Aurum

[131] Aurum.

Aurum. Sol. Rex metallorum.

frantzösisch, Or.

teutsch, Gold.

Ist das dichteste, vesteste und schwereste Metall, und auch das köstlichste und theuerste unter denen andern allen. Es wächst in unterschiedlichen Theilen der Welt, in vielen Ertzgruben, doch kommt das allermeiste aus Peru, von da es in Barren und Zainen, durch die spanischen Gallionen, nach Cadix gebracht wird.

Aus Asien, Africa und Europa wird auch Gold gebracht, bald in gantzen Stücken, welches Jungfrauengold genennet wird, bald in Körnern, bald in Steinen, bald als wie Flitterlein.

Das erste wird Jungfrauengold, frantzösisch, Or vierge, genennet, dieweil es also rein ist aus dem Schacht gekommen, daß es gar keiner weitern Reinigung von nöthen hat; ist auch so weich, daß man ein Siegel, wo man will, drein drücken kan: es werden Stücken gefunden von unterschiedlicher Grösse.

Das andere in Körnern oder Goldkörner, frantzösisch, Or en grains, ist nicht so rein, als wie das erste.

Das dritte ist mit andern Metallen, Marcasit oder mineralischen Steinen und Quartz vermischet, die machen zusammen einen Stein, welcher Goldertz, frantzösisch Mine d'or, genennet wird.

Das vierdte, Goldstaub oder Goldflittern, frantzösisch, Or en sable & en paillettes genannt, ist mit Sande vermischet.

Die letztern drey Gattungen befinden sich gemeiniglich am Grunde der Ströme, welche über die Goldadern, oder doch nahe dabey, nach starcken Platz- und Schlagregen, weggelauffen. In Africa siehet man viel Negers oder Schwartzen, die nichts nicht anders thun, als tauchen und Gold suchen: welches vielleicht zu dem goldnen Fließ der Alten hat Gelegenheit gegeben.

Das Gold wird auf allerhand Art gereiniget, durch die Capelle, durchs scheiden, durchs cementiren, und durch das Antimonium.

Die Reinigung des Goldes auf der Capelle und durchs scheiden geschiehet eben auf die Weise, als wie die Reinigung des Silbers: wovon derselbige Articul nachzusehen.

Die Reinigung des Goldes durchs cementiren wird folgender Gestalt verrichtet:

Man machet einen harten Teig von Steinsaltz und Salmiac, Ziegelsteinen, Kalch und Harn, stratificiret das Gold mit diesem Teige, das ist, man leget eine Schicht solches Teiges und eine Schicht Gold um einander, in einen Schmeltztiegel, decket denselben zu, stellt ihn in den Ofen, und wann man ein starckes Feuer drum herum gemacht, so läst man die Materie zehen bis zwölff Stunden lang zusammen calciniren, damit die Salia die Unreinigkeiten beym Golde wohl durchgehen und sie als Schlacken davon bringen. Hernach nimmt man den Tiegel aus dem[131] Feuer und sondert die Schlacken von den Golde ab.

Mit dem Spießglase wird es auf diese Weise gereinigt.

Das Gold, so man reinigen will, wird abgewogen, in einen Schmeltztiegel bey starckem Feuer geglühet, und viermahl soviel zu Pulver gestossen Antimonium dazu geschüttet. Das Gold geräth dadurch alsbald in Fluß, indem das Antimonium gantz voller schwefeligten Saltzes steckt, welcher nicht nur die Hitze um ein grosses vermehret, sondern auch das Metall durchdringet und dessen Theile von einander theilet. Alsdann wird alles unreine, so etwan bey dem Golde mag gewesen seyn, von dem Spießglas verschluckt, oder gehet in dasselbe ein, verbindet sich mit demselbigen gar leicht, und gehet in die Schlacken, und der flüchtigste Theil mit dem Rauche in die Luft. Die Materie wird hierauf mitten in einem grossen Feuer stehen gelassen, bis sie blickt und Funcken giebt, alsdann in einen eisernen wohl angeschmierten und gewärmten Giespuckel ausgegossen, und rund herum daran geschlagen, damit der König zu Boden gehe. Wann alles kalt geworden, wird der Giespuckel umgestürtzt und der König mit einem Hammer von den Schlacken abgeschlagen. Der selbe wird hernach gewogen, und in einen andern Schmeltztiegel wiederum in eine starcke Glut gestellt, damit er nochmahls schmeltze; alsdann wirfft man nach und nach dreymahl soviel Salpeter zu, damit der Rest vom Antimonium, das etwa noch dabey verblieben, auch davon komme. Um den Tiegel wird das Feuer mehr und mehr verstärcket, bis daß kein Rauch nicht weiter zu verspüren, und das Gold im schönsten Flusse steht, rein und hell, alsdann wird es wiederum, als wie zuvor, in den Giespuckel ausgegossen, und, nachdem es kalt worden, die Schlacken oben drauf herab geschlagen, der König abgewaschen und mit einem Tuch getrocknet. Dieser Goldkönig, Regule d'Or, Regulus auri, ist so rein, als er nur seyn kan, und diese Reinigung ist denen andern allen vorzuziehen, wann man das Gold von andern sich dabey befindenden Metallen recht wohl will reinigen.

