Die vier Alter

[176] Ein Knabe/ der nun Fuß und Zunge brauchen kan/

Hebt gerne Kinderspiel mit seines gleichen an/

Zürnt und versöhnt sich leicht/ ist wandelbarer Sinnen/

Wünscht alle Stunden ihm was neues zu beginnen.

Ein Jüngling ohne Barth in Freyheit nun gestellt/

Hat Hund und Pferde lieb/ streicht durch das freye Feld/

Zum Bösen weich/ als Wachs/ zum Straffen hart als Stahl/

Geneigt zum Geld-verthun/ thut langsam gutte Wahl;

Will leichtlich oben aus/ ist voll Begier und Lust/

Es wechseln Lieb und Haß gar bald in seiner Brust.

Bey nunmehr reiffem Mann ist alles umgewandt/

Er sucht durch Geld und Freund zu bessern seinen Stand/

Strebt Ruhm und Ehren nach/ vermeidet zu begehn/

Woraus ihm späte Reu und Schande kan entstehn.[176]

Viel Ungelegenheit sieht man beym Alter blühn;

Es scharrt/ und will ihm doch selbst den Genüß/ Gebrauch entziehn/

Greifft alles furchtsam an und rechnet annoch weit/

Ist träge/ voll Verdruß/ schiebt gern auff längre Zeit/

Lobt seiner Jugend Thun/ und tadelt andrer Leben/

Pflegt Jüngern/ Jungen gern Verweiß/ auch unersucht/ zu geben.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 176-177.
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