Changarnier

[61] Changarnier (Schangarnieh), Nicolas Anne Theodule, geb. 1799 zu Chateau Chinon, wurde jung Soldat, ging 1830 als Lieutenant nach Algier, wurde Bataillonschef und rettete 1836 bei dem Rückzuge von Constantine durch seine Kaltblütigkeit und geschickte Aufstellung das Heer vom Untergange. Er wurde Oberst, Brigade-, zuletzt Divisionsgeneral, jedesmal in Folge neuer Auszeichnung im Felde, 1848 auf kurze Zeit Gouverneur von Algier, dann Mitglied der Nationalversammlung, nach der Junischlacht Commandant der Garnison und Nationalgarde von Paris. Er unterdrückte einen neuen Aufstandsversuch im Keime, hielt die strengste Mannszucht, trat aber bei dem Getriebe der Legitimisten, Orleanisten und Bonapartisten nicht offen als Legitimist od. Orleanist auf, arbeitete aber gegen Louis [61] Napoleon, der ihm den Marschallsstab vergeblich als Preis vorhielt. Er wagte es auch nicht gegen diesen als militärisches Parteihaupt aufzutreten, als dieser einen Schritt nach dem andern vorwärts ging u. C. selbst seiner Militärgewalt allmälig entkleidete und dadurch auch dessen moralischen Einfluß auf die Truppen vernichtete. Ohne Zweifel wagte C. nichts, weil bei der Entzweiung der Monarchisten in Legitimisten u. Orleanisten ihre Kraft nur zu einem mißlingenden u. verderblichen Schlage führen konnte, das Volk aber, wegen dieser Parteiung an den Bourbonen überhaupt verzweifelnd, einen Herren nur in Louis Napoleon zu finden glaubte. Der Staatsstreich vom 2. Dezbr. 1851 trieb den General in das Exil, das er größtentheils in Deutschland zubringt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 61-62.
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