Ich denke daran, ihn unter die Propheten zu stellen.« Er donnerte gegen vier Rabbiner nach dem Text der vier namhaft gemachten unreinen Tiere im Pentateuch mit Anwendung des vieldeutigen hebräischen Wortes למג (was in der hebräischen Quelle bei Emden p. 4b deutlicher gegeben ist) und sang das spanische Liebeslied (o. S. 436). Das alles am 8. Tebet, als am Freitag Abend (das. p. 33-37). Tags darauf, am 9. Tebet, entsetzte er Lapapa des Rabbinats und wählte dafür den ihn anerkennenden Benveniste. Prophetisches Entzücken der Kinder, und auch die Töchter seines Hauptgegners Khaim Pegna prophezeien, wodurch sich auch ihr Vater zu ihm bekehrt (p. 37-40). Alle diese Züge haben auch Sasportas, Ricaut und de la Croix, aber nicht in dieser Ausführlichkeit und in dieser Reihenfolge; nur schade, daß das chronologische Moment unzuverlässig ist. D'Arezzo setzt das gewaltsame Erbrechen der Synagogentür, abweichend von Korfus Angabe, auf den vierten Tag Chanuka, den 28. Kislew.

16. Den zuerst feindlichen und dann mit S. Zewi versöhnten Smyrnaer nennt nur Coenen ziemlich richtig, Khaim Pegna, die übrigen aber meist entstellt; die hebräischen Quellen bei Emden אניכעפ םייח oder אגעפ; Ricaut (p. 181) Samuel Pennia, de la Croix Joseph Pynas. Sein wahrer Name lautet Chajim Peña (Penja). Er war ein sehr reicher und angesehener Mann in Smyrna und unterstützte die Herausgabe des ersten Teiles von Chajim Benvenistes הלודגה תסנכ (gedruckt Livorno 1657). Das Titelblatt sagt: םילועמה םיריבגה תשקבל ... סופדה לא איבהל ... ולדתשה ... אייניפ המלשו ףסוי יבשותמ ו"צי אייניפ םייח ’רהכ םמורמה ריבגהו רבחמה ברה רימזא (Joseph Peña starb wenige Tage vor Vollendung des Druckes). Im Vorwort (fol. 4a) sagt der Verf.: םג םייה 'רהכ דסח ץפח הלהת הלענ דואמ ריבגה הטעי תוכרב ונומממ הולהו אצומ ףסכל ןתנ רשא א"עי רימזא יבשותמ אייניפ זלה רפסה תספדהל סילאיר תואמ ונש ןח תאולה. Daraus folgt, daß Peña in Smyrna wohnte, wenigstens bereits seit 1657, und daß de la Croix' Erzählung, er sei zufällig damals von Livorno nach Smyrna gekommen, um Außenstände einzuziehen, und sei dabei in Konflickt mit Sabbataï geraten, eine Fabel ist (p. 309). – Aaron Lapapa [445] (falsch Leppa), Chajim Benveniste und Salomo Algazi, zurzeit Rabbiner in Smyrna, sind als Verfasser rabbinischer Werke durch die Bibliographien bekannt. – Von dem Kontagium prophetischer Verzückung berichten auch die übrigen Augenzeugen. Ricaut (p. 181): Il y eut plus de 400 hommes ou femmes, qui prophétisoient de l'empire naissant de Sabbathai. Les enfants mêmes, qui à peine pouvoient prononcer un seul mot en bégayant répétoient et prononçoient clairement le nom de Sabbathai, du Messie et du fils de Dieu ... Ceux qui étoient plus avancés en âge tomboient d'abord évanouis, ensuite ils jetoient de l'écume par la bouche, parloient de la délivrance et de la prospérité future des Israélites et des visions, qu'ils avoient eus du Sion de Juda et des triomphes de Sabbathai. Ce sont des vérités certaines14. Auch der Augenzeuge im Theatrum Eur.: »Eben zu dieser Zeit thaten sich hervor, etliche sagen durch des Teufels List, mehr denn 200 Propheten, Männer und Weiber, welche Anfangs heftig zitterte und sich folgend also erpremsten, bis sie dahin fielen und als in Ohnmacht lagen und da sagten sie dann, daß dieser der rechte Messias und König der Juden wäre, der das jüdische Volk sicherlich ins gelobte Land führen würde, item daß hier Schiffe aus Tarsis (wird verstanden niederländische Convoy) erscheinen würden, sie nach Jerusalem überzuführen: Wann sie nun dieses gesagt, kamen sie wieder zu sich selber und wußten nicht, was sie gesagt hatten, zu großer Verwunderung unserer Christen, die solches täglich sahen und anhörten. Ja selbst Kinder von vier und weniger Jahren konnten die Psalmen in hebräischer Sprache herbeten.« Die Quelle aus Galata (p. 13) berichtet, daß in dieser Stadt selbst 17-1800 Frauen und Kinder prophezeit haben. Diese Prophezeiung, von drei christlichen Augenzeugen bestätigt, muß also als eine Tatsache angesehen werden. Die Quelle III, 5 (p. 17) führt diese Tatsache indes auf Schwindel und auf moralischen Zwang zurück: םיאב ויה הייפכ ינימ הברה רבד וליפאש ,תודיתע םירמוא ויהו .תעדה ילקמ םישנו םישנאל .אצויכו לארשי ךלמ צ"ש םירמוא םלכו םלועמ םייקתנ אל דחא .ורמאש הממ רבד םוש םירבוד ויה אל היפכה רובע רחאו

17. Da sich S. Zewi zuerst im Monat Kislew oder anfangs Tebet in Smyrna als Messias huldigen ließ, so hat er wohl erst in diesem Jahre 1665 den Fasttag (10. Tebet) abrogiert. So berichtet auch Sasportas, und es ist falsch, was Coenen und de la Croix referieren, daß er bereits in Jerusalem einen Fasttag aufgehoben hätte. Hier dürfte der Ort sein, das Verhalten des kabbalistischen Messias von Smyrna zum Judentume kritisch zu untersuchen, ein Punkt, der um so wichtiger erscheint, als erst dadurch die Theorie der späteren Sabbatianer, Cardosos, Chajons, Franks und selbst des Jonathan Eibeschütz, verständlich wird.

