Tisch

[983] Tisch. Der Name Tich ist aus griech.-lat. discus = Wurf-, Essscheibe, Teller entlehnt, eine Bedeutung, die das Wort in nordgermanischen Mundarten lange beibehielt; der echtdeutsche Name des Gerätes ist got. biuds, ahd. piot, biet, ursprünglich Opfertisch, von bieten = darlegen. Die Germanen und Skandinavier hatten sehr massive Speisetische auf vier starken Pfosten, oder auf einem sägebockartigen, gekreuzten Gestell, wie solche durch das ganze Mittelalter vorherrschen. Die grossen viereckigen Tische wurden bei der Mahlzeit gewöhnlich mit einem Tischtuch bedeckt. Daneben[983] hatte man kleine runde, auch halbrunde und ovale Tische. In das Reich der Märchen wird es zu rechnen sein, wenn Roderich von Toledo meldet, dass die Araber im Schatz der Westgoten bei der Eroberung Spaniens einen grossen Tisch von Smaragd oder Glasfluss vorgefunden, der überdies mit drei Reihen Perlen besetzt war und auf 365 goldnen Füssen stand, sodass dessen Wert 500000 Goldstücke betrug. Auch Karl der Grosse soll drei silberne und einen goldenen Tisch hinterlassen haben, deren einer auf der Platte den eingegrabenen Stadtplan von Konstantinopel, ein zweiter die Ansicht von Rom und ein dritter die Himmelskarte zeigte. Den goldenen Tisch schenkte er der Peterskirche in Rom mit einigen Prunkgefässen. Karl selbst muss solche Kostbarkeiten von aussen ebenfalls geschenksweise erhalten haben, so besonders von Byzanz, denn die deutsche Kunst lag noch zu sehr in ihren Anfängen, als dass sie solche Meisterwerke aufzuweisen im stande war. Den vorerwähnten goldenen Tisch hält man vielleicht nicht mit Unrecht für eine südfranzösische Arbeit eines Meisters aus der Schule des heiligen Eligius. Von Otto III. wird tadelnd erwähnt, dass er – entgegen der deutschen Art – allein an einer kleinen, halbrunden Tafel speiste. Im 13. Jahrhundert erhielten die hölzernen Tische Zargen, eine erhöhte Einrahmung, wohl auch schon Schublade, schrägstehende Beine, die behufs Erzielung einer grösseren Solidität und zur Bequemlichkeit mit Fussstangen versehen wurden. Die Tische wurden übrigens oft von Steinplatten gemacht und auf Stein gestützt.

In der früheren Renaissancezeit stellte man die gedrechselten und mit grossen Knäufen versehenen Beine wieder meist lotrecht und verband sie in ihrer unteren Hälfte durch einen Kreuzsteg.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 983-984.
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