Stände, Landstände

[943] Stände, Landstände. Neben den grossen Gerichtsversammlungen, den lanttädingen oder lanttagen, die sich bis ins 13. Jahrhundert erhielten und regelmässig auch von den Landesherrn benutzt wurden, um mit den Landsassen über Landesangelegenheiten zu verhandeln, finden sich in den grössern Territorien, den Herzogtümern und Fürstentümern, in welchen [943] Bischöfe, Grafen und andere Landesherrn sassen, in Nachbildung der Reichstage Hoftage, durch den Herrn berufene Versammlungen der Grossen des Landes, auf welche der Name Landtag von jenen allmählich aussterbenden Gerichtsversammlungen überging. Die hauptsächlichsten Verhandlungsgegenstände waren, ausser den vor dieselben gehörigen, Lehnrechtsachen, Anordnungen und Einrichtungen, die zum Vollzuge der Reichsschlüsse notwendig waren, Aufbringung der Mannschaften und Kosten der Reichskriege, sowie überhaupt die Kosten der Landesregierung. Denn da der Ertrag der herrschaftlichen Güter und der Regalien nicht mehr wie früher zur Bestreitung des Regimentes ausreichte, galt es allerlei, anfangs ausserordentliche Beihilfen, später regelmässig wiederkehrende Steuern zu bewilligen, deren Grösse oder Art der Herbeischaffung Gegenstand der Verhandlung wurde. Seit dem 14. Jahrhundert fingen die Landstände (der Name erscheint im Mhd. noch nicht und mag wohl erst später aus dem franz. états übersetzt worden sein; der alte Name ist lantherren) an, sich über ihre Rechte und Freiheiten von den Landesherrn urkundliche Zusicherungen erteilen zu lassen; schlossen auch unter einander zur Wahrung ihrer Rechte und Freiheiten Bündnisse. Gewöhnlich teilten sie sich in drei Kurien: Prälaten, Ritterschaft und Städte: in Tirol und Württemberg kamen noch Abgeordnete des Bauernstandes nach Ämtern hinzu. Jeder Stand beriet und beschloss für sich, und es brauchte erst gegenseitiger Verhandlungen, um zu einem gemeinsamen Schlusse zu gelangen. Seit dem 17. Jahrhundert behaupteten sie sich nur in wenigen Territorien in voller Bedeutung.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 943-944.
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