18. Sab. Zewis kabbalistische Theorie. Es ist eigen, daß von Religions- oder Sektenstiftern, Messiassen oder Propheten selten eine Schrift vorhanden ist, welche deren oppositionelles System ohne allen Zweifel darstellt. In der Regel sind es die Jünger oder Anhänger, welche ihrem Meister eine Schrift oder eine zusammenhängende Theorie oder einschneidende Tendenzen vindizieren, deren Zeugnis natürlich verdächtig ist. So verhält es sich auch mit S. Zewi. Man weiß nicht mit Bestimmtheit, was er gelehrt [446] hat. Ihm wird zwar eine kleine kabbalistische Schrift vindiziert, die handschriftlich und in einem gedruckten Buche versteckt vorhanden und daher den Darstellern seines Lebens unbekannt geblieben ist. Sie trägt die Überschrift: ה"רימאל אתונמיהמד אזר (Ms. Halbst., s.o. S. 432, 4c), auch in der Michaelschen Sammlung Nr. 773, zusammen mit einem Kommentar von Isaak Lurja zu אתוענצד ארפיס und Cardosos םהרבא רקב [jetzt Cod. Oxf. 1737. Vgl. das. Cod. 1441, 2 und 2211 b]). Aber es ist mehr als zweifelhaft, ob Sabbataï Verfasser derselben ist. Sie stimmt nämlich wörtlich mit dem von dem Schwindler Chajon in Berlin gedruckten Texte אלכד אתונמיהמ überein. Freilich Joseph Ergas, der die Identität erkannt hat, hielt diese Piece für ein Werk Sabbataïs (שחנ דצה p. 32): רפסה יתחתפשכ אוהש ותוא יתרכהו אלכד אתונמיהמ ... ולש םינפה יתיאר םשב ’סנקלאב ותויהב רגות השענש ירחא צ"ש רבח רשא שורדה םינשו םימי תאזה ריעב אצמנו אתונמיהמד אזר. Aber damit ist noch nichts erwiesen. Chajon hat drei einander widersprechende Angaben über die Verfasserschaft derselben gemacht, wovon zwei entschieden erlogen sind. Nathanael, Rabbiner von Pesaro, bezeugt, daß Chajon ihm gegenüber behauptet habe, ein himmlisches Wesen habe deren Inhalt (unbekannt wem?) inspiriert: שיאה הז רבע וגול ץראב יכ ץראו םימש ילע ינא דיעמ רבח רשא אוה ימ ול יתלאשו בתכב רפסה הז יל הארהו (ןויח) דיגמ ידי לע אלפ רבד אוהש יל רמאו .אלכד אתונמיהמ תא (in der Briefsammlung gegen Chajon 'הל המחלמ). Später sagte Chajon, niemand könne behaupten, daß sie von S. Zewi stamme, er allein sei der Verbreiter dieser Schrift im Morgenlande gewesen; in Prag habe er zwar ein zweites Exemplar bei R. Jona Landßofer angetroffen, dieser habe es aber indirekt durch seinen Jünger Sabbataï Nagara erhalten, und dieser eben wiederum von ihm: ... אייקרוט ץראה לכב תאז תעדומ יבצ יתבשמ הזש דיעהל לוכי דחא םוש ןיאש הזה םינפה רזפתנש וא ינממ ולבקש אקוד אוה אלכד אתונמיהמ הז ודיב שיש ימ לכו הנוי 'ר דיב גארפב והיתאצמש דע ידימלת ידימלתמ וא ידימלתמ יל ורמאו םכל אב ןינמ םהל יתלאשי ... (רפוסדנאל) ע"נ רפוס י"ראה ידימלת לש ודכנ ארגאנ יתבש יברמ לבק דיסח השמ 'רש ינממ ולבקש (in יבצ דצה p. 32a); eine Seite vorher gibt er an, er habe sie in einem Sohar gefunden: אוה ינא ךותב יקספ יקספ היהו הנשי תביתכמ ותוא יתקתעהש ןושארה שאויב ףסוי ... ימח תיבב תפצמ דחא רהוז. Später fand man bei Chajon, als seine Schriften in Hannover untersucht worden waren, einen Brief an einen anonymen Korrespondenten, worin er zu verstehen gab, daß das betreffende Buch von einem Sabbatianer, vielleicht gar von Samuel Primo, dem Sekretär Sabbataï Zewis, verfaßt worden sei. Dieser Passus (mitgeteilt von Chagis in ףרש תשיחל, p. 3 b, und von J. Emden a.a.O. p. 40 b) lautet: אתונמיהמ ןינע לע םתעד ףוסל יתדרי אלש 'ה יח ?ותוא יתידב יבלמש ןיבשוח םא .יתוא ןידשוח המב אלכד יכו .ורבחמה ברה לע א"כ םכיתונולת ילע אל כ"א ילש וניאש ורמא שודק הפ יכ ונעדיו הזב והונדשח אל םלועמ ו"ח ורמאת .וירבדב ךכ לכ םתא ןיקיזחמ פ"שר ירבד אנש יאמ אישק כ"א הארא רשאכ ריואב תוחרופו ףוע והיבגי ף"שר ינב אלהו םכל.15 Weiterhin polemisiert er gegen Primo, weil dieser anfangs seine Trinitätstheorie nicht annehmen mochte: ינמ םיסומע םתא יכ רבעש המ לע םכל לוחמי ה"בקהו רחא פ"שרה םגו (ךאלמ םייח 'ר) מ"חר ינמ םיאושנו ף"שר םע אצמנש רחא היה הזו ... היב רדה הפ לא הפ ומע יתרבדש םינש 'ג ךאלמ םייח 'רה. [447] – Aus der ganzen Haltung dieses bei Chajon gefundenen Briefes geht hervor, daß der Adressat wie diejenigen, von denen er spricht, zum Kreise der Sabbatianer gehört haben; er machte ihnen Vorwürfe, daß sie sich so streng an Samuel Primo und Ch. Malach halten und von seiner Theorie der Trinität nicht so sehr erbaut waren; er behauptete, daß Samuel Primo selbst dieselbe anerkannt habe. Das mag nun dahingestellt sein – Chajon war nicht der Mann, dem man aufs Wort glauben darf. Aber soviel ist doch aus diesem Briefe sicher zu entnehmen: 1. daß die Sabbatianer den Verfasser des אתונמיהמ אלכד als einen der ihrigen, als einen ihrer Heiligen (הפ שודק) anerkannt haben; 2. daß das fragliche Buch zwar aus dem sabbatäischen Kreise stammt, aber nicht S. Zewi selbst zum Autor hatte. Wer der Verfasser war, läßt sich nicht mehr ermitteln, ist auch gleichgültig. Für die Theorie der Sabbatianer ist dieses אתונמיהמד אזר äußerst wichtig.

