An die Lerche

[214] 1836.


Vöglein, Vöglein in den Lüften,

Lerche, die zum Himmel schwebt,

Unten still in Blumendüften

Und im Grün der Wiesen lebt,

Du bist mein, du süße Kehle,

Meine Sehnsucht, meine Lust,

Alles Weh der Menschenseele

Klingst du hell aus frommer Brust.


Also trägst du meine Schmerzen

Aus der Erde Nebelflor

Zu dem Herzen aller Herzen,

Zu dem Himmelshort, empor,

Trägst mich hin zu meinen Lieben,

Die nun oben selig sind:

Unten ist das Leid geblieben,

Droben wehet Lebenswind.
[214]

O wie süß, mit dir zu kreisen

In dem heitern Sonnenstrahl!

O wie süß, mit dir zu reisen

Himmelauf vom Erdental!

Auszujubeln, auszusingen,

Was das stille Herz nur weiß,

Und aus voller Brust zu klingen

Liebeslust und Himmelspreis!

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 214-215.
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