Bretschneider

[666] Bretschneider, Heinrich Gottfr. von, wurde 1739 zu Gera geb., und bei den Herrnhutern in Ebersdorf zum Gegner alles dessen, was ihm als Mysticismus erschien, 16jährig Soldat, 1759 Offizier; aus franz. Kriegsgefangenschaft 1763 befreit, führte er ein Leben voll Abenteuer und Wechsel, wurde Landeshauptmann im Temeswarer Kreise. 1778 Gubernialrath in Ofen, 1784 in Lemberg, nahm 1809 als k. k. Hofrath seinen Abschied und st. 1810. Als Mensch und Schriftsteller ein wahrer Proteus u. doch stets derselbe Illuminat, geißelte er meist anonym wirkliche und vermeintliche Thorheiten, schrieb besonders auch gegen die Geistlichkeit und später gegen Napoleon. Seine interessante »Reise von London nach Paris« gab 1817 Göckingk in Berlin heraus; außer vielen Aufsätzen und mitunter verdienstlichen Recensionen schrieb er: »Graf Esau« 1786; »eine entsetzliche Mordgeschichte von dem jungen Werther« 1774; »Almanach der Heiligen für das Jahr 1788«; »Wallers Leben u. Sitten« 1793; letzteres gegen die damalige Wienerwelt gerichtet, u. A. m. – B., Karl Gottlieb, geb. 1776 zu Gersdorf im Schönburgischen, 1807 Oberpfarrer in Schneeberg, 1808 Superintendent zu Annaberg, 1816 Generalsuperintendent in Gotha u. 1839 Consistorialdirector. Ihm als einem der fruchtbarsten Vorkämpfer des Rationalismus gelang die angestrebte Vermittlung zwischen Rationalismus und Supernaturalismus schon deßhalb nicht, weil er ähnlich Ammon sich mit jedem neuen Buche als Neuer gab und dabei dem hegelisirenden Nachwuchse nicht mehr gewachsen blieb. Neben Streitschriften haben seine Dogmatiken, darunter »der religiöse Glaube nach Vernunft u. Offenbarung« (Halle 1842, 2. Aufl. 1843), worin er sein System zusammenhängend darzustellen versuchte, vor allem seine neueren Bestrebungen gegen die kathol. Kirche (Heinrich und Antonio, 5. Aufl. 1843, der Freiherr von Sandau, 4. Aufl. 1839 u. A.) Anklang gefunden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 666.
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