Der Rabbiner David Nuñes Torres vom Haag hat ein Exposé desselben für einen Freund, Mitarbeiter an der in Amsterdam erschienenen Bibliothèque raisonnée des ouvrages des Savants de l'Europe, gegeben (wahrscheinlich spanisch), und dieser Freund hat es nach Torres' Tod (1728) in dieser Gelehrtenzeitschrift mitgeteilt (T. I, p. 335 ff.) unter folgender Aufschrift: Concernant un nouveau Livre Hébreu imprimé à Berlin en Caractères Rabiniques ... dont le titre est Mehem(n)uta de Cola; c est-à-dire la croyance de tous. Nuñes Torres oder sein Freund hat aber den Inhalt des Textes אתונמיהמ mit Chajons Theorie in den Kommentaren als durchaus identisch zusammengewürfelt, was durchweg falsch ist. Diese Theorie akzentuiert die Trinität (vgl. Note 6), der Text dagegen pointiert durchaus nicht die Trinität, sonderst will ein neues Dogma vom »heiligen König« demonstrieren. Der erste Teil dieser Schrift, das, was in der Bibliothèque raisonnée von p. 347 an auseinandergesetzt ist, vom En-Sof und »dem heiligen Alten« אקיתע אשידק, von der Emanation, dem Eindringen der göttlichen Fülle in die stoffliche Welt und dem Bersten oder der Verschlechterung derselben – alles das ist nicht neu, sondern gehört der kabbalistischen Theorie Isaak Lurjas an. Die neue Theorie beginnt erst mit der Emanation eines neuen Prosopon, des heiligen Königs: אשידק אכלמ ('יהלאל זוע p. 54 ff. Text). Ich fasse das blasphemierende Exposé in folgenden Sätzen zu sammen: שודקה ףוצרפה הז (לארשי יהלאמ) י"אמ אצישכו ... הבקנו רכזמ אלולכ ותמשנ ... אשידק אקיתע ליצאה דימ אנקויד אהו ... םדא ירקאד האליע אנקוידב ?ולילכתא המבו אוה ךירב שודק היתניכשו אשידק אכלמ ארקנה אוה םדאד אקיתע אוהש ןיפנא ךירא תמועל ןיפנא ריעז ארקנו ... היתניכשו ףוצרפה הז ונייהד ןלילכתא םדאב ןוהלכ ונינשש והזו ... אשידק ושדח םגווז ז"עש (היתניכשו אשידק אכלמ) ו"קמ אוהש שודקה םדא ארקנ שודקה ףוצרפה הזו רשפא היה אל הז יתלבו תומלועה לא םיכיישה םייונשהו םייונכהו םיראותה לכ ךכיפלו ... האליע דוסב ןוילעה םדאה אוהש ךרבתי וילא םיכייש םה ןותחתה םדאה רשא תומלוע תובברו םיפלא המכ שיו ... הולא הזחא ירשבמו יפל היתניכשו אשידק אכלמ םהב לשומ םלכו ... רקח םהל ןיא וילא םיכירצו ... וילא בילחימ םלכו אשידק אקיתע ומצע אוהש ךיראמ לודג אוה ךכיפלו ... הטמלו םהמש תומלועה ראש ש"כו ... (הניב המכח = אמאמו אבאמ =) א"ואמו (אשידק אקיתעמ) .אוה דח ... ק"עו אוהש יפל

Der Schluß lautet: רציו ארב ליצאה (ק"מ) ודבל אוהו ק"עו וזוע תניכשו אוהש לודג תא ויאורב וריכיש ידכ לכה השעו .רחא דוע ןיאו וניהלא אוה דחא לכה ... אלכד האמיתס

[448] Nuñes Torres und sein Freund haben diese ganze Theorie mißverstanden, indem sie sie bloß als Blödsinn darstellten: Après cela il conclut, qu'il n'y a que (la personne) du roi saint, qui soit le roi d'Israel qu'il estime seul adorable etc. Das geflissentlich angebrachte Kauderwelsch verhüllt aber geradezu eine Blasphemie, die auch anderweitig oft genug ausgesprochen wurde. Jakob Emden, den der Haß gegen die Sabbatianer scharfsichtig gemacht hat, hat die Tragweite dieser Theorie wohl verstanden, daß unter dem »heiligen König« Sabbataï Zewi gemeint sei (das. p. 39a): י"או אשידק אכלמ לבנ אתוא הנכמש המ יכ עדוי יוהו לש הולא יאדו אוהש ... יבצ יתבשל ותנווכ (לארשי יהלאו) ... םהירחא וכשמנש ןיאדוהי תכ לכו ןויח וזודראק ... םירוראה ... םינושארה םירשה ועדי אל הזו קפס םוש ילב וישכע הלגנ הז .(ןויה) שחנ ותוא םע םימחלנה Die Quintessenz dieser blasphemierenden Theorie ist demnach: Die Weltschöpfung durch den En-Sof vermittelst des heiligen Alten war eine verunglückte, verdorbene. Weder die Welt noch Gott konnten ihre Idealität verwirklichen; erst mit der Inkarnation Sabbataï Zewis, des Messias-Christus, des heiligen Königs, ist die Welt erneuert, erlangt sie ihre Vollendung, und auch der Gott, der »unbekannte, verhüllte heilige Alte« wird erst erkannt, kommt zu seiner Entfaltung, wird verwirklicht. Der Messias, der höhere Mensch, ist eins mit Gott, er ist der wahre Schöpfer und Bildner, weil er die verrenkte Welt in Ordnung bringt. Mit einem Worte, der Messias Sabbataï Zewi ist die Inkarnation Gottes. – Noch ist ein Punkt in dieser wüsten Theorie aufzuklären: der höhere Mensch oder der heilige König wird als vereint von männlichem und weiblichem Prinzip dargestellt oder היתניכשו אשידק אכלמ (so lautet in diesem Literaturkreise die Abbreviatur ו"קמ). Was soll das bedeuten? Chagis gibt Aufschluß darüber; er teilt nämlich einen Passus aus Cardosos handschriftlichem םהרבאל רקב mit, worin eine Theorie entwickelt wird, daß der Gott Israels nicht der verhüllte, willenlose En-Sof oder die erste Ursache, sondern das von Menschen begriffene und begreifliche, menschlich begrenzte Wesen sei, zugleich männlich und weiblich (םיעשופ רבש signatur 3a): וזודראק לכימ בעותה תעד יפל לע תליע וניא לארשי לאש ןימאהל ... םהרבאל רקב ארקנ י"כב הבס היהיש ךירצ אלא הנושאר הבסו ףוס ןיא ארקנה תוליעה לכ םדו רשבמ גשומה תוהמ ול שישו לובגו ץק ול היהש הינש ונימלצב ’תכד ארק קדציש ידכ הבקנו רכז אוה הולאהשו קוספ קדציש ידכ תמא יהלא אלב וישכע לארשישו ונתומדכ ’וכו םעישומ לא וחכש.

Diese ganze sabbatianische Theorie läuft daher auf Inkarnation und Anthropolatrie hinaus. Die Sabbatianer nannten diese Theorie תוהלא דוס, »das Mysterium Gottes«.