Die Capelle reiniget das Gold zwar von den Marcasiten, und auch wol von denen so genannten unvollkommenen Metallen; allein das Silber bringt sie nicht davon; dann dieses Metall hält gar zu vest und zu genau an dem Golde, dahero muß es durch das scheiden davon abgesondert werden.

Durch das scheiden wird das Silber von dem Golde gebracht; alleine, wann das Gold niederfället, so reisset es gemeiniglich einen Theil Silbers mit sich zu Boden.

Die Cementation lässet nicht gar selten einige Theile von andern Metallen bey dem Golde, und das Saltz, welches darein eingehet, dissolviret und löset das Gold ein wenig auf.

Das Antimonium aber ist ein rechter Fresser, welches keines einigen andern Metalles nicht verschonet, als nur des Goldes. Jedoch zerfrisset es dannoch manchmahl auch einen kleinen Theil desselbigen, welches dann den Goldschmieden nicht gar zu wohl gefällt.

Die Grade der Reinigkeit des Goldes werden Karat genennet: ein Karat Gold ist dem Gewichte nach der 24ste Theil eines Klumpen reinen Goldes, er mag[132] so groß seyn als er will: z.E. ein Karat von einer Untze recht wol gereinigtes Goldes ist ein Scrupel, oder 24. Gran.

Das zum höchsten gereinigte Gold wird Gold von 24. Karat genennet: dann, wann man eine Untze von solchem Golde auf die Probe setzet, so muß ihm nichts abgehen. Gehet aber einer Untze Gold auf der Probe ein Scrupel ab, so heist es Gold von 23. Karat: gehen zwey Scrupel ab, so heist es Gold von 22. Karat; und so fortan. Allein, die meisten Schmeltzer glauben nicht, daß es Gold von 24. Karaten gebe, dieweil doch allezeit etwas, ob schon nur weniges Silber beym Golde bleibe, wann es auch noch so gut gereiniget würde.

Mit dem Quecksilber vermischet und vereiniget sich des Gold überaus leicht und wird alsdann amalgamiret Gold, Amalgame d'or auf frantzösisch, lateinisch, Amalgama auri genennet. Will man es machen, so setzet man Gold, in gantz kleine sehr dünne Stücklein zerschnitten, in einen Schmeltztiegel ins Feuer, und lässets glühen; schüttet darzu achtmahl so schwer Quecksilber; und rühret die Materie mit einem eisernen Drate wohl um. Verspüret man dann, daß es in einander gegangen, welches in gantz kurtzer Zeit zu geschehen pfleget, so schüttet man es aus, in ein irden Geschirr voll Wasser: darinne läufft es zusammen, daß mans zerreiben kan. Hierauf wäscht man es, damit die Schwärtze davon komme, und bringet das übrige Quecksilber, das nicht eingehen wollen, davon, indem man es in ein Stücklein Leinwand schüttet und ein wenig mit dem Finger drücket. Es wird aber darum so viel Quecksilber zum Golde gesetzet, damit es sich desto besser damit vereinigen möge: dann, ie mehr Quecksilber zum amalgama genommen wird, ie linder wird es, und ie besser läst es sich tractiren. Das Gold aber kan mehr nicht als eine gewisse Menge Quecksilber annehmen: wann nun seine Löchlein davon voll sind worden, so ist der Rest nichts weiter nütz.

