Gallus, S. (7)

[346] 7S. Gallus, Abb. (16. Oct.) Dieser hl. Gallus – auch Gallunus, Gallianus, Gallo, Galloni, Gilliani, schottisch Kalech (Callelbe) genannt – stammte, wie die meisten Missionäre Deutschlands und der Schweiz, aus Irland. Er war dort um das J. 551 geboren als der Sohn einer angesehenen (nach Einigen sogar königlichen) Familie, in der nas Butler (XV. 234) sowohl die Tugend als auch der Adel erblich waren. Seine Eltern schickten den Knaben frühzeitig in das berühmte Kloster Benchor (Bangor), welchem damals die hhl. Comgallus und Columbanus vorstanden, und wo er große Fortschritte in den Wissenschaften des Heils machte. Als der hl. Columbanus um das J. 585 Irland verließ und nach Frankreich zog, war der hl. Gallus einer der 12 Jünger, die ihn begleiteten und seine Lebensschicksale theilten (vgl. S. Columbanus3). Vom Könige Theodorich auf Anstiften der Königin Brunehilde aus Burgund vertrieben und vom Könige Theodobert von Austrasien freundlich aufgenommen, kamen sie um das J. 610 nach Metz, zogen bis nach Mainz, dann den Rhein hinauf bis an die Limat in der Schweiz und an den Züricher See, wo sie, nicht weit von der Mündung der Limat, zu Wangen bei Tuggen einta einen Ort fanden, der ihren Wünschen entsprach. Da aber Columban's Jünger etwas zu rasch gegen den Götzendienst verfuhren, wurde der hl. Columban von den ergrimmten Abgötterern [346] gestäupt, und der hl. Gallus mit dem Tode bedroht, worauf sie sich am Bodensee eine Fecistätte für ihre Frömmigkeit und einen Wirkungskreis für ihren Eifer aufsuchten. Sie erhielten das Gewünschte durch den gottseligen Pfarrer Willimar von Arbon, unweit Constanz, welcher ihnen eine Strecke Landes anbot. Da bauten sie sich nicht weit von Bregenz (Brigantum) einige Zellen um die wiederhergestellte Capelle der hl. Aurelia und legten so den Grund zu dem Kloster Mehrerau (Augia Major). Da König Ueodobert in einem Treffen wider Theodorich sein Leben verloren hatte, und somit Austrasien sammt Alemannien an diesen seinen Feind gekommen war, so zog der hl. Columban mit einigen Genossen nach Italien. Der hl. Gallus aber, von einem bösartigen Fieber ergriffen, blieb mit seinen Gefährten Magnoald (Nagnus) und Theodor zurück. Er ließ sich nach Arbon tragen zu dem Pfarrer Willimar, bei dem er auch bald von seiner Krankheit genas. Nun wollte er wieder einen Ort wählen, wo er seine gewohnte Lebensweise fortsetzen könnte, zu welchem Zwecke er dann mit Hildebold (Hiltibold), dem Diakon Willimars, die hinter Arbon liegenden Gebirge curbzog, welche dieser als Jäger und Fischer qui kannte. Nachdem sie fast einen ganzen Tag vergebens herumgegangen, kamen sie endlich an das Flüßchen Steinach (Petrosa), fingen darin Fische, und der Diakon begann sie zu backen. Der hl. Gallus ging seitwärts, um zu beten, blieb aber an einem Dorngesträuch hängen und fiel zur Erde. Dieß betrachtete er als einen Wink Gottes, hier seine künftige Wohnung aufzuschlagen; er machte daher aus zwei Hölzern ein Kreuz, steckte es in die Erde, hing dann einige Reliquien daran und betete sofort um Segen für sein Unternehmen. Hierauf genossen sie gemeinsam das Mahl, legten sich dann neben einem Feuer zur Erde und schliefen. Als der hl. Gallus während der Nacht zum Gebete aufstand, sah er einen Bären herbeikommen, welcher die noch übrigen Reste der Mahlzeit verzehren wollte, der aber dann auf Befehl des Heiligen ganz willig Holz zum Feuer herbeitrug. Seitdem wird der hl. Gallus gewöhnlich mit einem Bären abgebildet.13 Nun kehrte er nach Arbon zurück und ging dann mit Magnus und Theodor wieder an den ausgewählten (etwa drei Stunden südöstlich von Arbon gelegenen) Platz, um Bäume zu fällen und die Zelle zu bauen. Dieses geschah im Jahr 613 oder 614, und mit dem Bau dieser »Galluszelle« oder »St. Gallenzelle« (cella S. Galluni) legte er den Grund zu dem nachmals so berühmten Kloster St. Gallen; die Grabeapelle des hl. Gallus bezeichnet noch jetzt den Platz, wo vor mehr als 1200 Jahren das aufgestellte hölzerne Kreuz der kleine Anfang