Syncletica, S. (1)

[411] 1S. Syncletica, V. (5. al. 4. Jan., 1. März). Diese hl. Jungfrau vereinigte so viel Gutes in sich, daß es der menschlichen Sprache, so gewandt sie sein mag, an Kräften [411] gebricht, es darzustellen. Ihre Eltern waren aus Macedonien nach Alexandria übergesiedelt. Obwohl mit irdischen Gütern gesegnet, führten ein sie einfaches und gottesfürchtiges Leben. Sie hatte noch eine Schwester und zwei Brüder, von welchen der Eine frühzeitig starb, der Andere war bereits 25 Jahre alt geworden und sollte sich verehelichen, als er die irdische Braut verließ, um ins Kloster zu treten. Die hl. Jungfrau übte ihre Seele von Jugend auf in der Liebe Gottes, so daß sie darüber die Sorge für den Leib beinahe vergaß. Sie war aber von so ausnehmender Schönheit, daß viele Bewerber um ihre Hand anhielten. Sie schlug jedes derartige Anerbieten aus, und wollte von keinem Bräutigam etwas wissen, außer dem im Himmel. Schöne Kleider, kostbare Schmucksachen und weltliche Ergötzlichkeiten machten ihr keine Freude. Ihre Sinne waren, wie die Thüren des Hauses, für äußere Eindrücke beständig verschlossen. Ihre Gedanken und Reden bezogen sich einzig auf den Geliebten ihres Herzens. In dieser Hinsicht blieb die sonst willige, in Allem gehorsame Tochter selbst gegen die Thränen der Eltern gleichgültig. Sie wollte nur von nützlichen, den Geist erhellenden Dingen hören; jeder andern Rede verschloß sie sorgfältig den Zugang zu ihrem Herzen. Dabei mäßigte sie sich in Speise und Trank so sehr, daß jede außergewöhnliche noch so geringe Mahlzeit ihr Unwohlsein verursachte. Als ihre Eltern starben, verkaufte sie das elterliche Haus und dessen gesammte Einrichtung und spendete aus dem Erlös reichliche Almosen. Dann bezog sie mit ihrer blinden Schwester ein einsam gelegenes Haus vor der Stadt, schnitt sich die Haare ab und hieß von jetzt an eine gottgeweihte Jungfrau. Noch mehr bemühte sie sich jetzt, ihre Reise in den Himmel zu sichern und zu beschleunigen. Sie wuchs täglich in guten und wohlgefälligen Werken. Alle Wasserschosse und falschen Triebe beseitigte sie selbst durch Fasten, Beten, und verschiedene Peinigungen, die sie ihrem Leibe auflegte. Sie genoß nur Brod und Wasser, beides schlecht und kaum zur Nothdurft hinreichend und schlief, sobald sie eine Versuchung spürte, auf dem Boden. Gab der Feind nach, so ließ sie dem Leibe wieder mehr zu Gute kommen. Dagegen war sie dem Gebete unabläsig ergeben, und kräftigte durch Vorsicht und Wachsamkeit ihren Willen. So wurde sie anfänglich durch ihr Beispiel, später nach langem Zögern durch Lehre und Rathertheilung auch Anderen nützlich. Sie sprach aus Erfahrung mit himmlischer Ruhe und Begeisterung. Ihre Ermahnungen sind vorzüglich geeignet, das zeitliche Leben in der Welt lebender Frauenspersonen zu regeln und vollkommen zu machen.36 Da Mehrere von denen, die sie um Rath gefragt hatten, bei ihr zu bleiben wünschten, bildete sie eine Art Kloster. Ihr Hauptgrundsatz war, man dürfe niemals für sein Seelenheil zu sorgen aufhören. Auch sie hatte Ursache, besorgt zu sein. Sie wurde noch gegen das Ende ihres Lebens durch schreckliche Leiden, besonders durch eine eckelhafte, krebsartige Krankheit im Gesichte geprüft. Endlich kam das Ziel des Sieges und der Krone näher; sie hatte Engelserscheinungen die sie aufrichteten, sie sah heilige Jungfrauen, welche sie ein luden, zu ihnen heraufzukommen, sie durfte die Schönheit und den Glanz des Paradieses schauen. Als sie wieder zu sich kam, erzählte sie das Gesicht den Anwesenden und ermahnte sie, standhaft Alles zu ertragen, und vom eingeschlagenen Wege nicht zu weichen. Dann setzte hinzu: »Nach drei Tagen werde ich das Zeitliche verlassen,« und wanderte, als diese Zeit verflossen war, zum Herrn hinüber. Ohne es zu wissen und zu wollen, wurde sie die Mutter zahlreicher Klosterfrauen und führt daher in manchen Martyrologien den Namen Abtissin. Auf Abbildungen (Sacra Eremus) sieht man sie in einer Hütte betend, neben sich eine Geißel. Ihr Zeitalter ist das 4. Jahrh. (I. 242–257.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 411-412.
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