Das amalgamirte Gold wird zum vergolden gebrauchet, dann es läst sich auf der Arbeit recht wol ausbreiten.

Das gereinigte Gold strecket sich unter dem Hammer weit besser, als einig anderes Metall. Die Goldschlager schlagen es zu überaus dünnen Blättlein, die sie zwischen kleine Büchlein pflegen zu legen. Diese Goldblättlein werden zum vergolden gebrauchet, auch werden sie in der Apothecke gebrauchet, und viel eher zur Artzney genommen, als einige andere Art des Goldes, wie es auch zugerichtet ist: dann es lässet sich nicht nur sehr füglich mit den anderen Stücken vermischen, sondern machet auch den Artzneyen ein besseres und schöneres Ansehen, indem es als wie Füncklein oder Flitterlein darinn erscheinet.

Dieweil das Gold unter allen Metallen das schwereste, dichteste, vesteste und schönste ist, deswegen ist es auch für das vollkommenste zu iederzeit gehalten worden. So hat sich auch eine gewisse Secte der Philosophen, die Alchymisten genannt, beständig eingebildet, ob hätte die Natur ihren einigen Endzweck in den Bergwercken und Gruben die Hervorbringung des Goldes seyn lassen. Doch diese Meinung und Gedancken sind nie iederman anständig gewesen; indem mit weit grösserem Recht geglaubet[133] wird, daß Eisen, Bley, Kupfer und die anderen Metalle, welche unvollkommene genennet werden wollen, eben dieselbige Vollkommenheit erlanget haben, welche sie sowohl als wie das Gold, von Natur haben sollen. Die Herren Alchymisten haben sich durch diese ihre Gedancken auf einen gantzen Hauffen anderer Einbildung oder Grillen lassen verführen, welche iedoch eben also richtig, als wie die ersten. Sie bilden sich steiff und veste ein, ob stünde in ihrem Vermögen diese unvollkommene Metalle gantz vollkommen zu machen, und den Fehler der Natur dran zu ersetzen. Und diese Arbeit nennen sie das grosse Werck oder die Aufsuchung des philosophischen Steins, oder des Steines der Weisen. Dazu nun zu gelangen, so vermischen einige die unvollkommenen Metalle mit ein und andern Dingen, welche zu deren Reinigung verhelffen sollen; und calciniren sie eine feine lange Zeit in der heftigsten Glut, damit sie mit ihrer Reinigung doch endlich möchten zu Ende kommen: gleich als ob die Natur der Wärme bey deren Hervorbringung vergessen hätte.

Andere stellen diese Metalle in digestion in saltzigte und durchdringende liquores übers Feuer, damit sie dieselbigen zur Fäulung bringen, und den Mercurius draus ziehen möchten, welcher, ihrem Vorgeben nach, die einige Materie ist, die in Gold kan verwandelt werden.

Andere suchen den Goldsamen im Golde selber, und glauben vestiglich, daß sie ihn in demselben finden mögen, wie etwa der Samen von einem Gewächse an demselbigen Gewächse mag gefunden werden, oder aber der Samen eines Thieres in demselbigen Thiere: dannenhero trachten sie solches zu erhalten, indem sie das Gold durch allerhand disolventia suchen aufzulösen. Lassen es deswegen bey dem Lampenfeuer digeriren, oder an der Sonne, oder im Miste, oder bey einem andern Grade eines beständig gleichen Feuers, so demjenigen am nähesten beykot, dessen sich die Natur bedienet.

Wieder andere suchen den Samen des Goldes in den Mineralien, z.E. im Spießglase, in welchen, ihrem Vorgeben nach, eben solcher Schwefel und Mercurius stecken soll, als wie im Golde. Noch andere thun solches in den Kräutern, und Vegetabilien, z.E. im Honig, in der Manna, im Sonnenthau, im Rosmarin. Und dann auch einige in den Thieren, z.E. in deren Kiefern, im Blute, im Gehirn, im Hertzen und im Horn.

Andere bilden ihnen ein, sie wolten einen Goldsamen gewiß ertappen, wann sie nur die Sonnenstrahlen auf eine und andere Art figiren könten. Dann sie bilden ihnen, nebst vielen Astrologen, als eine gantz unstreitige Wahrheit ein, daß die Sonne ein Klumpen geschmoltzen Gold im Mittelpunct der Erden sey, und von dem Feuer der sie umgebenden Sterne cupelliret: auch die Strahlen, welche sie auf allen Seiten von sich wirfft und funckeln läst, kämen von den Füncklein her, die davon los würden, eben als wie bey der Reinigung des Goldes auf der Capelle geschiehet.

Wann ich alle die albernen Einfälle der Alchymisten, zusamt ihren so mannigfaltigen Arbeiten, welche sie zu Erhaltung ihres abgezielten Zweckes ausgesonnen und erdacht, erzehlen solte, würde ich nur gar zu sehr weitläufftig gehen müssen: sie sparen weder[134] Zeit noch Mühe, achten weder Schlaf noch Geld. Bis endlich ein ziemlich Theil unter ihnen, nachdem sie die beste Zeit ihres Lebens bey solcher Arbeit hingebracht, Verstand, Gesundheit und den Beutel dermassen erschöpfet und geleeret, daß sie darüber in Schwermuth, die dem Aberwitz nicht viel ungleich, oder in andere gantz unheilbare Kranckheiten, und an den Bettelstab gerathen.

Dem ungeachtet, und ob es schon den Alchymisten schlecht gelungen, unterlassen doch noch täglich ihrer viele nicht sich unter das Fähnlein der Alchymia zu verfügen. Dann die Hoffnung, damit man ihnen schmeichelt, man wolle ihnen das Mittel Gold zu machen verschaffen, nimmt ihnen den Verstand solcher massen ein, daß sie nicht tüchtig sind an etwas ernstliches und anderes zu dencken, als nur auf das, was ihr so grosses Werck angeht: sie stehen in den Gedancken, es könne kein Mensche auf der Welt vernünftiger urtheilen, als wie die Alchymisten: verständige Leute, denen ihre Meinung nicht anstehen wollen, halten sie für Thoren: sie aber selbst legen sich den Titel der rechten und vortrefflichsten Philosophen und Weisen zu. Wann sie reden, so sprechen sie stets eine Sylbe nach der andern aus. Wollen sie sich deutlich über etwas heraus lassen, so geschiehet solches durch solche dunckle Redensarten und hohe Worte, daß sie selbst nicht verstehen, was sie wollen. Schreiben sie etwas, so soll mans nicht verstehen. Arbeiten sie, so geschiehet es mit der grösten Heimlichkeit, indem sie allen denenjenigen Dingen, die sie dazu gebrauchen, gantz sonderliche und unverständliche Namen zu geben pflegen. Das Gold muß immerfort bey ihnen Sol, die Sonne heissen das Silber, Luna, oder Mond, das Zinn Jupiter, das Bley Saturnus, der Salmiac solarisches und mercurialisches Saltz der Weisen, der Salpeter Cerberus, oder höllisches Saltz, der Salpeterspiritus das Blut des Salamanders, das Antimonium der Wolff oder die Wurtzel der Metallen oder der Proteus, und so fortan. Alle ihre Arbeiten sind philosophisch, ja selbst die Ziegel, davon sie ihre Oefen bauen, sind solcher Qualitäten theilhaftig. Im übrigen vermeinen diese lieben Herren, sie wären gar viel besser als andere Leute, und bey ihnen lägen die kostbaresten Schätze der Natur verwahret. Alles wissen sie zu ihrem Vortheil auszulegen, auch nach ihren Gedancken, und lassen sich das heilige Volck, die auserwehlten schelten. Ihrer Meinung nach ist König Salomon den Alchymisten wol nicht feind gewesen, dieweil zu seiner Zeit das Gold so gar gemeine war. Der Geist GOttes, der auf dem Wasser schwebete, wie dessen in der Schrifft erwähnet wird, muß der Spiritus universalis seyn, daraus das Gold wird. Ich möchte wohl dergleichen artliche und wenig gescheidere penséen, die sie haben, mehr beybringen, muß aber dabey fürchten, der Leser möchte nur verdrießlich drüber werden.

