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Heinrich Adolph Busch

Selbstbekenntnisse eines begnadigten Verbrechers

Ich sage euch: also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße thut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.

Luc. 15, v. 7.



Als der Heiland auf Erden unter den Menschenkindern wandelte, war es seine erste, ja seine einzige Angelegenheit, das Verlorne zu suchen und selig zu machen. Er giebt das selbst geradezu als den Hauptzweck und die einzige Absicht seiner Erscheinung in dieser Welt an, indem er spricht: Des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Luc. 19, 10. u. Matth. 9, 13. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Frommen, nicht die Gerechten. Marc. 2, 17. Darum naheten sich zu ihm allerlei Zöllner und Sünder, daß sie ihn höreten. Und seine Feinde, die Pharisäer und Schriftgelehrten, machten es zum Sprichwort: Jesus nimmt die Sünder an und ißt mit ihnen. Luc. 15, 1. 2. Er widerlegte sie nicht nur nicht, sondern er bestätigte und erklärte, was sie sagten (Luc. 15.), so daß es Jedermann verstehen konnte und seine Sünderliebe anschaulich und handgreiflich vor aller Augen sich darstellte. Der gute Hirt war Er, wie konnte Er ein Schaaf verloren gehen oder in der Irre sehen, ohne ihm nachzulaufen und es zu suchen, bis er es wieder auf seinen Schultern hatte? Der Erstgeborne seiner Brüder war Er, wie konnte Er die verlornen Menschen, die Er nun einmal als seine Brüder ansah, zu denen Er vom liebreichsten Vater gesandt war, sie selig zu machen, wie konnte Er seine Brüder in das Verderben rennen sehen, ohne sie zu retten und ohne alles anzuwenden, sie zurück zu führen auf den Weg des Lebens. Und wie Er war, so ist Er noch; so wird Er auch seyn und bleiben in Ewigkeit und immer derselbe. Er nimmt, Gott Lob! noch jetzt die Sünder an, und ißt mit ihnen. Er sucht noch heute die verlornen Schaafe und findet sie auch noch. Davon ist so mancher Brand, den Er aus dem Feuer gerissen und gerettet hat, ein Beweis. Er kann es nicht lassen – auch zur Rechten Gottes erhöhet – sieht Er nicht nur gnädig auf die Sünder herab, sondern Er kommt zu uns herab,[2] Er ist bei uns alle Tage, Er geht noch ungesehen allenthalben umher, und sucht das Verlorne, das Kranke, das Verirrte, und wenn Er es gefunden hat, so läßt Er die Gefundenen seine Liebe so unaussprechlich gnädig fühlen, daß das Herz des geretteten Sünders voll Dankgefühl, und die Zunge des Begnadigten voll seines Lobes und Preises wird.

Einen recht sprechenden Beweis hievon liefern folgende Selbstbekenntnisse eines begnadigten Verbrechers, die er in Briefen an einen geistlichen Freund, der ihn in dem Gefängnisse besucht, geschrieben hat. Zur Ehre des Herrn, zur Erweckung des Dankes und zur Stärkung des Glaubens, werden sie hiemit bekannt gemacht. Es soll und muß ja offenbar werden, was die große Liebe Jesu im Verborgenen an den Sündern thut. Wer, der Ihn kennt und selbst erfahren hat, wie Er ist und wie Er lieben kann, hört nicht gerne von Ihm? Wer erfährt nicht gern neue Spuren und lebendige Beweise seiner Liebe und Treue, die nimmermehr aufhört, die alle Tage neu wird. O! so leset denn, ihr Heiligen und Sünder! leset von der immer neuen Liebe, von der täglich wiederholten Treue und Gnade eures Heilandes. Er hat wieder einem verlornen, verhärteten Sünder das steinerne Herz herausgenommen, und ihm ein fleischernes, gerührtes, begnadigtes Herz an die Stelle des alten gesetzt; Er hat ihm ein neues Lied in den Mund gelegt, daß der Mund des Geretteten überströmte von Liebe und Dank, weil von Gnade und Seligkeit das Herz erfüllt war. Der Begnadigte schrieb:

Quelle:
Busch, Heinrich Adolph: Selbstbekenntnisse eines begnadigten Verbrechers. Berlin 1830, S. 2-3.
Erstdruck: Berlin (Friedrich Immanuel Weckerle) 1830.
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