Synkretismus

[613] Synkretismus (gr. synkrêtismos v. synkrêtizein = sich zusammenkretern, sich vereinigen) bedeutet eigentlich Vereinigung zweier streitenden Parteien gegen einen dritten (Plutarchos, de fraterno amore Cp. 19 [490 B] bezeichnet es als löbliche Sitte der Kreter, beim Angriff fremder Völker alle Fehden untereinander aufzugeben und sich gegen den äußeren Feind als das eine Kretervolk zu vereinigen). Synkretismus nennt man in weiterer Bedeutung die unmethodische und kritiklose Vermischung verschiedener philosophischer Systeme ohne Durchdringung und Ausgleichung ihrer Prinzipien. Mit den Eklektikern (s. d.) haben die Synkretisten gemein, daß sie sich nicht an ein bestimmtes System halten, sondern das, was ihnen wahr scheint, aus vielen Systemen auswählen; doch unterscheiden sie sich andrerseits dadurch von ihnen, daß sie auch solche Sätze und Gedankenreihen, welche sich bei näherer Prüfung widersprechen, aufnehmen. Sie beruhigen sich bei diesem inkonsequenten und prinziplosen Verfahren durch den Gedanken, daß ja doch aller Streit der Systeme auf Logomachie (s. d.) hinauslaufe. Dieser Richtung huldigten im Altertum Philon und die Neuplatoniker, in der Renaissancezeit Mirandola und Bessarion, in der Neuzeit Ancillon (1767-1837) und Jouffroy (1796-1842).

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 613.
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