Die eintzige Absicht und Zweck, darnach die Alchymisten trachten, ist wie gedacht, der Samen des Goldes und wie derselbige zu überkommen. Viele unter ihnen rühmen sich, daß sie es so weit gebracht, und daß sie ihn wahrhaftig auch besässen: und das heist bey ihnen Pulvis projectionis. Welchem Pulver sie die Kraft, alle und iede Metalle in Gold zu[135] verwandeln, zuschreiben. Allein es fehlet immer an der Probe, und die sie bey allerhand Gelegenheit anstellen wollen, sind anders nichts als Taschenspieler-Streiche gewesen, dadurch sie den Leuten die Augen geblendet, und manchen zu Unkosten und unnöthiger Arbeit verleitet.

Es ist ja leichtlich zu ermessen, daß in den Metallen kein Samen nicht sey anzutreffen, dieweil es mit ihrem Wachsthum nicht so, wie bey den Gewachsen pfleget herzugehn. Es geschiehet solches vielmehr durch eine Gerinnung, vermittelst eines und des andern gesaltzenen Wassers und schweflichter Erden in den Gruben, welches die darinne arbeiten, nur zu wohl verstehen lernen.

Die Alchymisten sprechen, der Samen des Goldes sey ein Mercurius, den sie aus den Metallen gezogen: allein, es ist noch die Frage, ob dann ein Mercurius möge aus den Metallen gezogen werden; und hernach nicht wohl erweißlich, daß derselbige, wann anderst einer daraus zu bekommen, des Goldes Samen sey.

Sie sagen weiter, der Samen des Goldes ist überall, und in dem Spiritu universali überflüßig: da nun der Thau, die Manna, der Honig, und viel andere dergleichen Dinge mehr, gantz voll solches Geistes wäre, dahero könte man den Goldsamen daraus ziehen. Das gestehet man ihnen wohl gantz gerne zu, daß der Spiritus universalis zur Hervorbringung des Goldes helffen müsse, gleichwie er auch die übrigen vermischten Dinge hilfft zu wege bringen: solches aber geschiehet vermittelst des acidi und sauern, welches er enthält, und nicht vermittelst eines Samens, man müste dann erwähntem acido den Namen eines Samens beylegen wollen; und da hätte man eben so wenig Recht zu glauben, daß der Spiritus universalis so gar voll Goldsamen sticken solte, so wenig man zu glauben Ursach hat, daß er den Samen von dem allergröbesten Metalle, oder von dem allerunnützlichsten Gewächse, oder von dem allerverächtlichsten Thiere führen solte.

Obgleich alle die alten Autores das Gold, als eine gantz sonderliche Hertzstärckung gehalten und verordnet haben: so können wir dannoch an demselbigen keine solche Kraft bemercken. Die Erfahrung bezeuget vielmehr, wie daß es in eben dem Gewichte und als wie man es hat eingenommen, durch den Stuhl wiederum weggehe, dieweil es viel zu harte ist und von der schwachen Säure in dem Leibe unmöglich kan durchgangen und verdauet werden. Denenjenigen aber ist es gut, die zuviel Quecksilber haben in den Leib bekommen; dann da amalgamiret und vermischet es sich mit ihm, und figiret ihn dergestalt, daß er nicht mehr thun kan, wie vorhin: hernach gehet dieses Gemenge, entweder mit dem Urine, oder mit dem Stuhlgang fort. So dienet es auch den Bley- und Zinngiessern, auch für die Glaser, wider ihre Colica, welche sie sich durch den Bleydampf zugezogen haben.

Der Mercurius hänget sich dermassen leichtlich an das Gold, daß wann iemand, der mit dem Quecksilber zum saliviren ist bewogen worden, einige Stücken Gold in den Mund nimmt, sie gemeiniglich in kurtzer Zeit gantz weiß werden, ohnerachtet sie niemand angerühret. Dieses Quecksilber[136] wird davon gebracht, wann man das Gold ins Feuer leget, und mit etwas Weinsteinöl reibet.

Der Alchymisten aurum potabile, frantzösisch, Or potable des Alchymistes, ist auch eine pur lautere Grille: sie geben vor, es könne das Gold aufgelöset, und in seine ersteren principia verwandelt, auch das Saltz und der Schwefel davon abgesondert werden, so daß sie in dem Golde nicht wieder zu revivisiciren, so wenig als das Oel und Saltz, so man aus einem Gewächse hat gezogen, wieder in dasselbige zu bringen sind. Und diese prætendirten Dinge, Saltz und Schwefel haben sie aurum potabile genennet, dieweil sie in allerhand liquoribus und nassen Dingen können zerlassen, und dergestalt hinein getruncken werden. Sie schreiben ihm eine Kraft zu, vermöge deren es vor allen und ieden Anstössen verwahret, alle Kranckheiten vertreibet und das Leben verlängert, mit einem Worte, es ist eine Medicina universalis, eine allgemeine Artzney.

