Eulenspiegel

[164] Eulenspiegel, der Name eines Schalksnarren, auf den zahlreiche Schwänke der wandernden Handwerksburschen und sonstiger fahrender Leute, ältere und neuere, fremde und einheimische, oberdeutsche und niederdeutsche übertragen wurden. Die auf einen Grabstein sich stützende Nachricht, dass er 1350 zu Mölln, einem Städtchen bei Lübeck gestorben sei, ist urkundlich nicht belegt. Sicher ist aber, dass der Name Eulenspiegel als der eines Schalksnarren und Schwänke von ihm lange vor dem ersten bekannten Volksbuche vorhanden waren; Spiegel scheint hier eine ähnliche Bedeutung wie im Schwabenspiegel, speculum historiale u. dgl. gehabt zu haben. Die erste bekannte Ausgabe ist vom Jahre 1519, oberdeutsch geschrieben, und wird in einer Spottschrift auf Murner diesem zugeschrieben, was ebenfalls nicht näher nachzuweisen ist; jedenfalls war das Buch ursprünglich niederdeutsch verfasst, da der Held in Niedersachsen zu Hause ist: »Bei dem wald Melme genannt, in dem land zuo Sachsen, in dem dorf Knetlingen, da ward Ulnspiegel geborn, und sein vater hiess Claus Ulnspiegel und sein muoter Ann Witcken.« Der älteste nachgewiesene Druck ist zu Strassburg 1519 erschienen, und das Buch wurde von da an das am meisten verbreitete Volksbuch und ins Niederländische, Französische, Englische, Polnische und Lateinische übersetzt. Fischart brachte es in Reime. Die älteste Ausgabe samt[164] Abhandlungen bei Lappenberg, Dr. Thomas Murners Ulenspiegel. Leipzig 1854.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 164-165.
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