2. Scene.

[99] Münzer. Gerlind von links vorn zu Roß.


MÜNZER. Halt! Halt! Hier halt! Steigt ab, hilft Gerlind vom Pferd. Sieh mich nicht an, Gerlind, ich bin nicht werth, daß mich dein reines Auge bestrahlt. Ihr Winde, heult mir meine Schande vor, ihr Donnerschläge, ihr brütenden Kanonen, schreit sie laut in die Welt, ihr Blitze, beleuchtet meinen Frevel, daß es töne von den Alpen bis ans baltische Meer: Münzer hat die Seinen verrathen, die ihm vertraut, Münzer hat die ins Unglück gestürzt, in den Tod,[99] die ihm treu gewesen und ihn zu ihrem Führer gemacht. Und doch – sieh' mich an, Gerlind, – war's nicht um dich, daß Alles so geschah, war es nicht um deine Liebe?

GERLIND. Geliebter, noch ist nichts verloren, noch schwankt die Schlacht und die Entscheidung zieht sich in die Länge. Noch kann alles gerettet werden. Stürzen wir uns mit derselben Kraft hinein ins Gewühl, mit der wir die Falle sprengten, die sie uns daheim legen gewollt, und die zu meiner Befreiung führte. Sie werden neuen Muth fassen, wenn sie uns erblicken, wenn sie unsere Gegenwart erfahren, sie werden sich den Feinden von Neuem stellen. Du wirst sehen, der Sieg wird unser! An's Werk.

MÜNZER. Du bist groß, dein Muth ist unerschütterlich! Ach, alle Ströme Bluts, die je seit Urzeiten um Recht und Freiheit geflossen, sie waschen die Schmach dieser Nacht nicht von mir ab. Doch du hast Recht, es giebt nur einen Weg. Bleib dort in jener Hütte, Gerlind, – und mir helfe Gott und mein gutes Schwert.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 99-100.
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