Julitta, SS. (4)

[538] 4SS. Julitta et Quiricus MM. (16. Juni). Der Bollandist Papebroch handelt am 16. Juni (III. 17–37) ausführlich von der Geschichte dieser hl. Wittwe Julitta aus Ikonium, welche mit ihrem dreijährigen Sohne Quiricus oder Cericus (auch Quirinus, Cerycus, Cirycus, Cyricus und Ciricus) unter dem Kaiser Diokletian zu Tarsus in Cilicien gemartert wurde. Während nämlich der hl. Beda Venerabilis in seinem Martyrologium nichts von diesen hl. Martyrern hat, weil er entweder ihre Acten nicht fand oder sie für apokryph hielt, wurden von andern Hagiologen unächte Acten benützt, die schon in früheren Zeiten bestanden, weßwegen der Bischof Theodorus von Ikonium, welcher jene Acten von den Manichäern verfälscht glaubte, auf das Ersuchen eines benachbarten Bischofs Zosimus in einem Briefe an ihn ihr Leben beschrieb und zwar nach der Erzählung eines von ihrem Geschlechte abstammenden Greises181, welche dann der kaiserliche Kanzler Martianus, der sie von diesem Greise selbst gehört, dem Bischofe Theodorus mitgetheilt hat. Diesen von Theodorus an Zosimus geschriebenen Brief gibt nun Papebroch zuerst (pag. 23–24) in einer alten lateinischen Uebersetzung, dann (pag. 25–28) im (etwas davon abweichenden) griechischen Texte mit der lateinischen Uebersetzung des Dominicaners Franciscus Combesisins, welche auch Ruinart unter seine Acta sincera aufgenommen hat; ferner gibt er (p. 28–34) die Acta apocrypha nach einer alten Handschrift, und endlich (p. 34–37) die Geschichte der Translation des hl. Cyricus nach dem Kloster Elnon. – Nach diesem Briefe des Bischofs Theodorus stammte die hl. Julitta aus kaiserlichem Geschlechte und war geboren zu Ikonium, wo sie nach dem Tode ihres (ungenannten) Mannes Christo diente. Als nun dort ein gewisser Domitianus, ein arger Christenfeind, wüthete, ließ sie ihr großes Vermögen zurück und floh mit ihrem dreijährigen Sohne Quiricus und zwei Mägden nach Seleucia. Da aber hier der vom Kaiser Diokletian aufgestellte Präses Alexander ebenfalls die Christen verfolgte, begab sie sich mit denselben nach Tarsus in Cilicien, wo sie aber bald erkannt, ergriffen und vor den Statthalter Alexander, der inzwischen nach Tarsus gekommen, geführt wurde. Ihr standhaftes Bekenntniß, daß sie eine Christin sei, brachte sie auf die Folter. Nur mit Mühe konnte man das dreijährige Söhnlein ihren Armen entreißen. Alexander nahm es auf den Schooß und wollte es durch Küsse und Schmeicheleien gewinnen. Aber das Kind wehrte sich dagegen aus allen Kräften, blickte unverwandt auf die leidende Mutter und rief: »Auch ich bin ein Christ.« Darüber wurde Alexander so aufgebracht, daß er das Kind bei den Füßen ergriff und zu Boden schleuderte, so daß ihm an der untersten Stufe des Tribunals der Kopf zerschmetterte, und es im Blute schwimmend seinen Geist aufgab. Julitta selbst war frommen Dankes voll, daß ihr Kind der Martyrkrone gewürdigt wurde; die Freude aber, die sie darüber bezeigte, vermehrte die Wuth des Richters, der ihr zuerst die Haut vom Scheitel abziehen, dann siedendes Pech über die Füße gießen ließ und sie endlich, da sie vom Götzenopfer durchaus nichts wissen wollte, zu enthaupten befahl. Man steckte ihr nun, wie das bei den Martyrern häufig geschah, damit sie auf dem [538] Wege nichts zum Volke reden konnten, einen Knebel oder Zaum (camus) in den Mund und führte sie auf den Richtplatz, wo man ihr nach einem kurzen Gebete das Haupt abschlug. Dieses geschah am 15. Juli des Jahres 304 oder 305, weßwegen einige Hagiologen ihr Fest am 15. Juli haben. Auch auf den 15. Juni wurde ihr Fest früher gesetzt; doch in den meisten lat. Martyrologien, und namentlich im Mart. Rom., steht es am 16. Juni, obwohl ein Grund hiefür nicht angegeben ist. In der folgenden Nacht begruben ihre beiden Dienstmägde die ehrwürdigen Leiber der Mutter und des Sohnes in einer Höhle bei Tarsus. Als Kaiser Constantin der Kirche den Frieden gab, eilten die Gläubigen mit großem Vertrauen zu den Reliquien der hhl. Blutzeugen, welche eine der Mägde, die noch am Leben war, ihnen zeigte, und nahmen auch, was sie davon nehmen konnten, zur Verehrung mit sich nach Hause. Nach dem Hymnographen Josephus geschahen an ihrem Grabe viele Wunder. Später scheinen diese hl. Reliquien nach Antiochia gekommen zu seyn; wenigstens heißt es vom hl. Bischof Amator5 von Auxerres, daß er auf seiner Reise sie dort gefunden und nach Auxerre gebracht habe. Auch nach Nevers und in mehrere andere Orte kamen Reliquien von diesen Heiligen. Namentlich wurde später der Leib des hl. Cyricus in das Kloster Elnon oder St. Amand (Amandopolis) in Flandern gebracht. Auch in Spanien werden Reliquien eines heil. Quiricus, gewöhnlich San-Quirce genannt, verehrt, aber es ist nach den Bollandisten ungewiß, ob sie von diesem oder einem andern Heiligen dieses Namens herrühren. (III. 17–37).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 538-539.
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