großer und segensreicher Entwicklung war. – Hier arbeitete nun der Heilige mit seinen Gefährten vorzüglich an der Bekehrung der Heiden, die noch in der Umgegend wohnten, und kann so mit Recht als der Apostel jener Gegend angesehen werden. Um diese Zeit lag Friedeburga, die Tochter des alemannischen Herzogs Gunzo und Verlobte des austrasischen Königssohns Sigebert, zu Ueberlingen krank darnieder, und der hl. Gallus heilte sie durch sein Gebet (vgl. Frideburga1). Da wollte Gunzo ihn auf den eben erledigten Bischofstuhl von Constanz erheben; aber der Heilige weigerte sich standhaft. Als dann später auch die Geistlichkeit und das Volk in ihn drang, empfahl er ihnen den Diakon Johannes von Grabs (Quaradaves), den er früher kennen gelernt und noch weiter in der Kenntniß der heil. Schriften unterrichtet hatte. Wirklich wurde auch Johannes gewählt und sogleich von den anwesenden Bischöfen14 consecrirt im J. 614 oder 615. Am Schlusse hielt der hl. Gallus eine erbauliche Predigt, die wir noch besitzen, und zwar in lateinischer Sprache, während der neue Bischof Johannes sie dem Volke in deutscher Sprache Satz für Satz vortrug. Dann kehrte der Heilige wieder in seine Zelle zurück, wo er mit seinen Jüngern die Wildniß, welche ihm von mehreren Besitzern zum Eigenthume gegeben worden war, urbar zu machen sich bestrebte und auch Wohnungen für seine stets sich vermehrenden Jünger baute etc. Als im J. 625 sein Mitschüler, der hl. Abt Eustasius von Luxeuil [347] starb, wurde ihm von seinen ehemaligen Mitbrüdern die Abtswürde angetragen, die er aber ebenfalls ausschlug. Er blieb am liebsten in seiner Zelle, die er nur verließ, um den umliegenden Orten die Wahrheiten des Glaubens zu verkünden, wobei er sowohl die Heiden als die Christen diesseits und jenseits des Bodensees aufsuchte und ihnen Unterricht ertheilte. Bis in sein hohes Alter hörte er nicht auf, sich selbst und Andere auf den Weg des Heils zu leiten und deßhalb strenge Abtödtung mit eifriger Verkündung des göttlichen Wortes zu vereinigen. Er sammelte einen zahlreichen Kreis frommer Jünger um sich, die er nach der Regel des hl. Columbanus zur Vollkommenheit zu führen bemüht war. Am St. Michaelstage des Jahres 646 predigte er noch in Arbon; drei Tage später wurde er von einem Fieber ergriffen und starb nach weiteren 14 Tagen, nämlich am 16. October 646 (nicht 624, wie es bei Einigen heißt) in den Armen seines Freundes Willimar, als ein Greis von 95 Jahren. Seine irdische Hülle wurde in sein Kloster zurückgebracht und dort in Gegenwart des Bischofs Johannes und einer zahlreichen Volksmenge beigesetzt. Gleich darauf wallfahrtete man zu seinem Grabe von allen Seiten her, da auch viele Wunder an demselben geschahen. Seiner gedenkt auch das Mart. Rom. am 16. Oct. Auch in mehreren auswärtigen Diöcesen wird sein Fest am 16. Oct. gefeiert, wie z. B. in München, Augsburg, Regensburg, Eichstädt etc. In Augsburg ist eines der ältesten Kirchlein in der Nähe von St. Stephan seinem Namen geweiht. – Wie nun nach dem Hintritte des hl. Gallus seine Jünger unter dem hl. Magnus die Lebensweise des hl. Columbanus fortsetzten; wie dann, nachdem der hl. Magnus bald darauf nach Füßen und der hl. Theodor nach Kempten gezogen, zuerst der Diakon Stephan und dann der schottische Priester Magulph dem Kloster vorstand; wie um das J. 720 der hl. Othmar den Orden des hl. Benedictus einführte, und die Zelle nach und nach zu einer Abtei erwuchs, die weithin unendlich viel Gutes wirkte, bis sie endlich im J. 1798 durch die helvetische Revolution ihre Besitzungen verlor, und der letzte Abt Pankratius Forster flüchten mußte, während der ehrwürdige Decan und Pfarrer von Sargans, der hochw. Hr. Peter Mirer, im J. 1847 als erster Bischof von St. Gallen den neuerrichteten bischöflichen Stuhl bestieg etc. – alles dieses ist im Kirchenlexikon von Wetzer und Welte (IV. 277. 298) kurz und klar angegeben. (Oct. VII. 859.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 346-348.
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