Verbrechen gegen den Frieden.

[324] Keitel und zwei andere Generale nahmen an der Besprechung mit Schuschnigg im Februar 1938 teil. Er gab zu, daß ihre Anwesenheit eine »militärische Demonstration« darstellte; da er aber erst gerade eine Woche vorher zum Chef des OKW ernannt worden war, hätte er nicht gewußt, warum er zur Unterredung zugezogen worden sei. Hitler und Keitel fuhren daraufhin fort, einen Druck auf Österreich auszuüben, und zwar durch falsche Gerüchte, Rundfunksendungen und Truppenübungen. Keitel sorgte für die militärischen und anderen Maßnahmen; Jodl vermerkte hierzu in seinem Tagebuch: »Die Wirkung ist schnell und stark.« Als Schuschnigg zur Volksabstimmung aufrief, erstattete Keitel in jener Nacht Hitler und seinen Generalen Bericht, und Hitler gab den von Keitel abgezeichneten Befehl für den »Fall Otto« heraus.

Am 21. April 1938 erwogen Hitler und Keitel die Ausnutzung eines etwaigen »Zwischenfalles«, wie z.B. die Ermordung des deutschen Gesandten in Prag, zur Einleitung des Angriffs auf die Tschechoslowakei. Keitel unterzeichnete viele Anordnungen und Denkschriften über den »Fall Grün«, einschließlich der Anordnung vom 30. Mai, die Hitlers Erklärung enthielt: »Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in naher Zukunft durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.« – Nach München zeichnete Keitel Hitlers Befehl zum Angriff auf die Tschechoslowakei und gab zwei Ergänzungen dazu.

Die zweite Ergänzung besagte, daß der Angriff nach außen als »eine reine Befreiungsaktion und nicht als eine kriegerische Unternehmung erscheinen solle«. Der Chef des OKW war bei den Unterhandlungen zwischen Hitler und Hacha zugegen, die mit Hachas Unterwerfung endete.

Keitel war am 23. Mai 1939 dabei, als Hitler seinen Entschluß, »Polen bei der ersten geeigneten Gelegenheit anzugreifen«, bekanntgab. Damals hatte er bereits die Weisung an die Wehrmacht unterzeichnet, die Aufmarschtabelle für den »Fall Weiß« dem OKW bis zum 1. Mai zu unterbreiten.

Am 12. Dezember 1939 besprach er mit Hitler, Jodl und Raeder die Invasion Norwegens und Dänemarks. Durch Befehl vom 27. Januar 1940 wurden die Pläne über Norwegen unter Keitels »unmittelbare und persönliche Leitung« gestellt. Hitler hatte am 23. Mai 1939 erklärt, die Neutralität Belgiens und der Niederlande nicht zu achten; Keitel unterzeichnete die Befehle für die entsprechenden Angriffe am 15. Oktober, 20. und 28. November 1939. Befehle, die den Angriff 17 mal, bis zum Frühjahr 1940, verschoben, waren alle von Keitel oder von Jodl unterzeichnet.

Die greifbare Planung für einen Angriff auf Griechenland und Jugoslawien war im November 1940 begonnen worden. Am 18. März [325] 1941 war Keitel anwesend, als Hitler zu Raeder sagte, die vollständige Besetzung Griechenlands sei Vorbedingung für eine militärische Endlösung, und ebenso hörte er am 27. März, wie Hitler die Vernichtung Jugoslawiens »mit unbarmherziger Härte« befahl.

Keitel hat ausgesagt, daß er sich der Invasion der Sowjetunion aus militärischen Gründen, und auch weil dies eine Verletzung des Nichtangriffspaktes darstellte, widersetzt hätte. Trotzdem signierte er den von Hitler am 18. Dezember 1940 unterzeichneten »Fall Barbarossa« und wohnte der Besprechung im OKW mit Hitler am 3. Februar 1941 bei. Keitels Ergänzungen vom 13. März regelten das Verhältnis zwischen den militärischen und den politischen Funktionären.

Am 6. Juni 1941 gab er seine Aufmarschtabelle für die Invasion heraus und war bei der Besprechung vom 14. Juni, bei der die Generale ihre endgültigen Berichte vor dem Angriff erstatteten, anwesend. Er ernannte Jodl und Warlimont zu Vertretern des OKW bei Rosenberg für alle die Ostgebiete betreffenden Angelegenheiten. Am 16. Juni befahl er allen Einheiten des Heeres, die von Göring in der sogenannten »Grünen Mappe« herausgegebenen wirtschaftlichen Richtlinien für die Ausbeutung von russischen Gebieten, Nahrungsmitteln und Rohprodukten durchzuführen.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 324-326.
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