G. Frevelhafte Zerstörung von großen und kleinen Städten und Dörfern, und Verwüstungen ohne militärisch begründete Notwendigkeit.

[65] Die Angeklagten zerstörten in frevelhafter Weise große und kleine Städte und Dörfer ohne militärische Rechtfertigung oder Notwendigkeit. Diese Handlungen verletzten die Artikel 46 und 50 der Haager Bestimmungen von 1907, die Gesetze und Bräuche des Krieges, die allgemeinen Prinzipien des Strafrechts, wie sie sich aus dem [65] Strafrecht aller zivilisierten Nationen herleiten, sowie das einheimische Strafrecht der Länder, in welchen diese Verbrechen begangen wurden, und den Artikel 6 (b) des Statuts.

Die folgenden Einzelfälle werden lediglich beispielshalber und mit dem ausdrücklichen Vorbehalt weiteren Beweisantritts aufgeführt:


1. Westliche Länder:

Im März 1941 wurde ein Teil der Lofoten in Norwegen zerstört.

Im April 1942 wurde die Stadt Telerag in Norwegen zerstört.

In Frankreich wurden ganze Dörfer zerstört, u. a. Oradour-sur-Glane, Saint-Nizier, und in der Vercors: La Mure, Vassieux, La Chapelle-en-Vercors. Die Stadt Saint-Dié wurde niedergebrannt und zerstört. Der alte Hafenbezirk von Marseille wurde zu Beginn des Jahres 1943 in die Luft gesprengt und Kurorte an der Atlantik- und Mittelmeerküste, insbesondere die Stadt Sanary, wurden in Trümmer gelegt.

In Holland war die ohne militärische Rechtfertigung und Notwendigkeit angerichtete Zerstörung besonders weitgehend und ausgedehnt. Betroffen wurden insbesondere Häfen, Schleusen, Deiche und Brücken. Ungeheure Verwüstungen wurden auch durch Überflutungen angerichtet, die ebensowenig durch militärische Notwendigkeiten gerechtfertigt waren.


2. Östliche Länder:

In den östlichen Ländern verfolgten die Angeklagten eine Politik der frevelhaften Zerstörung und Verwüstung. Einige Einzelheiten davon sind – unter ausdrücklichem Vorbehalt weiteren Beweisantritts – im vorangehenden Abschnitt »Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums« behandelt.

In Griechenland wurden die Dörfer Amelofito, Kliston, Kizonia, Messovunos, Selli, Ano-Kerzilion und Kato-Kerzilion völlig zerstört.

In Jugoslawien machte der deutsche Militärbefehlshaber am 15. August 1941 amtlich bekannt, daß das Dorf Skela auf Befehl des Kommandanten durch Feuer dem Erdboden gleichgemacht und die Einwohner getötet worden seien.

Auf Befehl des Feldkommandeurs Heersterberg zerstörte eine Strafexpedition, bestehend aus SS-Truppen und Feldgendarmerie, die Dörfer Machkovats und Kriva Reka in Serbien, wobei alle Einwohner getötet wurden.

General Fritz Neidhold (369. Infanterie-Division) gab am 11. September 1944 den Befehl, die Dörfer Zagniezde und Udora zu zerstören, wobei alle Männer gehenkt und alle Frauen und Kinder vertrieben wurden.

[66] Auch in der Tschechoslowakei richteten die Nazi-Verschwörer sinnnlose Zerstörungen bewohnter Ortschaften an. Lozaky und Lidice wurden niedergebrannt und die Einwohner getötet.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 65-67.
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