§. [127] 58.

Wenn ich auch bei Beurtheilung dieser Arznei-Anwendung den Umstand übergehen wollte, dass hiebei sehr fehlerhaft symptomatisch (s. Anm. zu §. 7.), nur einseitig für ein einzelnes Symptom, also nur für einen kleinen Theil des Ganzen gesorgt wird, wovon offenbar nicht Hülfe für das Total der Krankheit, die allein der Kranke wünschen kann, zu erwarten ist, – so muss man doch auf der andern Seite die Erfahrung fragen, ob wohl in einem einzigen Falle solchen antipathischen Arzneigebrauchs gegen eine langwierige oder anhaltende Beschwerde, nach erfolgter, kurz dauernder Erleichterung, nicht eine grössere Verschlimmerung der so palliativ Anfangs beschwichtigten Beschwerde, ja Verschlimmerung der ganzen Krankheit erfolgte? und da wird jeder aufmerksame Beobachter übereinstimmen, dass auf eine solche antipathische, kurze Erleichterung jederzeit und ohne Ausnahme Verschlimmerung[127] erfolgt, obgleich der gemeine Arzt diese nachgängige Verschlimmerung dem Kranken anders zu deuten und sie auf eine sich jetzt erst offenbarende Bösartigkeit der ursprünglichen oder auf eine Entstehung einer neuen Krankheit zu schieben pflegt61.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 127-128.
Lizenz: