10.

Kaiserliche und des Reichs reformirte und gebesserte Polizei-Ordnung, zu Frankfurth,

Anno 1577 auffgericht. (9. November.)

[783] Der XXXV. Titul.

Von Buchtruckern Schmähschrifften schmählichen Gemähls, Gedichten und Anschlägen.

§. 1. Wiewohl auff vielen hievor gehaltenen Reichstägen, weyland Unsre loblichen Vorfahren, sich mit Churfürsten, Fürsten und Ständen des heil. Reichs und der abwesenden Bottschafften vereiniget und verglichen, auch Satzung und Ordnung im Druck ausgehen und verkündigen lassen haben, daß in allen Truckereyen, auch bey allen Buchführern und Händlern, mit ernstem Fleiß Versehung gethan, daß hinfüro nichts neues, so Oberkeit wegen nicht ersehen, insonderheit aber, daß keine Schmähschrifften, Gemählds oder dergleichen weder offentlich noch heimlich gedicht, getruckt und feyl gehabt werden sollen, wie dann dieselbe Abschied, sonderlich aber der in Anno etc. siebentzig zu Speyer auffgericht worden ist, ferner mitbringen: So befinden Wir doch, daß ob denselben Satzungen gar nichts gehalten, sondern daß solche schmähliche Bücher, Schrifften, Gemählds und Gemächts, je länger, je mehr gedicht, gedruckt, gemacht, feyl gehabt und ausgebreit werden.

§. 2. Wenn wir nun zu Pflantzung und Erhaltung Christl. Lieb und Einigkeit und Verhütung Unruhe und Weiterung, so daraus erfolgen möcht, Uns schuldig erkennen, in dem gebührlichen Einsehens zu thun: So setzen und ordnen Wir, auch hiermit ernstlich gebietend, daß hinfüro Buchtrucker, Verläger, oder Händler, wo und an welchen Orten die im Heil. Reich gesessen seyn, bei Niederlegung ihres Handwerks, auch einer schweren Peen, nach Ermässigung ihrer ordentlichen Oberkeit unnachlässig zu bezahlen, keine Bücher, klein oder groß, wie die Namen haben möchten, in Truck ausgehen lassen sollen, dieselben seyen dann zuvor durch ihre ordentliche Oberkeit eines jeden Ortes, oder ihre darzu Verordnete, besichtiget und der Lehr der Christlichen Kirchen, deßgleichen[783] den auffgerichten Reichsabschieden gemäß befunden, darzu daß sie nit aufrührisch oder schmählich, es treff gleich hohe und niedere Stände, gemeine oder sondere Personen an, und deßhalb approbirt und zugelassen. Bei gleicher Peen sollen auch alle obbemeldte Buchdrucker, Verläger und Händler schuldig und verpflicht seyn, in allen Büchern so sie also mit Zulassen der Oberkeit hinfüro trucken werden, den Authorem oder Dichter des Buchs, auch seinen des Truckers Namen, deßgleichen die Stadt oder deß Ort, da es getruckt worden, unterschiedlich und mit Namen zu benennen und zu vermelden.

§. 3. Und setzen, ordnen und wollen Wir, daß alle und jede Oberkeiten, Uns und dem H. Römisch Reich unterworffen, ernstlich Einsehens thun und verschaffen sollen, daß nit allein dem, wie obgemelt, treulich nachkommen und gelebt würde, sondern daß auch nichts, so der Christl. allgemeinen Lehr und zu Augspurg auffgerichten Religion Frieden ungemäß und widerwärtig, oder zu Unruhe und Weiterung Ursach geben, noch auch keine Famosbücher oder Schrifften, es habe der Author seinen Namen darunter gesetzt oder nit, deßgleichen auch nichts schmählichs oder Paßquillisch, oder in andrer Weiß, wie das Namen haben, und in was Schein das beschehen möcht, gedicht, geschrieben, in Truck bracht, gemahlt, geschnitzt, gegossen oder gemacht, sondern wo solche und dergleichen Bücher, Schrifften, Gemählde, Abgüß, Geschnitz und Gemächts, in Truck oder sonst vorhanden wären, oder künfftiglich außgingen, und an Tag kommen, daß dieselbe nicht feyl gehabt, gekaufft, umbtragen, noch außgebreit, sondern den Verkauffern genommen, und so viel immer moglich, untergetruckt werden. Und soll nicht allein der Verkauffer, oder Feylhaber, sondern auch der Käuffer, und andere, bey denen solche Bucher, Schmähschrifften oder Gemälds, Paßquills oder andere Weiß, sie seyen geschrieben, gemahlet oder getruckt, befunden, gefanglich angenommen, gutlich oder wo es die Rothdurfft erfordert, peinlich, wo ihm solche Bücher, Gemälds oder Schrifft herkommen, gefragt, und so der Author oder ein ander, wer der wäre, von dem er, der gefangen, solche Schrifft, Gemähld oder Bücher überkommen, unter derselben Oberkeit gesessen, der soll allsbald auch gefänglich eingezogen: wäre er aber unter einer andern Herrschafft wonhafftig, derselben soll solcher zur Stund durch die Oberkeit, da der erst Feyl-, oder Inhaber solcher Schrifften betretten, angezeigt, die abermals, wie vor laut, handeln, und dem also lang vorgeschriebener Maß nachgefraget und nachgegangen, bis der rechte Author befunden, der alsdann sampt denjenigen, so es also umbgetragen, feyl gehabt oder sonst außgeben, vermög der Recht, und je nach Gelegenheit und Gestalt der Sachen, darumb andren zum abscheulichen Exempel, mit sonderm Ernst gestrafft werden.