Die Frage entsteht nun, ist diese Theorie von S. Zewi selbst aufgestellt worden? Hat er die Vermessenheit gehabt, sich selbst als Gott, als den verwirklichten Gott auszugeben? Das ist eben der Inhalt des Sendschreibens Cardosos an Samuel de Pagas (o. S. 431 und Note 4, I). Der Verfasser wollte eben nachweisen, daß der Messias nicht identisch mit Gott sei, daß S. Zewi, weit entfernt, sich zum Gott Israels aufgeworfen zu haben, sich ihm im Gegenteil streng untergeordnet, daß er sich nicht mit Bibel und Talmud in Widerspruch gesetzt habe. Der Verfasser gibt zwar zu, daß einige [449] Sabbatianer behauptet haben, S. Zewi habe es ausgesprochen, daß die Juden im Exile nicht den rechten Gott anbeten, sondern Metatoron – das behauptete namentlich Jakob Israel Duchan – oder Gott habe sich in die Höhe zurückgezogen, S. Zewi sei an dessen Stelle getreten und Chajim Alfa(?) sei Stellvertreter des Messias (das. p. 65): ועמשש המב ט"טמ תויה םכל רמאש ןאחוד לארשי בקעי רוראה יפמ ךינזא (1. רבכו) ןויכו ה"רימאמ לבק ןכ יכ ,הולאה תולגב (ןורטטמ) הלודג דועו תאזה הריפכה לטבל תויפיפ ברח שורד ךילא יתחלש הלע יבצ יתבשו ליעל קלתסנ ה"בקהש :םיברב הטשפתנש הנממ תויהל ויתחת סנכנ (?איפאלובא) אפלא םייחו הולאל ומוקמב דמלו םידימלתה ןמו ונממ עמש הזה עגושמה שיאהו דוד ןב חישמ ונישורדמו ונממ תוהלאה דוס. Auch im Zeugenverhör bei J. Emden (p. 26a) wird dasselbe von seinen Jüngern bezeugt: הלעתנ ה"בקהש םיהלא אוהש ומצע לע רמא צ"שש ודיב תומלועה תגהנה לכ חינהו ומלועב. Cardoso gibt ferner zu, daß S. Zewi selbst am Schluß eines Vortrages, den er als Mohammedaner vor seinen Jüngern gehalten, und dem auch der Sultan beigewohnt haben soll, erklärt habe, Gott sei ein Jüngling und gleiche ihm (das.) רגות ךלמו הר"ימא םע ובשי םילודגה םימכחה ראשהו המוד ראופמ דחא רוחב אוה הב"קהש םהל רמא ףוסבלו עמוש ול. (Der Verfasser deutet dabei den Vers an, womit diese blasphemierende Spielerei belegt wurde: המוד יבצל ידוד). Er referiert ferner, daß der erste Jünger S. Zewis, Mose Pinheiro (s.o. 436) und mehrere andere, welche von ihm das »Geheimnis der Gottheit« empfangen hätten, angegeben haben, S. Zewi entspreche der Sefira Tiféret (Anfang): ךלצא ידמועב יתיאר רבכ י"תה תנש לבק אוהש ורייניפ השמ םכחה םע יל היהש תקולחמה אוהש רמא שריפבש תוהלאה דוס ויריבחו וברמ רימזא ריעב הייוהו םימחרה תדמ ונייה ’וה הריפסה (תראפתה) ת"תה תדמ .ומש

Was dieser Schwindel zu bedeuten hat, erhellt aus der kabbalistischen Spielerei16. Chajon bekämpft weitläufig diese Ansicht, daß die Sefira Tiféret angebetet werden müßte, עמשמ םילבוקמ תצק יפכ הנהו ארקנ תראפתש ( םיהלאל זוע p. 29 b) תראפתב איה הדובעהש תראפתב איה הדובעהש מ"ש דובעת ותואו רמא ארקו היוה. Zum Teil wird auch in אתונמיהמד אזר Tiféret in die Genesis des heiligen Königs = Gottmenschen hineingezogen. Genug, Cardoso mußte zugeben, daß unmittelbare Jünger S. Zewis aus seinem Munde die Identifikation seiner selbst mit der Gottheit oder eines Ausflusses derselben vernommen haben. Er wollte aber diese Meinung bekämpfen, und das ist die Tendenz seines Sendschreibens an de Pagas. Er zitiert dagegen Aussprüche von Meïr (ben Chija), dem Arzt, und anderen, welche ebenfalls mit S. Zewi in Adrianopel verkehrt haben, diese hätten nie von ihm gehört, daß sein Glaube dem der Bibel, des Talmuds und des Sohar widersprochen habe, [450] רשא תא רוכזתש ךירצ םנמא ... ילרדניאב רשא םימכחהו אוה יכ ... אפור ריאמ םכחה בישה הנומאהש ושיגרה אל ;(p. 67) תוהלא תנומא ונממ ולבק רשא יכ םירמוא םהו רהוזה ’סו דומלת הנשמו ארקמ תדגנמ תאזה ודיעהו וירוענמ שודקו דיסחו קידצ היה (צ"ש) אוהה שיאה רמואו םישרדממהו דומלתה קשונ היה דימתש ויחאו וידימלת דוס תמכחב ויתוברו ויתובא ויה םה םיארומאהו םיאנתהש תוהלאה. Er entschuldigt S. Zewi, wenn er einmal eine andere Definition von der Gottheit gegeben hat, damit, daß es in noch nicht reifem Alter geschehen sei (das. p. 67): דוסב סנכהל ליחתהו רענ היה ה"רימא זאו תנש םידימלתל הלגש המ והזו תראפתח תדמב ספת ... תוהלאה י"תה. Mit einem Worte, die Sabbatianer selbst waren über diesen Punkt nicht einig. Daraus folgt, daß die Schrift אתונמיהמד אזר nicht unbedingt als ein Werk Sabbataïs angesehen wurde, denn darin ist die Inkarnationstheorie deutlich ausgesprochen. – Daß sich S. Zewi in offiziellen Sendschreiben als einen Gottmenschen betrachtete, bezeugt zwar Mose Galante (Zeugenverhör, p. 25 b): ... צ"ש לש די בתכ יתיארש רחא קר ’ה ינא ומצע תא םתחו וב ןימאמ היהש דחאל ןאכל בתכש ותוא םירחמ ינא ... יבצ יתבש םכיהלא. Man muß aber bedenken, daß solche Sendschreiben nie von ihm selbst, sondern von Salomo Primo ausgegangen sind.

Über sein Verhältnis zum rabbinischen Judentum sind wir weniger unterrichtet. Als aufgehoben mag er es jedenfalls erklärt haben, sei es, daß er sich als Messias oder als Gottmensch gefühlt hat. Hat doch der Sohar, an dessen Brüsten er sich genährt hat, oft genug verächtlich von Mischna und Talmud gesprochen und deren Beseitigung in der messianisch-kabbalistischen Ära verheißen! Authentische Zeugnisse fehlen aber darüber. In dem Zeugenverhör wird allerdings vage mitgeteilt, er habe, als er das Passahlamm in Konstantinopel geopfert, auch das Unschlitt verzehrt und durch eine komische Art von Eulogie zu verstehen gegeben, daß die bisherigen Verbote aufgehoben seien בלח ליכאה ותד רימהש םדוק ... יבצ יתבשש םירוסא ריתמ ה"א ךורב ... הכרב השע םג ... תוילכ. Der Sabbatianer Baruch d'Arezzo (Quelle II, 2, Anfang) gibt zu, S. Zewi habe sich von vornherein über vieles im Judentume hinweggesetzt und seine Anhänger gezwungen, dasselbe zu tun: ויתויתואב םשה תא הגוה היה כ"ג ריצפהו ותרותו ’ה דגנ םירחא םירבד השעו בלח לכא םיערה וישעמכ תושעל םירחאל. Das alles sei in der Mystik und in der hohen Bedeutung seiner Mission begründet gewesen. Ferner, er habe sich für heiliger als die Thora gehalten: רמאו ויתוחתמאמ דחא שמוח איצוהו הרות רפסמ רתוי שודק אוהש. In Italien wurde die von ihm ausgegangene messianische Bewegung als antitalmudisch und antirabbinisch aufgefaßt und darum gefördert: Joseph Levi von Livorno (bei Sasportas 28 a) ארמגהו הנשמה ימכח דגנ הרס רבדל םהינפ וזיעיו; (das. 31 b) ... םישודקב םנושל די וטשפש דע הצקמ םעה לכ ... ומק םיארומאהו םיאנתה. Hingegen sind die vagen Nachrichten, daß Sabbataï Zewi Päderastie getrieben, und zwar mit den ןיליפת um Haupt und Arm, wenn auch von einem reuigen Anhänger oder gerade weil von einem solchen bezeugt (Zeugenverhör bei Emden a.a.O.), sicherlich erfunden, sowie auch die Nachricht, er habe seiner Frau befohlen, sich ehebrecherischen Umarmungen zu überlassen (das. 25 b).

