Dilemma

[146] Dilemma (gr. dilêmma von dis zweimal, lêmma Satz = Doppelsatz), eigtl. zweiteilige Annahme, ist im logischen Sinne ein hypothetisch-disjunktiver Schloß, in dem der Obersatz ein hypothetisches Vorderglied und ein disjunktives Hinterglied hat, im Untersatz aber die in dieser Disjunktion enthaltenen Fälle oder Folgen, und somit auch im Schlußsätze das Vorderglied oder, was dasselbe ist, die Voraussetzung aufgehoben wird. Das Dilemma schließt so: Wenn A wäre, so müßte es entweder B oder C sein; nun ist es weder B noch C; also ist A überhaupt nicht. Ein Beispiel ist: Wenn eine reelle Quadratwurzel aus –4 ( = Ö-4) existierte, so müßte sie entweder +2 oder –2 sein; nun ist sie aber weder +2, denn (+2)2 ist +4, noch –2, denn (-2)2 ist ebenfalls +4; also existiert keine reelle Quadratwurzel aus –4 ( = Ö-4). Dieser aufhebende Schluß (Syllogismus modo tollente) führt leicht zu trügerischen[146] Schlußsätzen (Cornutus, Krokodilsschluß, Antistrephon s.d.), wenn die Disjunktion im Obersatze unvollständig ist. Wenn er richtig sein soll, muß die Disjunktion im Obersatze vollständig sein. Ist die Disjunktion drei-, vier- oder vielgliedrig, so heißt der Schluß: Tri-, Tetra- und Polylemma. – Im allgemeinen Sinne heißt Dilemma eine schwierige Lage, die uns die Wahl zwischen zwei unangenehmen Dingen aufnötigt.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 146-147.
Lizenz:
Faksimiles:
146 | 147
Kategorien: