Astarte

[437] [437] ASTARTE, is, Gr. Ἀστάρτης, eine Tochter des Uranus, der sie nebst zwoen ihrer Schwestern, der Rhea und Dione, zu seinem Sohne Kronus schickete, in der Absicht ihn umzubringen, weil ihn derselbe aus dem Reiche gejaget hatte. Dieser aber gewann sie und that sie unter seine Kebsweiber. Er zeugete zween Söhne mit ihr, den Pothos (die Begierde) und Eros (Liebe), und sieben Töchter, welche die Titaniden oder Arteniden genannt wurden. Sie kam auch dergestalt in Gunst bey ihm, daß sie nach seiner Anordnung, nebst Denaraon, mit dem Zunamen Zevs, und Adod, der König der Götter genannt, das Land beherrschete. Man nannte sie die große, und sie setzete zum Zeichen ihrer Herrschaft und Würde den Kopf eines Stieres auf ihr Haupt. Als sie darauf das Land durchreisete, so fand sie einen Stern, der vom Himmel gefallen war, welchen sie aufnahm und in der heiligen Insel Tyrus zum heiligen Gebrauche wiedmete. Die Astarte aber, sagen die Phönicier und Griechen, ist die Aphrodite oder Venus. Sanchoniath. ap. Euseb. Præp. Ev. L. I. c. 10. p. 37. 38. Suidas h. v. Jedoch soll sie nach einigen erst die vierte dieses Namens und zu Tyrus in Syrien geboren und an den Adonis verheurathet gewesen seyn. Cic. de N. Deor. L. III. c. 23. Man könnte sie aber füglicher für die erste ausgeben, ja wohl alle viere auf diese einzige bringen. Ban. Erl. der Götterl. II B. 377 S. Doch wird sie insgemein für die himmlische genommen. Gyrald Synt. XIII. col. 391. Sie wurde als eine große Gottheit bey den Syrern und Phöniciern verehret, und kömmt in der heiligen Schrift oft unter dem Namen Astharol und zuweilen Asthoret, I Reg. XI. 5. vor, welches die mehrere Zahl ist und nicht so wohl Heerden Vieh, wie einige meynen Bochart. Can. L. II. c. 2. als vielmehr Früchte des kleinen Viehes bedeutet. Tellers Bib. mit engl. Ausl. II Th. 733 S. Man nennet sie zuweilen nur Aschera, Ascheroth, Ascherim, welche Gehölze, Gebüsche, Hayne bedeuten, weil man sie darinnen vornehmlich verehrete. [438] Sie führete auch wohl den Titel eines Gottes derer von Zidon I Reg. XI. 5. und einer Melecheth (Königinn) des Himmels. Jerem. VII. 18 oder Baaltis, Gebietherinn. Sanchon. l. c. Daher man denn im Griechischen diese phönicische Benennung durch Αστροάρχην ausgedrücket hat. Herodian. L. V. c. 6. s. 10. welches man ohne Noth in Ἀστάρτην hat verwandeln wollen. Bœcler. Annot. ad h. l. p. 443. Man hält aber dafür, sie habe den Mond vorgestellet: Lucian. de Dea Syra, p. 657. T. II. Opp. Herodian. l. c. und wenn sie gleich wirklich eine Königinn in Syrien gewesen seyn mag, die wegen ihrer gütigen und wohlthätigen Regierung nebst ihrem Gemahle Adonis, nach ihrem Tode vergöttert worden, so war es doch in dem Alterthume gewöhnlich, daß man dergleichen beseelete Götter unter den physischen oder natürlichen verehrete. Denn man glaubete, daß sie ihres Wohnung in solchen nähmen. Voss. de Theol. gent. L. II. c. 10. Es haben daher einige behauptet, daß sie mit der Isis, so wie Adonis mit dem Osiris, einerley Person gewesen. le Cerc Bibl. Univ. T. III. p. 29, n. 17. Calmets bibl. Unters. II Th. 293 S. So viel Wahrscheinlichkeit solches indessen auch hat, so bleiben dennoch diese vier Personen weit von einander unterschieden. Mosheim beym Calm. 309 S. Es war aber der Dienst der Astarte allezeit mit dem Dienste des Baals verbunden, welcher die Sonne vorstellen sollte, und wenn man ihm blutige Opfer und zuweilen Menschenopfer brachte, so wurden ihr Brodte oder Kuchen, allerley köstliche Getränke und wohlriechendes Räuchwerk gebracht. Jes. LXV. 