18. Ehe S. Zewi sich zu der Reise nach Konstantinopel anschickte, also zwischen 10. und 22. Tebet, verteilte er Kronen und Königreiche an seine intimsten Anhänger. Aus dem darüber aufgezeichneten Katalog bei Coenen [451] und Ricaut erfahren wir die Namen seiner Hauptgläubigen: sie sind aber in diesen Quellen vielfach entstellt. Es waren außer seinen zwei Brüdern 23. Von Isaak Silveyra, Abraham Hajachini, Mose Galante, Daniel Pinto, Matthatia Aschkenasi (Bloch), Chajim Pegna (d.h. Peña), Joseph del Kairo (d.h. Raphael Joseph Chelebi in Kairo) war schon die Rede. Außerdem werden noch genannt Salomo Lañado (bei Ricaut zwei dieses Namens, der ältere und jüngere); Mose Cohen (auch in Cardosos Sendschreiben); Abraham Khandali (ילדנח): Abraham Leon; Ephraim Arditi; Salom Carmona (der den Propheten Elias gesehen haben wollte, Coenen p. 66); Meïr Abdeire (vielleicht Meïr ben Chija Rofe, der viel mit ihm verkehrte, o. S. 450); Jakob Loxas (vielleicht identisch ךירדול בקעי ’ר [das.]); Mardochaï Jesurun: Joseph Carillo (falsch bei Ricauts Sekundärquellen): Scorillo, vielleicht identisch mit ןוייליראק oder וייליראק in Cardosos Sendschreiben an de Pagas: שבל רשא ןיילייראק לש הבישי ינבמ ’טסוק ריעב יתאצמ הומכו רגות ךלמ ינפל תפנצמה; ferner Conorte(?); Nehemias; Eljakim Khaver (רבח): Abraham Rubio (ein armer Schlucker, der sein imaginäres Königreich nicht um Schätze verkaufen mochte, Coenen p. 44); Elia Asor und endlich Joseph Pernick (bei Ricaut Invernuch). In Cardosos Sendschreiben kommen noch mehrere Namen vor, von denen drei hervorzuheben sind, Jakob Israel Duchan, welcher geradezu S. Zewi zum Gotte gestempelt hat (o. S. 450), und sein Gesinnungsgenosse Fallachi (p. 66): ורבד יגיילפו ןאחוד יכ רקש: auch bei Sasportas p. 34 b: רקשה יאיבנ היתתמו ןתנ הלאל יהי ושמ גאלאפ בקעי ... ישילשהו und in einer Polemik gegen Cardoso: יגאלאפ בקעי רמומה (Note 4, I): ferner David Jizchaki: םינברה ראשו יקחצי דוד םלשה םכחהו תוהלאה תנומא ונממ ולבק רשא, auch bei Sasportas (p. 31 b): ונרוויל ק"קל בתכש יקחצי דוד ומש םינימאמה ילודגמ דחא ותרותו ’ה דוחיכ וחישמב ןימאהל בייוחמש א"עי. Ob dieser der Vater des Abraham Jizchaki war, der später die Sabbatianer so sehr verfolgt hat? (Vgl. Note 6).

19. Daß die messianische Raserei, die in Smyrna mindestens drei Monate dauerte, von den türkischen Behörden ruhig geduldet wurde, schreiben die christlichen Quellen den Geldsummen zu. De la Croix fügt hinzu (p. 327), daß sich der Kadi den Türken gegenüber entschuldigt habe: que les Juifs étoient en plus grand nombre que les Tures, qu'il apprendoit que, si l'on entreprenoit quelque chose contre eux, cela ne causât une sédition dans la ville, que son autorité ne pouvoit point appaiser. Die Quelle im Theatr. Europ. dagegen referiert, der Kadi habe S. Zewi drei Tage Frist gegeben, sich nach Konstantinopel zu stellen. Die späteren Vorfälle sprechen dafür, daß das Treiben den Spitzen der türkischen Regierung zu Ohren gekommen und mißfällig angesehen war. Seine Abreise nach Konstantinopel setzt Coenen 22. Tebet = 30. Dezember 1665, Ricaut 1. Januar 1666. Kann man dieses Datum nicht als Berechnung ansehen, um seine chimärische Unternehmung mit dem apokalyptischen Jahre 65 zu beginnen? – Über seine Fahrt berichtet am ausführlichsten de la Croix (p. 343-350). Häscher waren vom Kaimakam ausgesandt, ihn gefesselt nach Konstantinopel zu bringen. Da sein Schiff durch Sturm an der Dardanellenküste zu landen gezwungen war, holten sie ihn ein und setzten die Reise zu Pferde bis Chekmese Kutschuk (unweit Konstantinopel) fort, wo sie ihn des eintretenden Sabbats willen bis Sonntag Halt machen ließen. Durch einen Boten von [452] seiner Detention benachrichtigt, eilten viele Anhänger der Hauptstadt zu ihm und erleichterten durch Bestechung seine Haft. Sonntags darauf wurde er zu Schiffe nach Konstantinopel gebracht (nach 39 oder 40tägiger Fahrt); das war 7. Februar = 2. Adar I. Unrichtig daher bei Coenen und der anderen holländischen Quelle: 6. Februar (weil es ein Sonnabend war). Seine schimpfliche Behandlung vom Kaimakam bei seiner Ankunft und sein feiges Verleugnen seiner messianischen Rolle konstatieren fast sämtliche Quellen. Nach de la Croix wurde er in ein Gefängnis für Schuldner gebracht. Der Berichterstatter aus Galata, welcher für die Vorgänge in Konstantinopel und was später erfolgte als Augenzeuge oder, dem Schauplatze näher, besser unterrichtet war, referiert, die Juden wären von den Gassenbuben verhöhnt worden mit dem Rufe: Gheldi mi, Gheldi mi (kommt er?) und hätten sich wegen eines Steinregens auf sie einige Tage nicht auf den Straßen blicken lassen. – Durch Bestechung des Gefängniswärters wurde Sabbataï später besser behandelt, und diese Milderung seiner Haft erhöhte den Taumel. Nach Coenen (p. 48) blieb er bis zum 3. Nissan in Konstantinopel und wurde an diesem Tage nach dem Dardanellenschloß abgeführt. Sasportas dagegen, er sei am Rüsttag des Passahfestes = 14. Nissan dahin gekommen. Da die Fahrt nicht elf Tage dauerte, so mag bei Coenen ein Druckfehler stecken: 13 statt 3. Als Grund seiner Entfernung gibt Sasportas an, die bei Hofe angesehenen Juden hätten es vermittelt, um nicht Gefahren über die Juden heraufbeschwören zu lassen (Anfang und p. 2): תמאתנש המ יפכו םה תוכלמל םיבורקה ו"צי להקה ישאר םיריבגה די ךכ רחא םורגי אמש וששח ... (לופילאגל וכילוחל) ךכ לע םייעצמא ויהש טחשו חספ ברע היה רצבמל בורק ואובבו ... הנכס םוש םהל ותרובח ינב תא ליכאהו ובלחב ואלצו חספ ןברק םשל שבכ. Dagegen Ricaut, der Wesir Köprili, der zum kandiotischen Kriege ausziehen wollte, fürchtete für die Sicherheit der Stadt wegen der Unrube unter den Juden und ließ ihn bringen à un des châteaux des Dardanelles appelé Abydos, qui est du côté de l'Europe. Ebenso de la Croix Châteauneuf (unrichtig bei Sasportas: Gallipol). Dieses Schloß nannten seine Anhänger mystisch זוע לדגמ (Sasportas 2a). Die Aufhebung der Fasttage 17. Tammus und 9. Ab und die Einführung eines außerordentlichen Sabbats am Montag, 23. Tammus, gingen von hier aus (Sasportas p. 26 a; Coenen p. 49 f.).

