Fünfte Scene.


[320] Thomas und Schrauber.


THOMAS vorkommend, für sich. »Wollen Sie Platz nehmen!« Is gar nit notwendig, ich sitz' eh' fest – und alles selbst gemacht. Warum ich mich da auch dummerweis' auf Vertuschen verlegt hab'?[320] Ich will mein' Brudern ein' dunklen Fleck aus seiner Häuslichkeit h'rausputzen und brenn' a Loch drein. Hätt' ich gleich die volle Wahrheit g'sagt, wie ich beim Schinackl bald d'Ueberfuhr versäumt hätt', oder hätt' ich ornd'lich g'log'n und g'sagt, er liegt toter bei uns draußt, so hätt' ich sie schon in Wagen unten. Ar bei Kompromissen zwischen Wahrheit und Lug' kommt nie was G'scheit's h'raus. Uebrigens muß ich offen g'stehn, bei der Frau Schwägerin kenn' ich mich auch nit aus, mir kommt vor, es ärgert s' mehr, daß er nit tot is, als wie sie's gereut, daß er noch lebt. Doch, da bin ich außer Obligo. Wendet sich, erblickt Schrauber. Da könnt' nur der dran schuld sein. Er schreit ihn an. Da sein nur Sö dran schuld!

SCHRAUBER. Sind Sie verrückt?

THOMAS. Schau'n S', was kann Sie meine Antwort auf diese Ihre Frage interessieren? Da wär' mir Ihre Antwort auf eine meinige Frage viel interessanter. – Vermutlich werden Sie die Frau Schwägerin begleiten?

SCHRAUBER. Wenn sie es wünscht.

THOMAS. O, freilich, warum sollte sie es denn nicht wünschen? Natürlich wird sie es wünschen!

SCHRAUBER. Was wollen Sie damit sagen? Ich verstehe Sie nicht.

THOMAS. O, man kennt Sie schon.

SCHRAUBER. Das scheint mir just nicht der Fall zu sein.[321]

THOMAS auf ihn zutretend. Sind Sie nicht derjenige, welchen mein Bruder in Verdacht hat, der Schwägerin nachzustellen?!

SCHRAUBER. Herr! Ich diene schon eine geraume Zeit hier im Hause und achte dessen Familie. Sehe ich aus wie ein ehrvergessener Lump? Derlei Anwürfe will ich mir doch verbeten haben! Und wenn Sie noch ein einziges Wort laut werden lassen, das die Ehre der Frau dieses Hauses beleidigt, so sollen Sie mich kennen lernen!

THOMAS. Oi, danken Sie Gott, daß Sie nicht der Chapeau sind, denn ich würde Sie als Claque behandelt haben!


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Stuttgart 31898, S. 320-322.
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