CCVII. Die seltzame Wette.

[431] Drey unverheurahte Gesellen / unter welchen einer ein Pfaff / der ander ein Kauffman / der dritte aber ein Advocat war / erzehlten einander / daß ein jeder sich in seines Nachbarn Haußfrau verliebet hatte / stelleten[431] deßwegen eine Wettung an / welcher am subtilsten seine Nachbahrin in Gegenwart ihres Mannes geniessen könte. Der Advocat gienge zu seiner Nachbarin /und unterrichtete sie / wie sie sich verhalten solte /und weiln der Mann auf der Erden einen Saal mit Spiegelscheiben hatte / welcher auff die Gassen gieng / kam eben der Advocat vor dem Hauß vorbey unn sahe den Mann mit seiner Frauen am Feuer sitzen / er grüste dieselbige und sagte zu dem Mann: Schämet ihr euch nicht Herr Nachbahr / eure Frau so öffentlich vor aller Welt zu küssen / der Herr wird sich irren /gab ihm der Mann zur Antwort / ich sitze ja weit von ihr / das Glaß muß dann daran schuldig sein und falsch zeigen. Ich bitte euch / sagte der Advocat zu dem Mann / kommet herauß / so wil ich mich an euren Platz setzen / und sehet / ob ihr euch auch so betrieget / als wie ich. Wie nun der Mann herauß kam / gienge der ander hinein / und finge an die Frau recht ernstlich zu umbfassen. Als der Mann solches durch die Scheiben sahe / rieff er; Hola / Ho guter Freund was machet ihr. Wir sind weit von einander / sagte der Advocat / und hab ich wol gedacht / daß das Glaß hieran schuldig seyn muste. Es ist wahr / versetzte der Mann / und ich hätte einen Eyd geschworen / daß ihr meine Frau geküsset hättet. Das ist wol ein schlimmes Glaß / sagte er zu seiner Frauen / wir müssen es ändern lassen. Der Kauffmann hatte eine Müllerin lieb /dieser erzehlte er die Wettung und unterrichtete sie gleichfals / wie sie sich verhalten solte. Als er nun den Müller / welcher einen Sack-Mehl truge / neben seiner Frauen antraffe / sagte er zu dem Müller / ihr stellet euch als wann ihr eine gar schwere Last zu tragen hättet / ich wette / daß ich euch / eure Frau und den Sack mit Mehl darzu tragen wil. Wie die Wettung geschehen /[432] legte er den Müller mit dem Bauch zur Erden / den Sack auf den Müller / und seine Frau mit dem Rücken auff den Sack / und Mittlerweil er mit der Frau schertzte / stelte er sich als wann er sie alle drey umbfassen wolte / nach Verrichtung dessen aber thäte er als ob ihm der Arm zu kurtz / und bekente /daß er die Wettung verlohren. Der Pfaff liebte eine Bauers-Frau / gienge derohalben zu derselbigen und gab ihr seine Wettung gleichmäßig zu verstehen / und nachdem er sie unterrichtet wie sie sich verhalten solte / stelte sich die Frau kranck / und begehrte zu beichten / der Mann verwunderte sich darüber und schickte zu zweyen unterschiedenenmahlen zu dem Pfaffen / welcher aber nicht kommen wolte / der Mann wurde darüber sehr zornig und gienge selbst zu dem Pfaffen / der entschuldigte sich aber / er hätte seine Schuh und Strümpffe flicken lassen / konte derohalben nicht Barfuß über die Gassen lauffen. Der Mann erbotte sich den Pfaffen zu tragen / welches er gern annahme / wie sie nun in das Hauß kamen / stelte sich der Pfaff als wann er das Weib trösten wolte /und bate unterdessen den Mann und die Umbstände /daß sie Gott für die Frau bitten sollen / mitlerweil schertzte der Pfaff mit der Frauen. Man läßt nun einen jeden hierüber selbst urtheilen / wer unter diesen dreyen die Wettung gewonnen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 431-433.
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