20. Von den Wirkungen dieser tollen Messianität auf die Gesamtjudenheit sind alle Quellen voll. Sie äußerten sich a) in fast ungaublichen Almosenspenden und Kasteiungen, am auffallendsten in der Kabbalistengemeinde Salonichi (Coenen p. 59-62); b) in Hüpfen und Springen in den Synagogen mit den Thorarollen (רדסבו ןוקתב היהיש דוקרה Sasportas p. 7 b); c) in Einstellen der Geschäfte; d) in Verheiratung von jungen Kindern, Mädchen unter zehn Jahren, in Salonichi allein 700-800 Paare (Coenen p. 62). Ricaut p. 177 f.: De peur qu'il (Sabb.) ne les accusât d'avoir négligé la loy ... ils marièrent ensemble plusieurs enfants de dix ans et au-dessous ... Jusqu'au nombre de 600 ou 700 couples. Den eigentlichen kabbalistischen Grund gibt die hebräische Quelle (bei Emden 14b) richtig an: ידכ ... הזמ םיתוחפ םידלי םע רשע ינב םידלי וגווזו ףוגבש תומשנ ולכיש. – e) In fanatischer Zwistigkeit zwischen םירפוכ und םינימאמ (vgl. Sasportas p. 26a). Chajon, allerdings kein sehr zuverlässiger Zeuge, erzählt, der Vater und Großvater der beiden Verfolger der Sabbatianer, Jakob [453] Aschkenasi, habe über einen Ungläubigen Todesstrafe verhängt (יבצ דצה Vorwort, fol. 3 b unten) ןימאמה (בקעי) ןב אוה ,בקעי ןב (יבצ םכח) יבצ רמ שפנ רסמ רשא אוהו ... ןידוב ריעב היה רשא יבצ יתבשב לודגה יבצ יתבש ייחל ה"בב ךריבש ימ השע אלש לע הגירהל לארשימ ותוא לש ומד ריתהו היה דוד תיב תוכלמב דרומש ןיד קספו ידוהי. Die bedeutendsten Rabbiner von Asien, Afrika, Deutschland, Polen, Italien und Holland waren alle bis auf sehr wenige Ausnahmen gläubig. Vgl. Zeitschrift שרדמה תיב, p. 92, von dem Rabbiner Jaïr Chajim Bachrach, damals in Mainz, der doch einen Anflug von Wissenschaftlichkeit hatte; auch sein greiser Vater Simson Bachrach; ferner sämtliche literarisch gebildete Rabbiner Amsterdams, wie Sasportas berichtet. [Vgl. Kaufmann, R. Jaïr Chajim Bachrach und seine Ahnen (Trier 1894), S. 103, 129.] Die italienischen Gemeinden schickten drei namhafte Männer, Talmudisten und Kabbalisten, nach der Türkei, Erkundigungen einzuziehen: Simson Baki, Vita Segre und Jorino (?) von Mantua (Coenen p. 126). Über die außerordentliche Frequenz auf der Dardanellenstraße und die Wallfahrten zu Sabbataï berichtet ausführlich die holländische Quelle aus Galata. – Aber auch Christen waren von dem Taumel ergriffen, vgl. die Quelle bei Emden p. 4 a: םירמואו םינימאמ ויה םילרעה לכ וליפא השודקה ץראל םכמע ךלנ ונא םג, vgl. auch Schudt, Jüdische Merkwürdigkeiten (II, 2. Abt., p. 47). Coenen erzählt (p. 130): dat veele Christenen dese Raseruye voor Waerheydt oenamen. (Viele Christen nahmen diese Raserei für Wahrheit). Darum konnte sich später Sabbataï rühmen, daß er viele Nichtjuden zum Judentume herübergezogen habe (Zeugnisse Ms. Halbst. A, Bl. 71r.): ןיא רשא םירמע המכ יתפסא םויה ותואמ ירהו לארשי לע תומואהמ יתפסוהו יתישע רשא תושפנהמ רפסמ םהל. Für mystische Christen war das apokalyptische Jahr 1666 entscheidend. Auch Türken wurden gläubig (Cardoso Ms. das., Bl. 116r.) םימרגותה ןמ םג יכ רובעב הזה רבדב םיננרמ ויה. Vgl. weiter die Nachricht von Tobia Rofe. Auch ein Derwisch, in Weiß gekleidet, predigte und prophezeite von ihm in Konstantinopel (de la Croix p. 365). Über den jüdischen Propheten in derselben Stadt: Moyse Suriel, jeune homme sçavant dans la Cabale (das. p. 357, Coenen p. 57). Daher war in Europa die Neugierde außerordentlich gespannt: es ergingen Anfragen über diese scheinbar außerordentliche Erscheinung an Korrespondenten und Legationen in Konstantinopel und Smyrna. Diesem Umstand verdanken wir so ausführliche Nachrichten über ihn.

