LII. Der wohlbezahlte Wucherer.

[101] Wie klug sind doch die Kinder der Welt sich für den Hunger und der schwerē Armuth zu sichern und zu hüten? Wie vielerley sündliche Erfindungen haben sie / sich zu bereichern? So gar / daß sie auch mit den Gaben Gottes / mit Wein und Getreid den meisten Wucher treiben / und den Seegen in einen Fluch verwandeln. Wieder solche Wucherer List und Gewalt zu gebrauchen / wan man keine andere Mittel hat ihren rauberischen Händen zu entkommen / solte vielleicht für Unsträfflich können vertheidiget werden.

Ein solcher Fall hat sich begeben in der grösten und wundersamsten Städte eine in Welschland / von welcher ein nächst-angräntzender Fürst / der des Virgilii Vatterland besitzt / etliche tausend Malter Korn erkauffen wolte / seine Vestung damit zu versehen. So bald solches ruchtbahr worden / ist das Korn umb zweē Drittelheil aufgeschlagen / und was vorher eine Kronen gekostet / muste nun für drey bezahlet werden / wer es haben wolte.[101]

Der Fürst wolte diese Korn-Juden mit gleicher Müntze bezahlen / und liesse Geld prägen / welches einen so starcken Zusatz von Kupfer hatte / daß es nur ein Drittelheil werth dessen waß es gelten solte. Mit dieser Müntz zahlete er das Korn / und kauffte so viel er haben wolte. Nach dem solches der Herrschaft solcher Stadt durch die Müntz-Meister eröffnet worden /haben sie dem Fürsten verweißlich zugeschrieben /und begehrt / er solte sein böses Geld wieder einwechseln. Der Fürst hat ihnen geantwortet / daß er durch ihre Wucherer zu solcher List bewogen worden / und habe ihnen ein drittel / so viel damahls / alß er anfänglich kauffen wollen / das Korn gegolten / bezahlt / hat auch in seinem Fürstenthumb / solche neue Müntze auff ein drittel / nemblich so viel sie werth /gesetzt / und ist wegen dieses Stückleins von vielen gelobet worden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 101-102.
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