Diese vortrefflichen Tugenden des auri potabilis, gründen sich auf andre Grillenfängereyen. Es versichern nemlich die Alchymisten und die Sterngucker, daß zwischen der Sonne und dem Golde, eine sonderliche Ubereinstimmung und vertrauliche Gemeinschaft sey, und zwar, vermittelst desjenigen Einflusses, den sie, die eine dem andern, und hinwiederum ertheilen. Diesemnach ist das Gold voller Einfluß von der Sonne; das Gold aber das Hertz der grossen Welt, und soll um dessentwillen, vermittelst des Goldes, als seines Substituten, seine Kraft und Tugend dem Hertzen der kleinen Welt, das ist, dem Menschen, mittheilen. Nun sind der Sonnen Wirckung, erwärmen, munter und lebendig machen, erfreuen und erfrischen, den Leib von allen bösen Feuchtigkeiten reinigen und saubern, und das gantze Leben glücklich und langwierig machen, auch dasselbige von allen Kranckheiten befreyen. Wo also ihre Sätze alle mit einander richtig sind, so darff niemand nicht Zweiffel tragen, als ob das Gold nicht solte sonderliche und treffliche Wirckungen haben. Allein, da dieses Metall ein überaus compact und dichter, harter Cörper ist, so sind auch seine Kräfte dermassen verschlossen und concentriret, daß man dieselbigen gar nicht verspüren kan, es sey dann, daß es in seine ersten principia, in Schwefel und in Saltz, welche aurum potabile genennet werden, verändert worden sey.

Diese herrlichen Gründe lassen sich gar leichtlich übern Hauffen werffen; sie haben schlechten Grund und wenig Wichtigkeit, fallen dannenhero stracks von ihnen selbsten. Dann erstlich ists umsonst, daß die Alchymisten vorgeben, man könne das Gold in seine ersten principia wiederum zertheilen, und das Saltz und den Schwefel daraus ziehen: weil dieses Metall von solcher Härte ist, und seine unempfindlichen Theilgen dergestalt gebunden sind, daß sich noch niemahls hat ein Mittel finden wollen, dadurch mans gründlich und radicitus auflösen könte, oder eines von erwähnten seinen principiis von denen andern absondern, man mag sich auch bemühen und darnach bestreben, so sehre als man immer will. Man mag es strecken, zertheilen, dünne und zu gantz unvermercklichen kleinen Stäublein, durch die dissolventia, machen, so hat man doch nichts mehr ausrichten können, als daß man ihm, so zu reden, ein anderes Gewand[137] hat umgethan, an und für sich selbsten aber ist es gantz und in seinem Stande geblieben, und hat sich stracks durchs schmeltzen in vorigen Zustand wiederum versetzen lassen. Diejenigen præparationes auri aber, welche uns ein und andere Leute für das Saltz oder Schwefel von diesem Metall haben anschmieren wollen, sind nach genauer Untersuchung anders nichts befunden worden, als ein über die massen raresicirtes Gold, welches durch etwas Salmiac ist aufgelöst gewesen: solches Gold war aber alsofort wiederum zu revivificiren, und in sein voriges Wesen wieder zu versetzen, wann nur das Saltz davon ward abgenommen, und es selbst durchs Feuer gejaget.

Solte man auch in künftigen Zeiten es so weit bringen, daß das Gold vollkommen aufgeschlossen, und sein Saltz und Schwefel daraus gezogen werden möchte, würde dannoch die Frage seyn, was dann für Kraft und Tugend dieselbigen haben und besitzen solten, welches dann die damit angestellten Proben und die Erfahrung bezeugen müsten. Allein ich glaube gäntzlich, daß sie bey weiten nicht die verhofft- und versprochene Wirckung erweisen dürfften. Die Ubereinstimmung des Goldes mit der Sonne, und der gantz sonderliche Einfluß, den es von ihr erhalten soll, sind eine pur lautere Einbildung, die nicht zu glauben stehen. Dann wir sehen ja, daß die Sonne ihre Strahlen und ihre Wärme überall herum, und auf alle und jede Cörper wirfft, darzwischen aber nicht den geringsten Unterscheid nicht macht.