§. 4. Wo aber einige Oberkeit, wer die wäre, oder wie sie Namen[784] haben möcht, in Erkundigung solcher Ding, oder so es ihr angezeigt, darinn fahrlässig handeln, und nicht straffen würde, alsdann wollen Wir entweder selbst, wider dieselbige auch den Dichter, Trucker, oder die Buchfuhrer, Händler und Verkauffer, ernstliche Straff fürnehmen lassen, oder aber soll Unser Kayserl. Fiscal Amtswegen, dargegen auff gebührliche Straff procediren und handeln, welche Straff nach Gelegenheit, und Gestalt der Sachen Unser Kayserl. Cammer Gericht zu setzen und zu moderiren Macht und Befelch haben soll.

§. 5. Doch, wo vor dieser Zeit etwan dergleichen Bücher, Gemählds oder Schrifften hinter einen kommen, und also hinter ihme bliben wären, der soll darumb nicht gefährt werden, aber dennoch schuldig seyn, so er die befünde, dieselbige nicht weiter außzubreiten, zu verschenken oder zu verkauffen und also vorige Schmach wieder zu erneuern, sondern allweg zu thun oder dermaßen zu verwahren, daß sie niemands zu Schmach gereichen und gelangen mögen.

§. 6. Und damit solchem allem desto steiffer und eigentlicher nachgesetzt, und dergleichen Famosbücher, Schrifft oder Gemälds umb so viel mehr vermitten werde; So ordnen und setzen Wir nochmals, daß im gantzen Römischen Reich die Buchtruckereyen an keinen anderen Örtern, dann in den Städten, da Churfürsten und Fürsten ihre gewöhnliche Hoffhaltung haben, oder da Universitates seyn, oder in ansehnlichen Reichsstädten verstattet, aber sonsten alle Winckeltruckereyen gestracks abgeschafft werden sollen: Deßgleichen soll auch kein Buchdrucker zugelassen werden, der nicht zuvorderst von seiner Oberkeit, darunter er häußlich sitzet, darzu redlich ehrbar und allerdings tauglich erkennt, auch daselbst mit sonderlichem leiblichem End beladen ist, in seinem Trucken sich obberührten jetzigen und künfftigen Reichsabschieden gemäß zu erzeigen und sich aller lästerlichen und schmählichen Bücher, Gemählds und Gedicht, gäntzlich zu enthalten.

§. 7. Wann Wir auch berichtet worden sind, daß in etlichen Landen dieser Brauch oder vielmehr Mißbrauch eingerissen, da dem Glaubiger auff sein Angesinnen von seinem Schuldner oder Bürgen nicht bezahlt wird, daß er derentwegen dieselbigen mit schändlichen Gemähld oder Brieffen, öffentlich anschlagen, schelten, beschreyen und beruffen lässet. Dieweil aber auch gantz ärgerlich, auch viel Zanks und Böses verursacht, darumb es ja in keinem Gebiet, darinn Recht und Billichkeit administrirt werden kann, zu verstatten: So wollen Wir dasselbig anschlagen, auch solche Geding und Pacta den Verschreibungen einzuverleiben hiemitt gäntzlich verbotten und auffgehoben, auch allen und jeden Oberkeiten in ihrem Gebiet, mit ernstlicher Straff gegen dem jenigen, so hernach des Anschlagens sich gebrauchen würde, zu verfahren befohlen haben.[785]


Quelle:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels bis in das siebzehnte Jahrhundert. Band 1, Leipzig: Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, 1886., S. 783-786.
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