Cochinilla

[324] Cochinilla.

Cochinilla.

Conchinilla.

Coccinilla.

Coccinella.

frantzösisch, Conchenille.

teutsch, Conzenille, Kutzenille.

Ist ein klein Gewürm in Grösse einer Linse, fast gantz rund, oder doch halbrund, gleichet einiger massen einer Wandlaus, ist aber viel weisser, oder wie mit Mehle bestreuet aussenher, inwendig roth, als wie Scharlach, von überaus langsamer Bewegung, und findet sich auf allerhand Bäumen in Neu-Spanien. Die Indianer sammlen sie, und setzen sie auf eine Art Feigenbäume ihres Landes, deren Früchte voll blutrothes Saftes sind. Dieser Feigenbaum wird genennet

Opuntia major spinosa, fructu sanguineo, sive Tuna.

frantzösisch, Raquete, oder Cardasse, oder Nopal.

teutsch, der grössere Indianische stachlichte Feigenbaum mit blutrothen Früchten, oder Tuna.

Es ist ein Geschlechte der Bäume oder Sträucher, so mit allem Fleiß gezogen wird. Seine Blätter sind groß, ovalrund, und sehen wie ein Racket zum Ballenspielen: ein iedes ist zwölff oder vierzehen Zoll lang, und etwan sechse breit, auch bey nahe einen dicke, fleischig, fett und stachlicht. Die Frucht wächst an dem Ende und der Spitze des Blattes, ist so dicke als eine Birne, oder als wie eine grosse Feige, mit einer Schale bedecket, die so dicke ist, wie eine Pomerantzenschale, beständig grün, und in gemessener Weite[324] mit Borsten besetzt: zu Ende steht wie eine stachlichte Krone, die starck anziehend und anhaltend ist, wann sie wird eingenommen. Die Frucht ist innewendig voller gar harter Körner, die fast so dicke sind wie Coriandersamen, und auch voll Saft, so roth, als wie Scharlach, der schmecket süß. Von den Indianern wird sie Tuna genennet, von den Frantzosen, Figue d'Inde, und teutsch, eine Indianische Feige: iedoch führet der Strauch diesen Namen ebenfals. Die Frantzosen haben ihn noch überdiß Raquette betitelt, von wegen der Gestalt, die seine Blätter haben.

Einen Nopalstrauch wachsend zu machen, darff man nur ein Blatt davon bis auf die Helffte in die Erde stossen, so wird die Helffte, die ausserhalb der Erde ist, in wenig Tagen ein neu Blatt wieder treiben, und dieses treibet wieder andre, indessen wächst das erste immer dicker, und giebet den Stamm und die Aeste eines Strauches zu acht bis neun Schuh hoch.

Wann nun das kleine Thierlein, welches Conzenille genennet wird, sich auf dem Strauche nähret, so überkommt es seine schöne Farbe: wann es alsdann zu völliger Grösse gelanget ist, alsdann wird es mit allem Fleiß gesammlet, mit kalten Wasser getödtet und getreuget, damit es sich verführen lasse.

Die Conzenille, mit dem Zunamen Mestech oder Mesteque, wird uns aus Peru übersendet, von Mexico, von der Saltzsee, von Cadix, und von vielen andern Orten mehr in America. Man muß die erwehlen, welche dick und rein, fein völlig, schwer und trucken ist, von Farbe silberweiß und gleissend aussenher; zerdruckt muß sie eine schöne dunckelrothe Farbe geben. Die Färber brauchen sie zum Scharlachfärben.

In der Artzney wird sie zum Stein, desgleichen zum Sand und Gries gar dienlich erachtet, wie auch den Durchlauff zu stillen, unzeitige Geburt zu verhüten, wann sie als ein Pulver eingenommen wird; und zwar auf ein mahl zwölff Gran bis auf ein halbes Quintlein.

Es giebet sonsten noch mehr andere Sorten der Conzenille, als da ist Campêchane, Tetrechale und Sylvestre.

Cochenille Campêchane ist nichts anders, als der Staub und Gemörsel von der Mesteca, oder hat bereits einmahl zum Färben gedienet.

Cochenille Tetrechale ist die blose Erde, die unter der Campêchane gefunden wird.

Cochenille sylvestre, die wilde Conzenille, oder Cochenille de graine, die körnige Conzenille, befindet sich unter den Wurtzeln der grossen Pimpernelle, frantzösisch, la grande Pimpinelle und Boucage, lateinisch, Tragoselinum majus genannt.

Cochinilla ist ein Spanischer Name und das diminutivum; ein solches Wort, welches etwas kleineres, als das Stammwort selbst bedeutet; kommt von coccus, und heist soviel, quasi coccinula, ein kleines Körnlein, dieweil man die Conzenille für einen Samen angesehen hat.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 324-325.
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