Ob es nun auch schon kein warhaftes aurum potabile, oder trinckbares Gold in der gantzen Welt nicht giebt, dazu auch ungewiß seyn würde, was für Kraft und Wirckung dasselbige haben würde; allenfalls ja eines solte auserfunden werden, so werden dannoch so viele Leute durch diesen Titel betrogen, den Marckschreyern aber Gelegenheit und Anlaß gegeben, sie noch mehr gantz ungescheut und ungestraft zu hintergehen. Dann sie ziehen eine Tinctur aus unterschiedenen Dingen, welche der Farbe des Goldes gleich kommet, und verkauffen dieselbige, unter dem Titel des auri potabilis, um einen sehr hohen Preiß. Und solche Betrügerey gehet diesen Purschen gantz ungemeine wohl von statten: dann die Patienten setzen oftmahls ein gar wunderliches grosses Vertrauen auf dergleichen Medicamenten, welche prächtige Titel führen, und einigen geringen Schein haben. Und man pfleget auch solche Dinge in der gantzen Welt zu rühmen und zu preisen, welche viel gekostet haben; so daß sie nur wegen ihres Werths und ihrer Titel halber hoch gehalten werden. Ingleichen trägt sichs wohl bisweilen zu, daß solche Tincturen, denen man den Titel aurum potabile beygeleget, ein und andere gute Wirckung thun, dieweil sie mit kräftigen und geistreichen Menstruis sind ausgezogen worden, dadurch das Hertz erfrischet, und die bösen Feuchtigkeiten durch die unvermerckliche Ausdünstung aus dem Leibe getrieben werden; da entstehet dann stracks ein Geschrey von Miracul und Wunderwerck, und dem Golde wird solche eine Wirckung zugeschrieben, daran es doch nicht den geringsten Antheil hat, dieweil nicht das geringste von demselben in den liquor ist gekommen.

Andere, doch nicht so grosse Betrüger, als wie erst beschriebene sind, lassen das Gold in geistreichen liquoribus auf bekannte und gemeine Art sich auflösen[138] und zergehen: weil nun die Solution als wie ein Gold aussieht, so geben sie dieselbe auch ungescheut für das wahrhaftige aurum potabile aus, unerachtet es nichts anders ist, als blos zertheiltes Gold, welches gar bald in seinen vorigen und ersten Zustand mag versetzet werden.

Ich kan im übrigen nicht sehen, warum doch das Gold, wegen seiner Vollkommenheit, soll in der Medicin den Vorzug über andere Metall erhalten, da vielmehr diese seine Vollkommenheit in einer überaus genauen Verbindung seiner Theile, und in einer ungemeinen Vestigkeit bestehet, daß dieserhalben es um so viel desto weniger verdauet, und durch die Gefässe im Leibe mag ausgetheilet werden. Das Eisen, das Quecksilber, zusamt denen übrigen Metallen, lassen viel besser mit ihnen umgehen: dann wir vermögen sie dergestalt zuzurichten und zu bereiten, daß sie überalle durchdringen, und sonderbare Wirckung können thun. Was bey den Künstlern und Handwerckern eine Vollkommenheit genennet wird, das ist dagegen gar zu ofte bey der Artzney nur unvollkommen: und wir bedienen uns weit besser der gemischten Sachen, deren principia und Theile, daraus sie von Anfang bestehen, dünne gemachet, und aufgelöset werden können, als solcher, die um ihrer allzugrossen Härte willen, so zu reden, unverderblich sind.

Der Name Aurum soll desjenigen sein Namen seyn, der das Gold zu allererst entdecket und gefunden. Im Hebräischen wird es ebenfalls, wie im frantzösischen, Or genennet. Auch sagt man, es sey darum Aurora betitelt worden, dieweil der Morgenröthe Glantz und Farbe, als wie Gold aussieht. Andere dagegen sprechen, Aurum komme von Aurora.

Sol wird es genennet, dieweil das Gold durch der Sonnen Einfluß soll bereitet worden seyn.

Rex metallorum aber, der König unter den Metallen, dieweil es unter ihnen das allerschönste und das vollkommenste ist.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 131-139.
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