Gottes Geist

[291] 1854.


O Gottes Geist und Christi Geist,

Der uns den Weg zum Himmel weist,

Der uns die dunkle Erdennacht

Durch seine Lichter helle macht.


Du Hauch, der durch das Weltall weht

Als Gottes stille Majestät,

Du, aller Lichter reinstes Licht,

Erleucht' uns Herz und Angesicht.


Komm, leuchte mit dem Gnadenschein

Hell in die weite Welt hinein,

Komm, mach' uns in der Finsternis

Des lichten Himmelswegs gewiß.


Ach! Hier ist alles Staub und Nacht,

Die Wahn und Sünde trübe macht,

Ach! Hier ist alles Not und Tod,

Geht uns nicht auf dein Morgenrot.


Das Morgenrot der bessern Welt,

Das wie ein Strahl vom Himmel fällt,

Als Gottes Macht und Gottes Lust

Durchblitzt die kranke Menschenbrust.


O Gottes Geist und Christi Geist,

Der uns wie Kinder beten heißt,

Der uns wie Kinder glauben heißt,

O komm! o komm, du Heil'ger Geist!


Komm, Gottes Frieden, Gottes Mut!

Komm, stille Kraft, die nimmer ruht!

Komm, gieße deinen Gnadenschein

In Seele, Sinn und Herz mir ein.


Dann wandl' ich wie ein Kind des Lichts

Im Glanze deines Angesichts

Schon meinen kurzen Erdenlauf

Stets himmelein und himmelauf.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 291-292.
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