Sternbilder

[947] Sternbilder. Die Aneignung der griechischen Sternnamen wurde von den alten Kirchenlehrern als etwas heidnisches bekämpft; höchstens, doch auch nicht unwidersprochen, werden die Sternbildernamen des Buches Hiob nach der Septuaginta: Pleyaden, Arcturus und Orion und aus der Vulgata die Hyaden zugelassen. Am meisten Beachtung fanden die Sternbilder des Tierkreises,[947] welche doch von einigen Kirchenlehrern ebenfalls für ein Werk der Dämonen erklärt wurden. Sonst ging sowohl die mythologische als die natürliche Erklärung der Tierkreiszeichen auf das Mittelalter über. Während die Kunstvorstellung der Sternbilder in der altchristlichen Kunst sich nicht sicher nachweisen lässt, findet sie sich häufig seit dem 9. Jahrhundert in Malereien und Skulpturen, sowohl lediglich als astronomisches oder Kalender-Bild, als im Zusammenhang christlicher Gedanken. Den Tierkreiszeichen der Kalenderbilder sieht man häufig eine menschliche Figur beigesetzt, was auf eine alte astrologische Lehre des Altertums und alter Kirchenlehrer zurückgeht, wonach den zwölf Zeichen des Tierkreises eine Wirksamkeit auf den Leib des Menschen zusteht, und zwar auf die einzelnen Leibesglieder verteilt, so dass z.B. dem Widder der Kopf, dem Stier der Rachen, den Zwillingen die Schultern, dem Krebs die Brust eigen sind. Aus dieser menschlichen Figur ist der Aderlassmann abgeleitet. Im Zusammenhang christlicher Gedanken findet man Skulpturen der Sternbilder im Innern der Kirchen und an Portalen, als Bild des Himmels und der ganzen Welt, oder als Bild des Jahres und seiner zwölf Monate. Auch als Häuser der Planeten, deren Lehre chaldäischen Ursprungs ist, sind die Tierkreisbilder in der Regel in den s.g. Planetenfolgen abgebildet.

Schon früh hat es nicht an Versuchen gefehlt, die heidnischen Sternbilder durch christliche zu ersetzen, am häufigsten so, dass man mit Beibehaltung der Figuren nur die Bedeutung änderte, in dem man die Namen einen christlichen Sinn unterlegte und sie auf Geschichten des Alten oder Neuen Testamentes bezog. Beda soll dies zuerst gethan haben. Auch einige deutsch-volkstümliche Sternbenennungen kennt man, wie Jakobsstrasse für die Milchstrasse, Jakobsstab für die drei Sterne im Gürtel des Orion. In neuerer Zeit haben u.a. Wilhelm Schichard, Professor der Mathematik und der orientalischen Sprache zu Tübingen 1623 und Garsdörffer um 1656 den Versuch gemacht, die heidnischen Namen durch christliche zu ersetzen. Piper, Mythologie der christlichen Kunst. II. 276–310.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 947-948.
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