21. Die Katastrophe wurde durch eine Gesandtschaft aus Polen (Lemberg) herbeigeführt. Der Rabbiner Jesaia, Sohn David Levis (Verfs. des בהז ירוט und דוד ןגמ) und sein Stiefbruder Leb, beide Enkel von Joël Serkes (Verf. des שדח תיב), wurden an ihn abgeordnet. Am 23. Tammus waren sie bereits dort. Auch sie wurden durch Spiegelfechtereien von seiten Jachinis und Primos geblendet. Sie müssen von dem Kabbalisten Nehemia Kohen in Polen viel Wesens gemacht haben. Darauf erließ S. Zewi an den greisen David Levi ein Sendschreiben mit einem Geschenke, diesen Nehemia eiligst zu ihm kommen zu lassen (Sasportas p. 19 a f.; Quelle bei Emden p. 8 b f.). Das Schreiben beginnt: םכתמקנ םוקנא ינא הרהמ (d.h. wegen der Gemetzel durch die Kosaken) und schließt: איבנה הנרו הלהצב ינפל רהמי הימחנ ’ר. Von diesem Nehemia, seinem Judas Ischariot, berichten fast sämtliche Quellen (Sasportas p. 29 a): איבנ היה אל ... הימחנ ... םכחה הז תונועגש ירבד רמואו ףרוטמכ היה ןילופב אלא. Nach demselben traf [454] Nehemia Kohen schon am 4. Elul im Dardanellenschloß ein (p. 28 b) und hatte eine dreitägige Unterredung mit ihm; nach Coenen (p. 82) nahm Nehemia bereits am 5. Elul den Turban. Die Unterredung scheint sich um die Vorläuferschaft des Messias von Ephraim gedreht zu haben. Nehemia, obwohl oder weil selbst Phantast, mochte nicht an S. Zewi glauben. Darauf wurde er Türke und denunzierte das Treiben. Er soll nachher nach Polen und zum Judentume zurückgekehrt und unter einem falschen Namen 1690 in Amsterdam im Elend gestorben sein (Sasportas p. 28 a, bei Emden p. 13 a). – De la Croix berichtet, der Sultan selbst soll durch das Freudenfest der Juden am 9. Ab auf das Treiben aufmerksam geworden sein (p. 372). S. Zewi wurde nach Adrianopel gebracht 12. Elul (Coenen p. 83) oder 13. Elul (Sasportas p. 28b: לולאל ג"כ = l. ג"י); ebenso de la Croix p. 372: S. Sevi arriva à Adrianople le 14. Sept. = 13.17 Elul. Bei der Verhaftung wurden die antichambrierenden Sabbatianer auseinandergejagt (Saspartos das.). Nach de la Croix' Bericht (p. 373) ließ der Kaimakam ihn zuerst mit dem jüdischen Renegaten, dem Leibarzte des Sultans, zusammenkommen, der ihn durch Androhung grausiger und schimpflicher Strafen dahin gebracht hat, aus eigenem Antriebe den Turban zu nehmen. Die Szene vor dem Sultan war nur noch Komödie. L'Ekim Bachi fit donner avis au grand Seigneur, de ce qui s'étoit passé, que Sevi avoit changé de sentiment et que reconnaissant son erreur, il vouloit abandonner sa Loy et embrasser celle de Mohamet; la Hautesse, zélée pour sa religion, ordonna, que l'on le fit entrer.

Le prétendu Messie en abordant le seuil de la porte de l'appartement impériale, jetta à terre le bonnet juif, qu'il foula aux pieds, en même temps un page du grand Seigneur lui mit un turban sur la tête et le dépouilla de la vête juive de drap noir, le revêtit d'une autre, dont la Hautesse luit fit présent, avec laquelle l'on l'instruisit en la présence; elle le nomma Aga Mehemet Effendi (l'estimé docteur Mehemet), le fit Capigi Bachi et lui donna cinquante écus de pension pour mois. Gautier de Leslie (a.a.O.) erzählt: On en consulta le Moufti, et il répondit, que la réputation de cet homme n'étoit pas sans danger. Übereinstimmend damit sind die Nachrichten von Cardoso und Tobia Rofe, daß der türkischen Regierung viel daran lag, die Sache still abzumachen, um S. Zewi nicht zum Märtyrer zu machen und dadurch eine neue Sekte zu stiften (Ms. Halbst. A, 167): אלש וימכחו םיתפומה וידחי וצעויו ןתי ותוא וגרהי םאו םלועה לכב אצי חישמ םשש רובעב וגרהל ןמ םג יכ רובעב תרחא תכ תושעל ושרויו םיקוחרל לושכמ רגות ידגב ושיבלהל בוט רתויו הזה רבדב םיננרמ ויה םימרגותה אל רגותה ךלמהו ... רגותה השע ךכו וחרכ לעב וא ונוצרב וא תשב ידגב ושיבלהל הצעה יפכ אלא שקב. Tobia fast ebenso: םילאעמשי תצק םא יכ ... םיבר םידואי דבל אלש ךלמה תוארכו היהת הדירמו ... םעה בל קלחי ןפ ובלב בשח וב ןימאהל וליחתה וינפל ואיבהלו ושפותל הוצ ןכל הנורחאב. – Den renegatis chen Leibarzt Hakim Baschi nennt Coenen (p. 84) Guidon (falsch in der hebräischen Überarbeitung ןודיד oder םאדיג). Tobia Rofe nennt ihn: ידאז טאיאמ, die Quelle bei Emden p. 15a: תחפשממ לאפר ןב השמ לענברבא. – S. Zewi erhielt den Namen Mehmed und den Titel Effendi, Capigi Otorak (Türhüter); nach der holländischen Quelle (p. 17) Azi Mehmet Aga und seine Frau, [455] die sich auch bekehrte, Fauma Cadin. Er soll, nach derselben Quelle, noch dazu eine Sklavin geheiratet haben.

22. Die Folgen: Die Apostasie scheint ihm keine Skrupel gemacht zu haben; denn neun Tage darauf schrieb er einige unverschämte Zeilen an seine Brüder, die Coenen erhalten hat (p. 86, auch bei Emden p. 10a): םכיחא ינא ... לאעמשי ינשע י"שה יכ יל וחינה התע דומעיו הוצ אוה יהיו רמא אוה יכ .קארטוא ישאב יגיפאק דמחמ ונוצרכ ישודחל ’ט םוי (לולא ד"כ =) י"ל י"דודו י"דודל י"נא ך"ד (am 16. Elul ist er demnach Türke geworden = 16. September). Auch seine enthusiastischen Anhänger fanden sich darein und erklärten aus dem Sohar, daß es so kommen mußte: der Messias müsse äußerlich schlecht (Apostat) werden: רבלמ שיבו ואגלמ בט (Sasportas p. 42a und öfter auch in späteren Quellen). Diese Akkommodation oder dieses Stichwort ging nicht von Nathan aus, denn er selbst war anfangs wegen der Apostasie verblüfft. – Andere erklärten die Apostasie als Doketismus (Coenen p. 90). – Der Sultan hat zur Strafe für die Verirrung der Juden und ihre rebellischen Velleitäten befohlen, 50 Rabbiner hinzurichten (Sendschreiben des Konstantinopeler Rabbinats, bei Emden p. 10b, auch das. a, Coenen p. 87, 110). Die Sultanin-Mutter soll sich aber für Amnestie energisch verwendet haben. De la Croix (p. 373): Le Kaimakam demanda au grand Seigneur ce que l'on feroit de ceux de sa suite, sa Hautesse répondit, qu'il suffit, que leur chef leur eût montré le chemin, qu'ils devoient suivre. Die Juden sind mit dem Schrecken und dem Spott davongekommen; die Türken riefen ihnen nach: Pouste, Pouste! was Coenen selbst nicht genügend zu erklären weiß (dasselbe auch bei Ricaut). – Das Konstantinopeler Rabbinat gab sich alle Mühe, teils die Aufregung zu besänftigen und den Frieden in den türkischen Gemeinden wiederherzustellen, teils vor Nathan Ghazatis Schwindeleien zu warnen und teils die zähen Sabbatianer in den Bann zu tun. Drei Sendschreiben sind bisher darüber bekannt: 1. bei Emden, p. 10 b, ohne Datum, aber wahrscheinlich nicht lange vor der Apostasie erlassen; das. 11a und bei Coenen, p. 113, d.d. 12. Kislew = 9. Dezember 1666; 3. bei Coenen, p. 118, d.d. 5. Schebat = 30. Januar 1667; auch bei Ricaut.

