Basilika

[51] Basilika. Diese alte Form des christlichen Gotteshauses wurde früher allgemein aus der Form der altrömischen forensischen Basiliken abgeleitet, Sitzungslokalen für die richterlichen Behörden. Diese Annahme ist in neuerer Zeit widerlegt worden, und man leitet jetzt die christliche Basilika von Räumen des römischen Privathauses ab. Diese sind einesteils die Oeci, Exedren oder Triclinien, grosse Säle, die zur Repräsentation, zur geselligen Vereinigung und mitunter zur Tafel dienten. Ihre Lage, hinter einem Hofe, gewöhnlich dem Peristyle, sicherte die dort Versammelten vor der Gefahr der Überraschung. Andernteils gab es in den Palästen vornehmer Römer wirkliche Haus- oder Privatbasiliken, die der Christengemeinde übergeben und zur Grundlage von Kirchen wurden. Die christliche Basilika besteht aus dem Atrium, dem Schiffe und dem Chore. Das Atrium, durch welches der Zugang nach der Kirche führt, der Aufenthalt der Büssenden, ist ein auf drei Seiten von Säulenhallen umgebener Vorhof, dem sich als vierte Seite die Vorhalle der Basilika anschliesst. In seiner Mitte steht ein Brunnen, Kantharus, behufs Reinigung der Kirchenbesucher. Das Innere der Basilika besteht in der Regel aus mehreren, gewöhnlich drei, langgestreckten und parallel nebeneinander laufenden Räumen, dem Hauptschiffe und den beiden meist halb so breiten und niedrigeren Abseiten, Neben- oder Seitenschiffen. Die Stützen, welche dieselben trennen, sind meistens Säulen, in ältester Zeit durch horizontale Stemmbalken oder Architrave, seit dem 4. Jahrh. vermittelst Rundbögen verbunden. Das Mittelschiff steigt meist in Form eines von Fenstern durchbrochenen Hochbaues über die Seitenschiffe empor und schliesst in den ältesten Kirchen mit einer flachen kassettierten Holzdecke ab; spätere Bauten zeigen das Dachgebälke, geschnitzt und gemalt, unverschalt. Die Schiffe sind der Aufenthaltsort der Laien.[51] Den Abschluss erhält das Langhaus durch den Triumphbogen, einen grossen Rundbogen, der das Mittelschiff in seiner ganzen Breite überspannt. Der Chor besteht aus einem halbrunden Ausbau, an Höhe und Breite der Grösse des Triumphbogens entsprechend; er heisst tribuna oder concha, häufiger absis oder apsis. Auch die Seitenschiffe haben oft solche Ausbaue. Der Chor des Langschiffes ist das Sanctuarium, er liegt mehrere Stufen höher als das Schiff und dient für die Priesterschaft. Je reicher sich diese entwickelte, desto wünschbarer wurde die Vergrösserung dieses Raumes. Man fügte deshalb die Apsis nicht mehr unmittelbar an das Hauptschiff, sondern stellte zwischen Schiff und Apsis einen zu beiden Seiten über das Langschiff vortretenden Querbau, das Quer- oder Kreuzschiff. Der mittlere Raum desselben, die Vierung, diente der niedern Geistlichkeit, die Flügel den vornehmen Männern und Frauen. War ein Kreuzschiff nicht anzubringen, so erhöhte man den vordern Raum der Schiffe und schloss sie mit Gittern ab, als Aufenthalt der psallierenden Brüder. Rechts und links erhob sich eine Kanzel, die eine zum Verlesen der Evangelien, die andere zum Vortrage aus den Episteln. Der abgegrenzte Raum der Nebenschiffe diente dann den weltlichen Vornehmen. Der Altar lag in der Mitte des Chores (d.h. Apsis und abgeschlossener Raum des Schiffes); vor dem Halbrunde der Apsis hinter dem Altar (siehe dieses Wort), in der Rundung der Apsis, sind stufenförmig die Sitze für die Geistlichen angebracht, und in der Mitte desselben steht erhöht die Kathedra, ein marmorner Thronsessel, von welchem der Bischof seine Predigten zu halten pflegte. Nach Rahn, bildende Künste, 73 ff.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 51-52.
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