Vacca

[1163] Vacca.

Vacca, frantzösisch, Vache, teutsch, eine Kuh: die ist des Stieres Weib, oder ein grosses vierfüssig und gehörntes Thier, das gar sehr feuchte von Natur, ziemlich traurig und friedsam; giebet viel Milch und ist überall bekannt. Sein Junges heisset Vitulus, Veau, ein Ochsenkalb, wann es ein Männlein ist, und Vitula, frantzösisch, Genice, Motschenkalb, wann es ein Weiblein ist.

Die Eyter von der Kuh sind dienlich für die Brust, wenn sie als eine Brühe zugericht, genossen werden.

Ihre Milch befeuchtet, ist gut für die Brust, erweichet, kühlet und giebet frische Kräfte: sie mildert die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe: sie stillet das Bluten und die rothe Ruhr. Sie wird innerlich und äusserlich gebraucht. Sie führet viel Oel und phlegma, wie auch ein wenig saures Saltz.

Ihr Fett dienet zum erweichen und zertheilen.

Das Marck erweichet, zertheilet und ist den Nerven gut.

Der Harn führt das Gewässer aus und wird Aqua omnium florum, Eau de mille fleurs, genannt. Er führet durch den Stuhlgang und mit dem Urine ab: wird acht bis zehen Tage nach einander, allzeit des Morgens früh, wann man noch nüchtern ist, und auf dem Lande, in dem Frühling und im Herbste sich befindet, zwey bis drey Gläser voll auf einmahl eingenommen. Er dienet zu dem Schnupfen und zu den Flüssen, zum Podagra, zur Wassersucht und zu den Dünsten. Hiervon kan der Discours besehen werden, den ich deshalben bey der königlichen Academie der Wissenschaften gehalten habe, der auch in ihre Memoires vom Jahr 1708. pag. 33. Parisischer und pag. 41. Amsterdamischer edition, ist eingefüget worden.

Vache de Barbarie, Kuh aus der Barbarey wird ein gewisses, grosses, indianisches Thier genannt, welches eher einem Hirsche, als wie einer Kuh zu vergleichen. Sein Kopf ist nicht sehr breit mit langen dicken Hörnern bewehrt, die hinter sich gekehret und gewunden sind wie eine Schnecke oder Schraube: sie sehen schwartz. Die Ohren sind wie die am Bisamthier. Die Augen stehen oben auf dem Kopfe, nicht gar weit von den Hörnern. Es hat zwey Buckel, einen, wo sich der Rücken anhebet und den andern gegen über an dem Brustbein. Es sind gar keine Eyter an ihm zu verspüren, sondern es hat an deren statt nur ein Paar Striche. Sein Schwantz ist hinten, wo er eingesetzt ist, breiter, als wie an dem Ende, und an demselben ein Busch schwartzes Haar. Die Läuffe sehen wie am Hirschen. Dieses Thier ist überaus behende.

In Peru werden Thiere gefunden, die sehen als wie die kleine Kühen, haben aber keine Hörner. Ihre Haut ist so dicke, daß sie zu schußfreyen Harnischen dienet.

Ihr Mist zertheilet, kühlet, lindert, dienet zu hitziger Geschwulst, wider Wehtagen des Halses, zur Rose und zur Raude. Er wird im Marienbade[1163] distilliret und ein Wasser daraus gezogen, welches Aqua omnium florum, Eau de mille fleurs, allerley Blumenwasser, betittelt wird. Es dienet eine schöne Haut zu machen, und deren Flecke zu vertreiben.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1163-1164.
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