23. S. Zewis weiteres Verhalten. Das Rabbinat von Adrianopel erließ ein Sendschreiben, worin eine Art Reuebekenntnis von ihm niedergelegt ist, als wenn er von Nathan und Jachini getäuscht worden wäre (Sasportas p. 35 b, s.o. S. 438). Dieses Bekenntnis scheint eine Fiktion zu sein, hervorgegangen aus einer pia fraus des Rabbinats, das die Abrogation des Fasttages 17. Tammus (1667), von seinen Anhängern in Adrianopel festgehalten, durch seinen eigenen Mund als wieder aufgehoben darstellen wollte. In dem ersten Jahre nach seinem Übertritt, von dem Mufti Vanni oder Vanly beobachtet, hat er wohl nicht mit Juden verkehrt. Erst Ostern 1668 scheint er seine Mystifikationen für die Juden wieder aufgenommen zu haben. In dieser Zeit sind die fünf Zeugnisse (אתודהס o. S. 432, 4e) entstanden, verrückte, gotteslästerliche Apokalypsen, wohl schwerlich von ihm selbst verfaßt. Sie lassen ihn mit Gott auf dem Fuße der Gleichheit verkehren. Das erste Zeugnis beginnt: שדק ישנא םכל אה חספ לילב יכ םכל ועד .לארשי לע םימחר םיאלמתמה תמא ישנא לע ושדק חור ותניכש תורשהל ... ה"בקה הצר ה"כתה תנש לואגלו עישוהל ... יבצ יתבש חישמה ךלמ ונינודא יתמאה לאוגה לארשי תא. Im zweiten Zeugnis heißt es: לש יעיבש לילב צ"ש ונינודאל ה"בקה ןימזה חספ. [456] Seit dieser Zeit spielte er eine doppelte Scheinrolle, bald als frommer Jude, um die Juden wieder an sich zu fesseln, bald als Mohammedaner, um den Sultan und Mufti glauben zu machen, er werde die Juden zum Islam hinüberziehen. Kurz charakterisiert sein Treiben Tobia Rofe: גהנ אוהו השעו םידוהיה גהנמכ השעו ללפתה םעפ הנושארבכ ומצע תא םינושמ םישעמ. Zu diesen exzentrischen, auffallenden Handlungen gehört auch, daß er am Sabbat zur Vorlesung aus dem Pentateuch sieben Mädchen habe aufrufen lassen, wie Mose Chagis erzählt (bei Emden p. 20 a, Note): הרות רפסל תולותב עבש הלעמ היה תבשבו. – Zum Schlusse sei noch mitgeteilt, was Ricaut und de la Croix von ihm bis zu seinem Ende erzählen; sie ergänzen einander.

Der erstere (p. 206): Depuis ce tems-là S. Sevi a vécu dans une dévotion particulière, estant élevé aux pieds du grand Gamaliel de la cour Turque – Vanni Effendi – l'oracle de la religion Mahometane. Ce fut sous ce grand maistre, que Sab. receut les teintures de la loy de Mahomet ... En échange Vanni ne dédaigna pas d'apprendre de lui plusieurs choses, qui regardoient le culte et les rites des Juifs ... comme Moyse à la cour d'Egypte ... Il les assura constamment, qu'il étoit effectivement leur Messie. Il ajoutoit, qu'il ne conduiroit sa nation à Jerusalem, à moins qu'elle ne devienne semblable à lui. On vit arriver de Jerusalem, de Babylone et d'autres lieux éloignés un assez grand nombre de Juifs, qui jetant leurs bonnets en terre, se faisoient Turcs en présence du G. Seig. ... Par les Prosélytes, qu'il faisoit, ils lui permirent d'aller voir ses frères aussi souvent qu'il le souhaitoit. Il employa ce temps à circoncire leurs enfants au huitième jour ... et à prêcher la nouvelle doctrine ... il mourut en l'an 1676. – De la Croix berichtet p. 376): Il contrefit pendant quelque temps le Ture zélé ... le G. S. le fit venir, lui fit de grands reproches et ordonna à Vanni Eff. ... de l'instruire dans la pratique de la loy Mahometane. Le converti s'attacha aussi fortement à lui qu'un écolier à son maistre. Il mena longtemps cette façon de vivre, durant laquelle il ne laissa pas de pratiquer avec ses sectateurs, qu'il entretint toujours de belles espérances. L'empereur en fut informé une seconde fois et résolut de le punir. Er erzählt weiter, S. Zewi entschuldige sein Verfahren damit, weil es seine Absicht sei, die Zahl der Mohammedaner durch angesehene Juden zu vermehren. Er lud seine Anhänger ein, und diese entsagten vor dem versammelten Diwan dem Judentume (p. 381). Mehemet Effendi se fit en peu de temps un cortège nombreux de Juifs mussulmanisés, lesquels l'accompagnoient partout et dans toutes les synagogues, où il prêchoit hautement le mahometisme ... pendant cinq années ou environ (p. 382). Le nouveau Ture se moqua de leur remontrance, y répondit par une blasphème contre la loy Judaique. Il avoit recours aux fausses accusations de blasphème contre la loy mahometane, dont il portoit ses plaintes au grand divan, où ces misérables étoient contraints, pour éviter la mort, de professer de bouche une religion qu'ils détestoient dans l'âme ... Sa hautesse ayant reconnu sa mauvaise foi, se contenta de lui retirer sa pension ... il vint à Constantinople ... Enfin la mesure étoit comble ... il étoit une nuit assemblé avec plusieurs Juifs dans un village au canal de al mer noir Courou Chesmé, ou ils se divertissoient en chantant les [457] Psaumes, le Bostangi Bachi ... ayant rendu compte à la Porte, le grand vesir envoya un ordre au Kaimakam de se saisir de la personne de cet apostate et de le faire conduire au château de Dulcigne ... dans une prison continuelle. Die Quelle bei Emden (p. 13a) berichtet, die Juden hätten es sich zwölf Beutel Löwentaler = 15000 holländische G. kosten lassen, um den Wesir zu bewegen, S. Zewi zu verbannen. – De la Croix erzählt weiter: seine Frau erhielt die Erlaubnis, ihn in seiner Verbannung zu besuchen. – Hier ist von seiner zweiten Frau die Rede (bei Emden das.): ףסוי וימח םעו ותשא םע ףוסוליפ; p. 21 a, Note: רחא ףוסוליפ ףסוי תב צ"ש אשנש (הרש) ל"נה ותשא התמש. De la Croix: ils finirent ainsi leurs jours après plusieures années de prison. Sévi mourut 10 Sept. 1676 agé de 50 ans. Bei Emden das. fol. 13 a: ... םימה לצא םירופכה םויב רבקנו ףילוק ילוחב תמ ו"לת. Auch Cuenqui (bei Emden, p. 21 a) nur glorifizierend ausgedrückt: 10. Tischri = 30. September18; falsch daher in allen christlichen Quellen 10. September. Von der Mystifikation seiner ihn überlebenden zweiten Frau später.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1897], Band 10, S. 432-458.
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