Urtica

Urtica.
Urtica.

[1203] Urtica.

Urtica, frantzösisch, Ortie, teutsch, Nessel,[1203] Brennnessel, ist ein Kraut, davon uns drey Hauptsorten zu Gesichte kommen.

Die erste wird genannt

Urtica major, Brunf. Fuch.

Urtica urens maxima, C.B. Pit. Tournef.

Urtica major vulgaris, J.B. Raji Hist.

Urtica major vulgaris & media sylvestris, Park.

frantzösisch, grande Ortie.

teutsch, grosse Nessel.

Die treibet Stengel auf drey Schuh hoch, die sind viereckigt, steiff, mit stachlichten Haaren oder Borsten besetzet, hol und ästig, die Blätter stehen dran einander gegen über, sind länglicht, breit als wie Melisse, spitzig, am Rande ausgezackt, mit spitzigen und brennenden Borsten besetzet und sitzen an Stielen. Die Blüten wachsen auf den Spitzen der Stengel und der Zweige, zwischen den Blättern und den Stengeln aus den Winckeln heraus, stehen vier und viere gleichsam übers Creutze bey einander an jedem Paare Blätter: jedwede ist aus einem Hauffen Fäserlein zusammengesetzet, welche in einem grasgrünen und vielblätterigen Blumenkelche stehen: diese Blüten hinterlassen keine Frucht.

Die Nesseln werden in Männlein und Weiblein eingetheilt: jene tragen auf den Stöcken, die nicht zu blühen pflegen, spitzige Hülsen, in Form der Piqueneisen, welche brennen, wann man sie anrühret, und in einer jeden steckt ein breites, ovalrundes Samenkorn: die andern bringen eitel Blüten, keine Früchte.

Die Nesselwurtzel ist zaserig, kreucht weit und breit herum und siehet gelblicht.

Bisweilen sehen dieses Krautes Stengel und Wurtzel roth; und wird alsdann Urtica rubra, rothe Nessel, betitelt.

Die andre Sorte heist

Urtica minor, Ger. Raji Hist.

Urtica minor annua, J. B.

Urtica minor urens, C.B. Pit. Tournef.

Urtica urens minima, Dod.

frantzösisch, petite Ortie.

teutsch, kleine Nessel.

Die treibet Stengel, einen halben, auch wol einen gantzen Schuh hoch, die sind so ziemlich dick, viereckigt, hart und ästig, stechend, und nicht so gerade, wie die an der vorhergehenden. Die Blätter wachsen gleichsam Paarweise einander gegen über, sind kürtzer und stumpfer als wie die an den ersten Art, zackig und brennen starck, wann man sie nur angreifft, braungrün von Farbe und sitzen an langen Stielen. Blüte und Samen sehen wie die an der grossen aus. Die Wurtzel ist gantz schlecht, ziemlich dicke, weiß und voller Zasern.

Die dritte wird genannt

Urtica prima, Matth. Lac.

Urtica urens prima, Dod.

Urtica Romana, Ger. Park.

[1204] Urtica sylvestris, sive officinarum semine Lini, Ad.

Urtica urens pilulas ferens, 1. Dioscoridis, semine Lint, C.B. Pit. Tournef.

Urtica Romana vel mascula, Lob.

Urtica Romana, sive mas cum globulis, J.B. Raji Hist.

frantzösisch, Ortie Romaine.

teutsch, römische Nessel.

Die treibet ihren Stengel auf vier bis fünff Schuh hoch, und derselbige ist rund, hol und ästig. Die Blätter sind breit und spitzig, am Rande ausgekerbt, und mit rauhen, stechenden und brennenden Borsten besetzet, welche grosse Schmertzen verursachen, wann man sie anrühret. Die Blüten sind klein. Darauf folgen kleine Kugeln oder kleine runde Früchte, so groß als wie die Erbsen, um und um mit kleinen Spitzen oder Stacheln besetzt, als wie ein Igel, und aus vielen Hülsen zusammengestossen, die sich in zwey Theil von einander geben, und einen spitzigen, ovalrunden Samen beschliessen, der glatt ist, oder linde anzufühlen, wie der Lein. Die Wurtzel ist zaserig und gelblicht.

Die Nesseln wachsen an ungebaueten, sandigen Orten, in den Hecken, an den Mauern, in Gärten: sie führen viel Sal essentiale und Oel.

Sie zertreiben, reinigen, eröffnen: sie zermalmen den Nieren- und Blasenstein: befördern die weibliche Reinigung: sind gut für die Engbrüstigkeit und Stechen in der Brust: sie stillen das Nasenbluten, wann man den Saft davon in die Nase stösset: sie widerstehen dem kalten Brande, zerquetscht und aufgelegt.

Urtica kommt von urere, brennen, dieweil die Nessel voller zarter, steiffer und überaus spitziger Borsten ist, welche sich an derer ihre Haut zu legen pflegen, welche sie angreiffen, tringen durch dieselbige hindurch und verursachen, daß die Nerven eben solchen Schmertzen, wie vom Brande oder Feuer empfinden.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1203-1205.
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