Altar

Fig. 1. Altar aus der Allerheiligen-Kapellen zu Regensburg.
Fig. 1. Altar aus der Allerheiligen-Kapellen zu Regensburg.
Fig. 2. Altar aus der Augustinerkirche zu Nürnberg.
Fig. 2. Altar aus der Augustinerkirche zu Nürnberg.

[18] Altar, vom lat. altare, Opfertisch. Der Gote verdeutschte Altar mit hunslastaths = Opferstätte, der Angelsachse mit vigbed = Tempelbett; althd. áltari, mittelhd. der alter. Der Ursprung des Altars hängt mit dem Reliquien- und Heiligenkultus zusammen, der schon in den Katakomben gefeiert wurde. Auch die ältesten Kirchen waren eigentlich Grabheiligtümer, die sich über den Ruhestätten der Märtyrer erhoben. An die Stelle des Sarkophags, der in den Katakomben schon als Tisch für die Totenspenden und die Gedächtnisfeier gedient hat, tritt jetzt der Altar, auf welchem das Opfer des neuen Testamentes und die Gebete dargebracht werden. Der Altar ist entweder ein Sarkophag, der den heiligen Leichnam umschliesst, oder er ist ein Opfertisch über dem Gruftraum, in welchen man öfters durch eine Öffnung hinabschauen konnte. Über dem Altar erhebt sich das Ciborium, ein von Säulen getragener Baldachin mit Vorhängen, die nach der heiligen Handlung geschlossen wurden. Von dem Steindache des Ciborium hängt über dem Tische ein Gefäss, die Pyxis, herunter, zur Aufbewahrung des heiligen Brotes. Auch in der Kirche des Mittelalters ist der Altar entweder ein Sarg oder ein Tisch, in beiden Fällen bedeckt mit der aus einem Stück gehauenen Platte, in oder unter welcher das Sepulchrum, eine quadratische Vertiefung, die Reliquien nebst der Weihungsurkunde enthält. Dazu Fig. 1, Altar aus der Allerheiligenkapelle[18] zu Regensburg. Selten entbehrte die Mensa eines weiteren Schmuckes. Man behing sie mit Tüchern und Stickereien, umgab sie wohl auch mit Reliefs von Holz und Stein oder maskierte, bei reichern Mitteln, das ganze mit kostbaren Metallen, wobei die vornehmste Zierde die Bekleidung der Schauseite mit dem Antipendium bildete. Die zunehmende Vorliebe für die Aufstellung von Reliquien erklärt es, dass schon in romanischer Zeit eine neue Form des Altars in Aufnahme, gelangte; sie bestand darin, dass man über der Mensa als Rückwand eine hochaufragende Mauer, retabulum, errichtete, die von vorn wieder mit kostbaren Zeugen, Skulpturen oder getriebenen Metallen geschmückt, einen geeigneten Standort für die Reliquien bot. Eine weitere Neuerung brachte die gotische Periode, indem man über dem retabulum einen zweiten Aufsatz in Form eines Tabernakels erstellte oder einen verschliessbaren Schrein von Holz, der nunmehr die Reliquien einschloss; das retabulum diente dann bloss noch als Staffel oder Predella, als Basis des Schreines. Das ist die Form des gotischen Altarbaues bis ins 16. Jahrh.; auf der Mensa ruht die Predella, ein langes und niedriges trogähnliches Gehäuse, das in der Regel mit geschweiften Fronten seitwärts über die Mensa ausladet und, nach vorn geöffnet, eine Reihe von Bildwerken oder, verschliessbar, die Reliquiare enthält. Darauf erhebt sich der Schrein, ein solcher viereckiger Kasten, mit Statuen ausgesetzt und mit Flügeln versehen, die man aussen mit Bildern und in wendig mit Reliefs zu verzieren pflegte. Öfters ist der Verschluss ein doppelter. Solche Altäre heissen Wandelaltäre. Das Ganze bekrönt ein luftiger Aufbau von Streben, Filialen und Baldachinen mit einem oft verschwenderischen Reichtum von Statuetten und Ornamenten geschmückt. Siehe Fig. 2. Altar aus der Augustinerkirche zu Nürnberg. Schon in den altchristlichen Jahrhunderten war es Sitte geworden, in einer Kirche mehrere Altäre aufzustellen,[20] bis auf 50. Ausser den vielen Nebenaltären, welche als Stiftungen von Privaten und Korporationen in den Abseiten und den sie begleitenden Kapellen ihre Aufstellung erhielten, waren es jeweilig zwei Altäre, die in bedeutenden Kirchen eine besondere Ausstattung erhielten, der Fron- oder Hochaltar in der Tiefe des Chores und der vor der Westseite der Chorschranke oder des Lettners befindliche Kreuz- oder Laienaltar. Der letztere, für den Gottesdienst der Laien bestimmt, war gewöhnlich von einem Kreuze überragt, das man jetzt noch zuweilen bald frei schwebend von dem Gewölbe herunterhangen oder auf der anderen Kante des Lettners zwischen Standbildern Mariä und des Evangelisten Johannes errichtet sieht. Neben dem Kreuz, das später seinen Platz auf der Mensa selbst fand, wurden seit dem 12. Jahrh. zwei Altarleuchter aufgestellt.

Mannigfaltig sind die aus Textilstoffen hergestellten Bekleidungen des Altars. Nach kirchlicher Vorschrift muss zunächst die obere Platte des Altartisches mit einfachen Leintüchern bedeckt werden, und zwar dreifach; zuerst kommen zwei untere Tücher von derberem Stoff, welche genau die Grösse der obern Platte haben, und dann das feinere darüber gebreitete Leintuch, mappa, das an den Seiten mit den geschmückten Rändern herabhängen muss. Nach Beendigung des Messopfers wurde im Mittelalter die oberste Altardecke herabgenommen und für die übrige Tageszeit durch das Vesperaltuch ersetzt, das in Deutschland rot- oder dunkelbraune Farbe zu tragen pflegte. Antipendien heissen die Bekleidungen der Seitenwände des Altars, siehe den bes. Artikel. In den ältern Zeiten, bis gegen das 12. Jahrh., schlossen Vorhänge den Ciborienaltar zwischen den Säulen ab, wie jene frühern Bekleidungen zum Teil aus kostbaren Stoffen hergestellt. Hand- und Lavabotücher, manutergia, dienten dem Priester beim Messopfer zur Handwaschung; ebenso grössere Handtücher, welche in der Sakristei an beweglichen Rollen aufgehängt waren. Die Kommuniontücher wurden von den zu beiden Seiten des Altars knieenden Ministranten der Länge nach vor den Kommunikanten ausgespannt, seit dem 16. Jahrh. zur Bedeckung der Kommunikantenbank verwendet. In früherer Zeit diente ein Kissen dem Missale zur Unterlage und schützte die kostbaren Einbände des Messbuches. Die Stufen des Altares und den Fussboden des Chores pflegte man endlich mit Teppichen zu bedecken. Rahn, bildende Künste in der Schweiz, S. 729. Otte, Handbuch der kirchl. Archäologie, Abschn. 31. – Lübke, Vorschule zum Studium der kirchlichen Kunst, Teil III.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 18-21.
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