11. Jerem. VII. 18. Man setzete ihr auch Tische oben auf den flachen Dächern der Häuser, an den Thüren, in den Vorhäusern und an den Kreuzwegen und trug ihr den ersten Tag eines jeden Monates ein Abendessen auf, welches die Griechen das Abendmahl der Hekate nannten. Calm. bibl. Unters. V Th. 312 S. Dabey wurde sie mit der abscheulichsten Unzucht in den Haynen verehret, welche sich nahe bey den Tempeln [439] des Baals befanden. Jedoch. hatte sie außer diesen Haynen auch ihre besondern Tempel, als zu Askalon, welcher der älteste darunter war, auf den Inseln Cypern, Cythere, und noch an verschiedenen andern Orten. Herodot. L. I. sect. 105. Am meisten aber wurde sie wohl zu Hierapolis verehret: jedoch war der Tempel daselbst zugleich auch andern Gottheiten heilig. Lucian. l. c. p. 659, 675. sqq. Die Stadt selbst war der assyrischen Juno gewiedmet. Id. 656. l. c. woraus man denn geschlossen, daß Astarte diesen Namen mit der Zeit bekommen, und alles auf sie gedeutet, was da von dieser heiligen Stadt selbst gesaget wird. Ban. Erl. der Götterl. II B. 411 S. Gleichwohl haben auch einige vorgegeben, daß sie keine andere, als die Juno sey. Augustin. Locut. L. VII. c. 16. Ja, man hat so gar nebst ihr die alte deutsche Göttinn Aestar oder Easter, wovon der April der Ostermond genennet worden, daraus gemacht. Bochart. Can. L. I. c. 42. Cf. Gale's Court of Gentiles. T. I. B. II. c. 2, §. 5, 6. die syrischen Priester aber macheten die Europa daraus, welche Jupiter entführet hatte, Lucian. l. c. p. 657. wie sie denn auch so auf einigen sidonischen Münzen vorgestellet wird. Harduin. num. ant. pop. & urb. p. 453. Ueberhaupt wird sie auf denselben auf verschiedene Weise nach den verschiedenen Oertern abgebildet, bisweilen in einer langen, zuweilen in einer kurzen Kleidung. Auf einer tyrischen, die dem Könige Demetrius II in Syrien zu Ehren gepräget worden, ist sie mit einem langen Kleide angethan, worüber ein Mantel hängt, der auf dem linken Arme aufgeschlagen ist. Sie strecket die eine Hand wie zum Befehle aus und hält in der andern einen gekrümmten Stab, der oben wie ein Krug ist. Vaillant. Seleucidar. imper. p. 272. 273. Cf. Begeri Thes. Brand. T. III. p. 24. Man findet sie auch vielfältig mit einer Mauer krone auf dem Haupte oder unter der Gestalt der Cybele; wie sie denn auf einer karthaginensischen zu Ehren des Severus so auf einem laufenden Löwen sitzt, in der rechten Hand eine Pauke, [440] auf andern einen Donnerstral und in der linken ein Zepter hält. Vaill. numism. Imper. T. II. p. 228. Auf andern sieht man sie mit Stralen um das Haupt oder auch mit einer Siegeskrone und auf einer zu Cäsarien in Palästina geprägten ist sie in einer kurzen Kleidung mit einer Mauerkrone auf dem Haupte, mit einem Menschenkopfe in der rechten und einem Stabe in der linken vorgestellet. Montfauc. Antiq. expl. T. II. p. 386. Auf einem geschnittenen Steine beym Causeo de la Chaussé. n. 76. kommt sie ganz nackend vor, wie sie auch auf einigen beritischen Münzen vorkommen soll. Beger. l. c. T. I. p. 176. Sie hat eine Lotosbluhme auf dem Kopfe und steht zwischen zweenen Liebesgöttern, deren vorderster den Bogen gespannt hat und sich nach dem hintersten umsieht, welcher in die Höhe fliegt und eine Fackel in der Hand hält. Sie sieht sich ebenfalls nach demselben um, steht nach dem erstern, dem sie die rechte Hand auf die Schulter geleget hat, etwas gekrümmt, und hat dabey das rechte Bein ziemlich hoch aufgehoben.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 437-441.
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